Tâdsch os-Saltane: "Es ist die Pflicht der iranischen Frauen, ihre Rechte einzufordern, so wie es die europäischen Frauen tun. Sie sollen ihre Kinder erziehen und ihre Männer unterstützen, so wie es die europäischen Frauen tun. Und sie sollen ihren Schleier ablegen. In allen zivilisierten Völkern auf der Erde wollen die Frau und der Mann einander sehen."
Das stammt nicht aus der Feder einer iranischen Frauenrechtlerin im Exil. Nein, die Autorin dieser Zeilen hieß Tâdsch os-Saltane. Sie war eine Prinzessin der Kadscharen, jener Dynastie, die 1925 von Schah Reza Pahlevi gestürzt wurde. In ihren Memoiren - niedergeschrieben noch vor dem Ersten Weltkrieg - finden sich überraschende Einblicke in die Welt der Frauen in Iran um 1900.
Tâdsch os-Saltane, obwohl hinter den verschlossenen Palasttüren eines traditionellen Harems aufgewachsen, hatte viel von ihrem Vater über den Westen erfahren - Naser ud-Din Schah war mehrfach in Europa. Schon in jener Zeit war die Gesellschaft in Iran gespalten zwischen Traditionalisten auf der einen und den Förderern eines politischen Liberalismus westlicher Prägung auf der anderen Seite.
Tâdsch os-Saltane: "Dass die Frau verschleiert ist, richtet das Königreich zugrunde, es ist sittenwidrig und würdelos und bewirkt, dass alles Handeln erfolglos bleibt. Aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate der Männer ist deren Zahl in Iran stets geringer als die der Frauen. In einem Königreich aber, in dem zwei Drittel seiner Bewohner nutzlos zu Hause bleiben, muss also ein Drittel allein so weit wie möglich die Mittel für das tägliche Leben aufbringen. Deshalb kann sich niemand den Staatsangelegenheiten und dem Fortschritt seiner Heimat widmen."
Tâdsch os-Saltane konnte den Beginn der Emanzipation der Frau in Iran gerade noch miterleben. Sie starb einsam und verarmt wenige Wochen nachdem Schah Reza am 7. Januar 1936 das Tragen des Kopftuches in der Öffentlichkeit verboten hatte.
Auf einem Staatsbesuch in Ankara zwei Jahre zuvor hatte der Schah gesehen, wie sich die Türkei unter Atatürk veränderte: Das Tragen religiöser Kleidung war verboten, Fes und Turban aus dem öffentlichen Leben der Städte verschwunden. Der überall sichtbare Aufbruch machte den Schah zum überzeugten Anhänger der kemalistischen Reformen.
Zurück in Teheran ließ Schah Reza die Kaiserin in der Öffentlichkeit ihr Haar zeigen und die Frauen der Staatsbeamten mussten es ihr gleich tun. Aber es war eine Emanzipation unter Zwang. Auf der Straße wurde den Frauen der Schleier vom Kopf gerissen. Es zeigte sich, dass die Iraner nicht bereit waren für eine von oben diktierte kulturelle Revolution. Javad Kermani, damals acht Jahre alt, erinnert sich:
"Meine Tante ist 15 Jahre lang nicht mehr aus dem Haus gegangen. Sie wollte eben ihr Kopftuch nicht abnehmen. Und sie wollte gegen die Zwangsentschleierung protestieren. Eine meiner anderen Tanten ging immer nur nachts, heimlich, mit Kopftuch aus dem Haus."
Für viele Frauen in Iran bedeutete das Kopftuchverbot in der Praxis das Gegenteil des Erwünschten, nämlich die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. Selbst viele Männer sollen jahrelang nicht mehr aus dem Haus gegangen sein, aus Furcht, unverschleierte Frauen zu sehen. Als Reza Pahlevi 1941 zugunsten seines Sohnes abdanken musste, legten vor allem die Frauen der Unterschicht ihre Schleier demonstrativ wieder an. Das Verbot war nicht mehr zu halten. Immer deutlicher brach der Konflikt zwischen der kleinen westeuropäisch orientierten Oberschicht und der breiten Masse der armen Leute auf, die an den traditionellen Werten festhielten. Sie waren 1979 die Unterstützer der islamischen Revolution in Iran. Das Kopftuch wurde zu ihrem wichtigsten Symbol.
"Tod den Unverschleierten", skandierten die Männer. Und bald regierte wieder der Zwang. Ayatollah Khomeini machte den iranischen Frauen den Tschador zur Pflicht. Daran hat sich bis heute nichts verändert. Doch hindert das die Frauen in Iran nicht, am gesellschaftlichen Leben zu partizipieren. In keinem anderen islamischen Land ist der Anteil an Studentinnen, Akademikerinnen und Frauen in öffentlichen Ämtern so hoch wie in Iran - trotz oder gerade wegen des Kopftuchs.
