Die meisten Emder und Emderinnen schüttelten den Kopf, als Henri Nannen, der Chefredakteur des "stern", zu Beginn der 1980er-Jahre mit der Idee ankam, in ihrer Stadt eine Kunsthalle zu bauen.
"Grundsätzlich war es damals eine schwere Zeit in Emden. Es waren die grauen Jahre, es war gerade das Werften-Sterben der 70er-Jahre, große Arbeitslosigkeit herrschte hier. Und dann war natürlich Kunst auch in Emden nie so ein Thema gewesen zuvor, die Leute, die haben dann gesagt, der soll mal lieber eine neue Aschenbahn für einen Sportplatz bauen."
Aber Henri Nannen und seine Frau Eske, auch sie in Emden geboren, ließen sich nicht beirren. Er wollte die Bilder, die er ein Leben lang gesammelt hatte, stiften, und ein Extra-Haus in Emden für sie bauen. Ilka Erdwiens, die Pressesprecherin der Kunsthalle, erinnert sich noch an die Anfänge.
"Er hatte gut verdient. Er hatte ein Ferienhäuschen in Italien, er hatte ein kleines Motorboot auf der Ostsee, aber das alles hat er nun sozusagen versilbert, natürlich mit dem Einverständnis seines Sohnes, auch seiner Frau. Das ist alles in die Stiftung eingegangen. Und das Besondere ist eben, dass er auch das Haus selber bauen wollte, nicht nur die Bilder geben."
Er kaufte in Emden schon mal ein Grundstück. Aber für einen richtigen Museumsbau reichten seine Mittel dann doch nicht aus.
"Er hat dann auch große Förderer angesprochen, die Stiftungen, das Land Niedersachsen und so weiter, aber er hat auch eine ganz tolle Bürgeraktion gemacht. Er hat wirklich ganz viele Leute aufgefordert: Wenn ihr das wollt, dann unterstützt uns doch. Und es wurde also Geld gesammelt in Spardosen, auf den Kassentresen, in den Geschäften, und viele Leute konnten so ein bisschen was zu beitragen und das fördert natürlich auch die Identifikation."
Und am 3. Oktober 1986 war es soweit: Die Kunsthalle, eingebettet zwischen Grachten und alten Bäumen, wurde eröffnet. Sie ist ein Bau aus rotem Klinker mit Glasfassade, der ruhig seinen Platz am grünen Eingang zur Stadt behauptet.
"Als das Museum aufmachte, dachte man: Naja, wenn da ab und zu einer kommt, kann die Sekretärin eine Eintrittskarte verkaufen und vielleicht noch eine Tasse Kaffee. Aber da hat vielleicht Nannen sich selbst ein bisschen unterschätzt. Er war ein genialer PR-Mann und hatte auch vorher die Journalisten natürlich beschäftigt. Die haben alle gedacht: Mensch, der Nannen vom 'stern', was macht der da eigentlich in Emden? Ich glaube, es war die Zeit, die hat damals getitelt: Da, wo die Straßen sich im Sumpf verlieren, da baut der Henri Nannen sein Museum.
"Grundsätzlich war es damals eine schwere Zeit in Emden. Es waren die grauen Jahre, es war gerade das Werften-Sterben der 70er-Jahre, große Arbeitslosigkeit herrschte hier. Und dann war natürlich Kunst auch in Emden nie so ein Thema gewesen zuvor, die Leute, die haben dann gesagt, der soll mal lieber eine neue Aschenbahn für einen Sportplatz bauen."
Aber Henri Nannen und seine Frau Eske, auch sie in Emden geboren, ließen sich nicht beirren. Er wollte die Bilder, die er ein Leben lang gesammelt hatte, stiften, und ein Extra-Haus in Emden für sie bauen. Ilka Erdwiens, die Pressesprecherin der Kunsthalle, erinnert sich noch an die Anfänge.
"Er hatte gut verdient. Er hatte ein Ferienhäuschen in Italien, er hatte ein kleines Motorboot auf der Ostsee, aber das alles hat er nun sozusagen versilbert, natürlich mit dem Einverständnis seines Sohnes, auch seiner Frau. Das ist alles in die Stiftung eingegangen. Und das Besondere ist eben, dass er auch das Haus selber bauen wollte, nicht nur die Bilder geben."
