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EMA in Amsterdam
Impfstoff-Schaltzentrale im Rampenlicht

Für Schlagzeilen sorgte die EMA zuletzt, als sie grünes Licht für Biontech/ Pfizer-Impfungen bei Kindern ab 12 Jahren gab. Die Corona-Pandemie hat die ehemals wenig bekannte Behörde ins mediale und politische Rampenlicht gerückt und ihre Prüfverfahren beschleunigt. Das wirkt sich auch auf ihre Mitarbeitenden aus. 

Von Marten Hahn |
Der Eingangsbereich der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) im Amsterdam.
Noch nie haben sich die Medien so sehr für die Arbeit der EU-Behörde der Europäischen Arzneimittelbehörde im Amsterdam interessiert (AP)
Hinter Dr. Marco Cavaleri hängt das Banner der European Medicines Agency – kurz EMA. Aber wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen arbeitet Cavaleri von Zuhause und meldet sich per Video-Call. Das heißt, das neue Gebäude der EMA in Amsterdam steht fast leer.
"Das ist dieser ziemlich hohe, nagelneue Bau. Da ist viel Platz. Alles ist sehr gut organisiert. Es gibt in der Mitte einen vertikalen Garten. Das ist sehr nett. Aber jetzt arbeiten die meisten aufgrund der Pandemie von Zuhause und gehen nicht ins Büro."
Cavaleri ist für die Impfstoff-Strategie der Europäischen Arzneimittelbehörde zuständig und leitet die Covid-19-Taskforce. Seit 15 Jahren arbeitet der Italiener schon für die EMA. 2019 ist er mit der EU-Behörde von London nach Amsterdam umgezogen. Ein herber Verlust für die Briten, aber auch für die Beschäftigten der EMA.
"Das war einschneidend für uns, nach so vielen Jahren in London. Und als überzeugte Europäer waren wir natürlich traurig, dass wir Großbritannien verlassen und umziehen mussten. Und dann von einer Krise in die andere zu geraten, war nicht hilfreich. Aber wir haben uns gut gefangen."
Ein Jugendlicher kurz vor einer Impfung, im Vordergrund sind Hände in Handschuhen zu sehen, die eine Spritze halten. 
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Beschleunigte Impfstoff-Prüfverfahren rund um die Uhr
Auf den Brexit folgte die Pandemie. Seitdem arbeiten Cavaleri und Kollegen rund um die Uhr, um Impfstoffe so schnell wie möglich für den europäischen Markt freizugeben. Vor der Covid-19-Pandemie schlossen Pharmafirmen ihre Studien ab und reichten am Ende alle Daten gesammelt ein. Erst dann prüfte die EMA die Ergebnisse.
"Jetzt geht alles viel schneller. Sobald die ersten Daten verfügbar sind, werden die eingereicht und wir beginnen mit der Prüfung, während die Studien noch laufen. Das Schöne daran ist, dass wir, wenn wir die letzten Informationen bekommen, nur noch wenige Tage oder Wochen bis zu einer potenziellen Freigabe brauchen."
Vor der Pandemie dauerte eine Freigabe durchschnittlich ein Jahr, sagt Cavaleri. Aber das gestiegene Arbeitspensum hat Spuren hinterlassen.
"Für eine kurze Zeit hält man das durch. Die Leute arbeiten die Wochenenden durch, machen keinen Urlaub. Aber wenn das Jahre so weitergeht, ist das ein Problem. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir mehr Kapazitäten aufbauen und uns in Zukunft besser auf solche Krisen vorbereiten können."
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Politisierung der Wissenschaft und mediale Öffentlichkeit

Eine weitere Herausforderung ist das Verhältnis von Wissenschaft und Politik. Ein Verhältnis, das in der Pandemie immer komplexer geworden ist, sagt der Impf-Experte. Immer wieder lösen die Empfehlungen der EU-Behörde politische Debatten in den Mitgliedsländern aus. Obwohl die EMA zum Beispiel im Frühjahr das Impfen mit Astrazeneca als sicher und effektiv bezeichnete, schränkten manche Länder die Impfung damit ein.
"Wir sehen, dass viele EU-Bürger das in Zeiten der Pandemie verwirrt. Sie verstehen nicht, warum die Empfehlungen der EMA und die Entscheidungen der Politiker nicht immer auf einer Linie sind, warum es keine eindeutige Botschaft gibt. Ich denke das ist eine wichtige Lektion. Wir sollten darüber nachdenken, wie man das verbessern kann."
Neben der Politisierung der wissenschaftlichen Arbeit und dem Zeitdruck gibt es noch eine Sache, die sich für Dr. Cavaleri und die EMA verändert hat: Noch nie haben sich die Medien so sehr für die Arbeit der EU-Behörde interessiert wie jetzt. Vor der Pandemie wussten die wenigsten, dass es eine Europäische Arzneimittelbehörde gibt. Heute ist die EMA fast so bekannt wie das Virus, dass sie versucht zu bekämpfen.
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