Das stammt nicht aus der Feder einer iranischen Frauenrechtlerin im Exil. Nein, die Autorin dieser Zeilen hieß Tâdsch os-Saltane. Sie war eine Prinzessin der Kadscharen, jener Dynastie, die 1925 von Schah Reza Pahlevi gestürzt wurde. In ihren Memoiren - niedergeschrieben noch vor dem Ersten Weltkrieg - finden sich überraschende Einblicke in die Welt der Frauen in Iran um 1900.
Tâdsch os-Saltane, obwohl hinter den verschlossenen Palasttüren eines traditionellen Harems aufgewachsen, hatte viel von ihrem Vater über den Westen erfahren - Naser ud-Din Schah war mehrfach in Europa. Schon in jener Zeit war die Gesellschaft in Iran gespalten zwischen Traditionalisten auf der einen und den Förderern eines politischen Liberalismus westlicher Prägung auf der anderen Seite.
Tâdsch os-Saltane: "Dass die Frau verschleiert ist, richtet das Königreich zugrunde, es ist sittenwidrig und würdelos und bewirkt, dass alles Handeln erfolglos bleibt. Aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate der Männer ist deren Zahl in Iran stets geringer als die der Frauen. In einem Königreich aber, in dem zwei Drittel seiner Bewohner nutzlos zu Hause bleiben, muss also ein Drittel allein so weit wie möglich die Mittel für das tägliche Leben aufbringen. Deshalb kann sich niemand den Staatsangelegenheiten und dem Fortschritt seiner Heimat widmen."
Tâdsch os-Saltane konnte den Beginn der Emanzipation der Frau in Iran gerade noch miterleben. Sie starb einsam und verarmt wenige Wochen nachdem Schah Reza am 7. Januar 1936 das Tragen des Kopftuches in der Öffentlichkeit verboten hatte.
Auf einem Staatsbesuch in Ankara zwei Jahre zuvor hatte der Schah gesehen, wie sich die Türkei unter Atatürk veränderte: Das Tragen religiöser Kleidung war verboten, Fes und Turban aus dem öffentlichen Leben der Städte verschwunden. Der überall sichtbare Aufbruch machte den Schah zum überzeugten Anhänger der kemalistischen Reformen.
Zurück in Teheran ließ Schah Reza die Kaiserin in der Öffentlichkeit ihr Haar zeigen und die Frauen der Staatsbeamten mussten es ihr gleich tun. Aber es war eine Emanzipation unter Zwang. Auf der Straße wurde den Frauen der Schleier vom Kopf gerissen. Es zeigte sich, dass die Iraner nicht bereit waren für eine von oben diktierte kulturelle Revolution. Javad Kermani, damals acht Jahre alt, erinnert sich:
"Meine Tante ist 15 Jahre lang nicht mehr aus dem Haus gegangen. Sie wollte eben ihr Kopftuch nicht abnehmen. Und sie wollte gegen die Zwangsentschleierung protestieren. Eine meiner anderen Tanten ging immer nur nachts, heimlich, mit Kopftuch aus dem Haus."
Für viele Frauen in Iran bedeutete das Kopftuchverbot in der Praxis das Gegenteil des Erwünschten, nämlich die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. Selbst viele Männer sollen jahrelang nicht mehr aus dem Haus gegangen sein, aus Furcht, unverschleierte Frauen zu sehen. Als Reza Pahlevi 1941 zugunsten seines Sohnes abdanken musste, legten vor allem die Frauen der Unterschicht ihre Schleier demonstrativ wieder an. Das Verbot war nicht mehr zu halten. Immer deutlicher brach der Konflikt zwischen der kleinen westeuropäisch orientierten Oberschicht und der breiten Masse der armen Leute auf, die an den traditionellen Werten festhielten. Sie waren 1979 die Unterstützer der islamischen Revolution in Iran. Das Kopftuch wurde zu ihrem wichtigsten Symbol.
"Tod den Unverschleierten", skandierten die Männer. Und bald regierte wieder der Zwang. Ayatollah Khomeini machte den iranischen Frauen den Tschador zur Pflicht. Daran hat sich bis heute nichts verändert. Doch hindert das die Frauen in Iran nicht, am gesellschaftlichen Leben zu partizipieren. In keinem anderen islamischen Land ist der Anteil an Studentinnen, Akademikerinnen und Frauen in öffentlichen Ämtern so hoch wie in Iran - trotz oder gerade wegen des Kopftuchs.