Er kaufte in Emden schon mal ein Grundstück. Aber für einen richtigen Museumsbau reichten seine Mittel dann doch nicht aus.
"Er hat dann auch große Förderer angesprochen, die Stiftungen, das Land Niedersachsen und so weiter, aber er hat auch eine ganz tolle Bürgeraktion gemacht. Er hat wirklich ganz viele Leute aufgefordert: Wenn ihr das wollt, dann unterstützt uns doch. Und es wurde also Geld gesammelt in Spardosen, auf den Kassentresen, in den Geschäften, und viele Leute konnten so ein bisschen was zu beitragen und das fördert natürlich auch die Identifikation."
Und am 3. Oktober 1986 war es soweit: Die Kunsthalle, eingebettet zwischen Grachten und alten Bäumen, wurde eröffnet. Sie ist ein Bau aus rotem Klinker mit Glasfassade, der ruhig seinen Platz am grünen Eingang zur Stadt behauptet.
"Als das Museum aufmachte, dachte man: Naja, wenn da ab und zu einer kommt, kann die Sekretärin eine Eintrittskarte verkaufen und vielleicht noch eine Tasse Kaffee. Aber da hat vielleicht Nannen sich selbst ein bisschen unterschätzt. Er war ein genialer PR-Mann und hatte auch vorher die Journalisten natürlich beschäftigt. Die haben alle gedacht: Mensch, der Nannen vom 'stern', was macht der da eigentlich in Emden? Ich glaube, es war die Zeit, die hat damals getitelt: Da, wo die Straßen sich im Sumpf verlieren, da baut der Henri Nannen sein Museum.
Also, das fand viel Beachtung, und dementsprechend natürlich auch erst einmal Wahnsinnsbesucherzustrom."
Der Hartnäckigkeit der Nannens, aber auch der Offenheit vieler Emderinnen und Emder, verdanken es die Besucher also, dass sie heute zwischen den Nachtstücken des umstrittenen Franz Radziwil, den farbsatten Körpern Josef Schartls und den verschlossenen Leinwände Emil Schumachers herumschlendern dürfen. "Die blauen Fohlen" von Franz Marc sind besonders gesucht. Sie waren eines der Lieblingsbilder von Henri Nannen.
Der Hartnäckigkeit der Nannens, aber auch der Offenheit vieler Emderinnen und Emder, verdanken es die Besucher also, dass sie heute zwischen den Nachtstücken des umstrittenen Franz Radziwil, den farbsatten Körpern Josef Schartls und den verschlossenen Leinwände Emil Schumachers herumschlendern dürfen. "Die blauen Fohlen" von Franz Marc sind besonders gesucht. Sie waren eines der Lieblingsbilder von Henri Nannen.
"Das kann man sagen, das ist natürlich eines der Hauptwerke unserer Sammlung hier, die ihren Kern in der klassischen Moderne hat, bei den deutschen Expressionisten, einige Künstler des sogenannten Blauen Reiter, aber auch die Brücke-Künstler, aber auch einige nicht ganz so bekannte Künstler wie Josef Scharl, Hans-Ludwig-Katz, die so ein bisschen auch Entdeckungen sind, das ist auch für viele Kenner der Klassischen Moderne eine Entdeckung bei uns."
Jede Stunde klingt vom Turm des Rathauses eine andere Melodie. In den Stockwerken darunter hat auch das Landesmuseum seine Räume. Doktor Wolfgang Jahn, der Direktor, ist ein profunder Kenner der Stadtgeschichte, die etwa um das Jahr 800 begann.
"Emden ist entstanden an einem Fluss, der nannte sich damals Amunton, ein Nebenfluss der Ems. Ist gegründet worden als eine Handelsniederlassung, denn das war das wichtige Sprungbrett in das Binnenland hinein, über die Ems, über die Nordsee, und so kam es zu dem Namen Emden."
Und es ging bald und stetig aufwärts. So erfolgreich wurde die Handelsstadt, dass das 16. Jahrhundert als ihr "Goldenes Zeitalter" gilt.
"Es gibt die Überlieferung, dass im 16. Jahrhundert mehr Schiffe unter Emder Flagge gefahren sein sollen, als die Engländer hatten. Drei Standbeine waren es, die Emden groß gemacht haben. Das ist einmal die Heringsfischerei. Ein Weiteres war die sogenannte Beurt-Schiffahrt. Das war Schifffahrt, die fuhr auf Termin von Amsterdam über Emden bis nach Hamburg. Und dann waren es natürlich auch die Handelskompanien. Das waren Handelsbeziehungen dann erst einmal nach Afrika, die berühmt-berüchtigten Dreiecksfahrten von Europa nach Ghana, wo man Sklaven an Bord genommen hat, in die Neue Welt gebracht hat, um dort mit den Waren wieder zurückzufahren, dieser transatlantische Handel."
Eine Stadt lohnender Geschäfte
Kurzum – Emden blühte auf. Es wurde eine Stadt, in der viel Geld gemacht und auch ausgegeben wurde. Eine Stadt lohnender Geschäfte und rauschenden Trubels.
"Man muss sich Emden als eine pulsierende Stadt vorstellen, voller Leben, voller Handel, voller Geschäftigkeit. Hier gab es auch sehr viele Vergnügungsstätten, hier kamen die Seeleute her, hier gab es die Handwerker, die gutes Geld verdient haben. Und hierher kamen auch die sogenannten Geusen. Das waren aufständische Niederländer, die haben die spanischen Schiffe angegriffen, die haben Piraterie getrieben, das waren schon Gesellen, die öfters auch mal über den Strang geschlagen haben."
"Man muss sich Emden als eine pulsierende Stadt vorstellen, voller Leben, voller Handel, voller Geschäftigkeit. Hier gab es auch sehr viele Vergnügungsstätten, hier kamen die Seeleute her, hier gab es die Handwerker, die gutes Geld verdient haben. Und hierher kamen auch die sogenannten Geusen. Das waren aufständische Niederländer, die haben die spanischen Schiffe angegriffen, die haben Piraterie getrieben, das waren schon Gesellen, die öfters auch mal über den Strang geschlagen haben."
Aus den nahen Niederlanden flüchteten Menschen nach Emden, die von den Spaniern vertrieben wurden – teils wohlhabende Kaufleute mit guten Verbindungen. Sie hatten einiges mit den Emdern gemeinsam:
"Es war der christliche Glaube, auch wenn er unterschiedlich ausgeprägt war. Es war die Sprache: Das ostfriesische Platt versteht man bis nach Groningen hinein. Und die Emder waren auch ganz zufrieden: Sie hatten nämlich genügend Platz. Wir haben hier ein Stadtmodell, da sieht man bestimmte Gebiete, die ursprünglich besiedelt worden sind, dann daneben gab es andere Gebiete, da sind dann die Flüchtlinge hingekommen, sie lebten dann auch unter sich, das ist der Stadtteil Valdern."
Ein ganz besonderes Stück im Landesmuseum ist noch einer besonderen Erwähnung wert. Es ist ein Hausstein, eines jener Reliefs, die im Mittelalter quasi wie ein Ladenschild auf den Beruf des Hausbesitzers hinwiesen. Dieser zierte das Anwesen eines Tabakhändlers.
"Der Elefant trägt mit seinem Rüssel einen Baumstamm, und die Unterschrift bedeutet 'Der Witte Olliphant'." - "Es scheint, als hätte ein anderer großer Sohn der Stadt sich dieses Motiv angeeignet?" – "Ja, auf jeden Fall weiß ich, dass der große Sohn der Stadt Otto Waalkes auch hier schon im Museum gewesen ist, er kennt den Stein – inwieweit das nun das Vorbild ist für den berühmten Ottifanten und seine Familie, das sollten wir ihn selber fragen."
"Es war der christliche Glaube, auch wenn er unterschiedlich ausgeprägt war. Es war die Sprache: Das ostfriesische Platt versteht man bis nach Groningen hinein. Und die Emder waren auch ganz zufrieden: Sie hatten nämlich genügend Platz. Wir haben hier ein Stadtmodell, da sieht man bestimmte Gebiete, die ursprünglich besiedelt worden sind, dann daneben gab es andere Gebiete, da sind dann die Flüchtlinge hingekommen, sie lebten dann auch unter sich, das ist der Stadtteil Valdern."
Ein ganz besonderes Stück im Landesmuseum ist noch einer besonderen Erwähnung wert. Es ist ein Hausstein, eines jener Reliefs, die im Mittelalter quasi wie ein Ladenschild auf den Beruf des Hausbesitzers hinwiesen. Dieser zierte das Anwesen eines Tabakhändlers.
"Der Elefant trägt mit seinem Rüssel einen Baumstamm, und die Unterschrift bedeutet 'Der Witte Olliphant'." - "Es scheint, als hätte ein anderer großer Sohn der Stadt sich dieses Motiv angeeignet?" – "Ja, auf jeden Fall weiß ich, dass der große Sohn der Stadt Otto Waalkes auch hier schon im Museum gewesen ist, er kennt den Stein – inwieweit das nun das Vorbild ist für den berühmten Ottifanten und seine Familie, das sollten wir ihn selber fragen."
Ein eigenes Museum für den berühmtesten Sohn der Stadt
Dieser berühmte Sohn der Stadt hat gleich gegenüber, direkt am Wasser, sein eigenes Museum. Am "Otto Huus" bricht ein Elefant aus Kunststoff aus der Fassade. Im Innern gibt es zwar keine Auskünfte über den Ursprung des Ottifanten, aber immerhin einen kleinen Sprachkurs in Ostfriesisch.
"Das heißt Moin." – "Das heißt Moin Moin"
Blickt man vom Turm des Rathauses, fallen zwischen dem vielen Backstein besonders die Bunker ins Auge. Von einst 35 sind immer noch 31 erhalten. Man begrünt sie, bemalt sie, umbaut sie mit Appartements – und in einem ist das Bunkermuseum untergebracht. Es erzählt die Geschichte Emdens vor und im Zweiten Weltkrieg auf eindrucksvolle Weise. Im Innern führen breite Treppen hoch ins Dunkel.
"Ja, das hatte man so eingerichtet, damit die über 300 Leute, die hier im Bunker untergebracht wurden, rechtzeitig an ihren Platz kommen konnten." – "Und keine Panik?" – "Das hatte sich im Laufe der Zeit so eingespielt, die Frequenz der Luftangriffe hat sich im Lauf des Krieges immer weiter erhöht, und die Leute haben sich darauf eingestellt, so schlimm es auch war."
Emden und der Krieg
Schon lange vor dem Krieg galt die Stadt als besonders gefährdet, meint der Historiker Christian Röben.
"Es ist die geographische Nähe zu England, ganz klar, von dort hatte man auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg Luftangriffe erwartet. Es gab kleinere Rüstungsbetriebe. Der einzige größere, der zu nennen ist, wären die Nordseewerke, auf denen U-Boote gebaut worden sind. Und Emden als Hafenstadt war prädestiniert, dass man sich früh mit dem Luftschutz beschäftigt hat. Und das hat man ab 1941 umgesetzt, hat insgesamt 35 Hochbunker gebaut, die über die ganze Stadt verteilt sind. Und in einem stehen wir hier heute."
Es ist kalt zwischen den ein Meter zehn dicken Mauern. Aber wenn ein Alarm war, ließen die 350 Menschen, die hereinströmten, die Temperatur schnell steigen.
"Dann sind die Leute innerhalb des Bunkers auf ihre Bunkerbank gegangen. Jeder Emder hatte seine eigene Bunkerbank, die er selbst anfertigen ließ. Dort konnten auch lebensnotwendige Dinge verstaut werden, Dokumente und Ähnliches. Und dann harrte man hier der Dinge, die da kamen. In der Mehrzahl der Fälle wurde der Luftalarm abgeblasen, im Verlauf des Krieges aber kam es immer häufiger vor, dass die Stadt angegriffen worden ist. Dann konnte es auch passieren, dass die Bunker anfingen zu beben, wenn die Bomben in der Nähe einschlugen. Man muss sich das sehr beklemmend, sehr warm vorstellen, während eines Angriffs wurden die Lüftungsklappen geschlossen, damit keine Luftdruckwellen durch die Bunker gegangen sind, und das muss man sich sehr stickig vorstellen."
Es geht im Museum freilich nicht nur um das damalige Leben hier drin, sondern auch um die Frage, wie die Emder selbst zur Katastrophe beigetragen haben: "Denk bei jeder Bombe dran: Das fing Adolf Hitler an", mahnt ein Flugblatt der Alliierten. Fotos und Listen erinnern an die Zwangsarbeiter, die beim Bunkerbau eingesetzt wurden, bei Angriffen aber nicht ins Innere durften.
"Es ist die geographische Nähe zu England, ganz klar, von dort hatte man auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg Luftangriffe erwartet. Es gab kleinere Rüstungsbetriebe. Der einzige größere, der zu nennen ist, wären die Nordseewerke, auf denen U-Boote gebaut worden sind. Und Emden als Hafenstadt war prädestiniert, dass man sich früh mit dem Luftschutz beschäftigt hat. Und das hat man ab 1941 umgesetzt, hat insgesamt 35 Hochbunker gebaut, die über die ganze Stadt verteilt sind. Und in einem stehen wir hier heute."
Es ist kalt zwischen den ein Meter zehn dicken Mauern. Aber wenn ein Alarm war, ließen die 350 Menschen, die hereinströmten, die Temperatur schnell steigen.
"Dann sind die Leute innerhalb des Bunkers auf ihre Bunkerbank gegangen. Jeder Emder hatte seine eigene Bunkerbank, die er selbst anfertigen ließ. Dort konnten auch lebensnotwendige Dinge verstaut werden, Dokumente und Ähnliches. Und dann harrte man hier der Dinge, die da kamen. In der Mehrzahl der Fälle wurde der Luftalarm abgeblasen, im Verlauf des Krieges aber kam es immer häufiger vor, dass die Stadt angegriffen worden ist. Dann konnte es auch passieren, dass die Bunker anfingen zu beben, wenn die Bomben in der Nähe einschlugen. Man muss sich das sehr beklemmend, sehr warm vorstellen, während eines Angriffs wurden die Lüftungsklappen geschlossen, damit keine Luftdruckwellen durch die Bunker gegangen sind, und das muss man sich sehr stickig vorstellen."
Es geht im Museum freilich nicht nur um das damalige Leben hier drin, sondern auch um die Frage, wie die Emder selbst zur Katastrophe beigetragen haben: "Denk bei jeder Bombe dran: Das fing Adolf Hitler an", mahnt ein Flugblatt der Alliierten. Fotos und Listen erinnern an die Zwangsarbeiter, die beim Bunkerbau eingesetzt wurden, bei Angriffen aber nicht ins Innere durften.
Als Emden unterging
Zur schrecklichsten Periode in der Geschichte der Stadt wurde schließlich der Herbst 1944. Emden ging unter.
"Am 6. September erhielt die kanadische Luftwaffe den Auftrag, die Emder Innenstadt zu zerstören. Und das taten sie auch in einem Angriff mit 181 Bombern, die innerhalb von 18 Minuten die Stadt mit durch einen Feuersturm in Schutt und Asche legten. Von der Innenstadt sind das knapp 90 Prozent gewesen. Viele Menschen überlebten zwar in den Bunkern, aber ihre Häuser, ihr Leben war zerstört nach dem Angriff."
Seit 1994 kümmern sich Frauen und Männer privat um das Museum. Was bewegt sie, Zeit und Mühe in ein solches Projekt zu stecken?
"Das eine ist einfach das persönliche Interesse an dieser Zeit und diesem Thema. Und das andere ist, die Erinnerung an diese Zeit aufrechtzuerhalten und darauf hinzuweisen, was es für Folgen hat, wenn ein autoritäres Regime keine Grenzen kennt, für eine Stadt, für eine Gesellschaft und für Generationen, die danach folgen."
"Am 6. September erhielt die kanadische Luftwaffe den Auftrag, die Emder Innenstadt zu zerstören. Und das taten sie auch in einem Angriff mit 181 Bombern, die innerhalb von 18 Minuten die Stadt mit durch einen Feuersturm in Schutt und Asche legten. Von der Innenstadt sind das knapp 90 Prozent gewesen. Viele Menschen überlebten zwar in den Bunkern, aber ihre Häuser, ihr Leben war zerstört nach dem Angriff."
Seit 1994 kümmern sich Frauen und Männer privat um das Museum. Was bewegt sie, Zeit und Mühe in ein solches Projekt zu stecken?
"Das eine ist einfach das persönliche Interesse an dieser Zeit und diesem Thema. Und das andere ist, die Erinnerung an diese Zeit aufrechtzuerhalten und darauf hinzuweisen, was es für Folgen hat, wenn ein autoritäres Regime keine Grenzen kennt, für eine Stadt, für eine Gesellschaft und für Generationen, die danach folgen."
Das Herz von Emden
Das Herz der Stadt ist der Ratsdelft, ein Hafenarm, der sich bis zum Rathaus erstreckt. An seiner Stirnseite präsentiert Jantje Vis, ein hübsches Ostfriesenmädchen in Bronze, einen Korb mit Heringen. Was waren es doch für große Zeiten, als noch drei "Fischereien" in Emden ansässig waren, sprich: Gesellschaften, die jeweils zwischen 25 und 30 Boote, sogenannte Heringslogger, auf Reisen schickten. Einer davon, die AE 7, ein 1908 gebautes schwarz-braunes Holzboot, liegt linker Hand am Ufer. Ludwig Stöhr, heute 79, ist noch damit gefahren. 1953 ging er als Schiffsjunge an Bord.
"Die erste Reise, muss ich ganz ehrlich sagen hier, bis Borkum ging es gut, aber dann nach Borkum - es fing hibbelig an, wie man so sagt, dann hab´ ich eben die Fische gefüttert. Als das dann fertig war, dann war´s gut bei mir. Nie mehr, nee!"
Ein Schiffsjunge hatte ganz besondere Aufgaben an Bord:
"Das Tau, an dem das Netz hängt, das musste der Junge aufschießen. Dieses Tau war ca. vier Kilometer lang. Der Schiffsjunge, der musste die ganze Nacht immer so in die Runde, immer das Tau so legen, bis die vier Kilometer eingezogen sind. So ein Schiff hatte 120 Netze an Bord. 120! Ein Netz war 30 Meter lang und 15 Meter tief. Nachts um halb eins war dann Kaffee oder Tee, und um ein Uhr ging es dann los mit dem Netze-Einziehen. Und das war ja alles nur mit der Hand."
Wenn die Netze gefüllt an Bord kamen, wurden die Heringe mit der Hand herausgeschlagen.
"In drei Schlägen war das leer. Dann wurde wieder gezogen. Und dann ging es wieder: Hau weg! Bis die 120 Netze dann an Bord waren. Ja und dann ging das Schlachten ja los, kehlen sagen wir dazu."
Oben an Deck, wo die Netze ankamen, erzählt Ludwig Stöhr weiter. Hering über Hering fiel in den Korb zu ihren Füßen. Die Planken glitzerten silbern von Schuppen.
"Wenn der Korb dann voll war, kam der Fisch hier rein, von der Seite da, und da stand hier wieder so ein Salzkorb, und der Steuermann, der rührte dann die Heringe durcheinander, und auf jeden Korb kam eine Schaufel Salz, einmal. Und dann standen hier auch wieder zwei Matrosen, und die machen den Fisch dann, richtig schön einpacken. 250 bis 300 Stück in eine Tonne. Den Nachmittag wurden die Tonnen dann zugemacht."
War der Fang gut, brachten die Schiffe gewaltige Mengen Salzhering an Land.
"Dieses Schiff konnte laden so ca. 600 von diesen Fässern. Und die da, die konnten ca. 900. Und die beiden großen da vorne konnten ca. 1.800 laden."
1968 war Schluss mit der Fischerei in Emden
"Die erste Reise, muss ich ganz ehrlich sagen hier, bis Borkum ging es gut, aber dann nach Borkum - es fing hibbelig an, wie man so sagt, dann hab´ ich eben die Fische gefüttert. Als das dann fertig war, dann war´s gut bei mir. Nie mehr, nee!"
Ein Schiffsjunge hatte ganz besondere Aufgaben an Bord:
"Das Tau, an dem das Netz hängt, das musste der Junge aufschießen. Dieses Tau war ca. vier Kilometer lang. Der Schiffsjunge, der musste die ganze Nacht immer so in die Runde, immer das Tau so legen, bis die vier Kilometer eingezogen sind. So ein Schiff hatte 120 Netze an Bord. 120! Ein Netz war 30 Meter lang und 15 Meter tief. Nachts um halb eins war dann Kaffee oder Tee, und um ein Uhr ging es dann los mit dem Netze-Einziehen. Und das war ja alles nur mit der Hand."
Wenn die Netze gefüllt an Bord kamen, wurden die Heringe mit der Hand herausgeschlagen.
"In drei Schlägen war das leer. Dann wurde wieder gezogen. Und dann ging es wieder: Hau weg! Bis die 120 Netze dann an Bord waren. Ja und dann ging das Schlachten ja los, kehlen sagen wir dazu."
Oben an Deck, wo die Netze ankamen, erzählt Ludwig Stöhr weiter. Hering über Hering fiel in den Korb zu ihren Füßen. Die Planken glitzerten silbern von Schuppen.
"Wenn der Korb dann voll war, kam der Fisch hier rein, von der Seite da, und da stand hier wieder so ein Salzkorb, und der Steuermann, der rührte dann die Heringe durcheinander, und auf jeden Korb kam eine Schaufel Salz, einmal. Und dann standen hier auch wieder zwei Matrosen, und die machen den Fisch dann, richtig schön einpacken. 250 bis 300 Stück in eine Tonne. Den Nachmittag wurden die Tonnen dann zugemacht."
War der Fang gut, brachten die Schiffe gewaltige Mengen Salzhering an Land.
"Dieses Schiff konnte laden so ca. 600 von diesen Fässern. Und die da, die konnten ca. 900. Und die beiden großen da vorne konnten ca. 1.800 laden."
1968 war Schluss mit der Fischerei in Emden
Ludwig Ströh hat heute weiße Haare, aber er erzählt, als wäre er erst gestern noch an Bord gewesen. Zehn Jahre lang fuhr er immer wieder hinaus: Auf die Doggerbank, zu den Shetlandinseln, zu den Teufelslöchern. 1968 aber war endgültig Schluss mit der Fischerei in Emden. Historiker Christian Röben kennt die Gründe.
"Die Nordsee war leergefischt. Sie war belastet durch Umwelteinflüsse. Die Heringslogger mussten immer weiter hinausfahren, um überhaupt Fänge zu machen. Hinzu kamen steigende Betriebskosten: Löhne stiegen, Treibstoff stieg, die Konkurrenz wurde immer größer, das europäische Umfeld. Und auch durch den Strukturwandel in der deutschen Wirtschaft ging die Bedeutung der Heringsfischerei als Wirtschaftsfaktor immer stärker zurück, so dass die Bereitschaft zur Unterstützung von Seiten des Landes und des Bundes immer weiter zurückging."
Ludwig Ströh ging später zur Bahn. Aber auch heute noch bedauert er keinen Moment, den er zusammen mit seinen Kameraden auf See verbracht hat.
"Wenn ich nochmal jung wäre, und es wäre nochmal so eine Fischerei in Emden, also ich würde nochmal wieder fahren. Ich habe es nie bereut und ich würde es auch wieder machen. Es war eine harte Zeit, aber auch eine schöne Zeit."
"Die Nordsee war leergefischt. Sie war belastet durch Umwelteinflüsse. Die Heringslogger mussten immer weiter hinausfahren, um überhaupt Fänge zu machen. Hinzu kamen steigende Betriebskosten: Löhne stiegen, Treibstoff stieg, die Konkurrenz wurde immer größer, das europäische Umfeld. Und auch durch den Strukturwandel in der deutschen Wirtschaft ging die Bedeutung der Heringsfischerei als Wirtschaftsfaktor immer stärker zurück, so dass die Bereitschaft zur Unterstützung von Seiten des Landes und des Bundes immer weiter zurückging."
Ludwig Ströh ging später zur Bahn. Aber auch heute noch bedauert er keinen Moment, den er zusammen mit seinen Kameraden auf See verbracht hat.
"Wenn ich nochmal jung wäre, und es wäre nochmal so eine Fischerei in Emden, also ich würde nochmal wieder fahren. Ich habe es nie bereut und ich würde es auch wieder machen. Es war eine harte Zeit, aber auch eine schöne Zeit."
Früher Fisch, heute Kraftfahrzeuge und Windkraft
Wie es heute um die Schiffe und den Hafen bestellt ist, lässt man sich am besten von einem Fachmann erzählen.
"Moin, härtlich willkommen in Hafen von Emden. Ich bin der Hafenmeister Günter Laurenawitz vom Binnenhafen Emden."...
Und natürlich weiß keiner besser als der Hafenmeister, was alles so passiert in seinem Bereich:
"Hauptumschlaggüter im Emder Hafen ist natürlich Kraftfahrzeug-, Pkw-Verladung. Fast 1,5 Millionen Fahrzeuge werden hier verladen im Emder Hafen, das ist der drittgrößte Hafen Europas im Autoumschlag. Dann haben wir Forstprodukte, Flüssigkreide, die für die Papierindustrie gebraucht werden, und die Windkraft, die ist natürlich auch ein sehr großer Faktor, durch die Firma Enercon, durch den WTC-Turmbau, der ganze Jasumer Hafen mehr oder weniger ist Windenergieanlagen-Hafen. Es sind so ca. 5.000 Menschen, die im Emder Hafen oder unmittelbar um den Hafen beschäftigt."
"Moin, härtlich willkommen in Hafen von Emden. Ich bin der Hafenmeister Günter Laurenawitz vom Binnenhafen Emden."...
Und natürlich weiß keiner besser als der Hafenmeister, was alles so passiert in seinem Bereich:
"Hauptumschlaggüter im Emder Hafen ist natürlich Kraftfahrzeug-, Pkw-Verladung. Fast 1,5 Millionen Fahrzeuge werden hier verladen im Emder Hafen, das ist der drittgrößte Hafen Europas im Autoumschlag. Dann haben wir Forstprodukte, Flüssigkreide, die für die Papierindustrie gebraucht werden, und die Windkraft, die ist natürlich auch ein sehr großer Faktor, durch die Firma Enercon, durch den WTC-Turmbau, der ganze Jasumer Hafen mehr oder weniger ist Windenergieanlagen-Hafen. Es sind so ca. 5.000 Menschen, die im Emder Hafen oder unmittelbar um den Hafen beschäftigt."
Das Tor zur Welt
Gelbe Silos, blaue Kräne, rostbraune Schwimmdocks, grüne Tonnen - eine Rundfahrt mit dem Hafenmeister wird zu einer anschaulichen maritimen Lektion. Ganz am hinteren Ende etwa trennt die große Seeschleuse Binnen- und Außenhafen.
"Die große Seeschleuse ist natürlich das Tor zur Welt. 1913 ist sie gebaut worden und war, als sie gebaut wurde, die größte Schleusenanlage der Welt. Über 260 Meter lang und über 45 Meter breit, also kann sie schon ganz große Schiffe aufnehmen. Die sind natürlich heute sehr viel größer, passen auch nicht alle rein. Deswegen, die großen Meyer-Schiffe, die Passagierschiffe, die kommen hier gar nicht mehr rein."
Natürlich geht es im drittgrößten Autoverladehafen Europas vor allem um PKWs. Ab 1965 produzierte Volkswagen in Emden den Käfer und seit 1977 den Passat. Und die müssen ja zu ihren Käufern in aller Welt.
"Das ist Terminal zwei. Terminal 2 ist die kleinere Autoverladung. Hier werden die meisten Fahrzeuge für den britischen Markt verladen. Das sind also alles rechtsgelenkte Fahrzeuge, brauchen Sie heute Abend nicht hinzugehen und eines zu klauen: Funktioniert nicht. Die große Autoverladung natürlich, die geht über den Emder Außenhafen, da kommen die großen Verladeschiffe, die so ca. 5.000 Fahrzeuge mitnehmen können, hier kommen nur Schiffe, die ca. 800 Fahrzeuge mitnehmen können."
Aus einem großen Schiff ragen vier mächtige, viereckige Stahlsäulen in den Himmel.
"Die Windlift 1, das ist das Richterschiff der Firma Bard. Da sieht man die hohen Stämme, die vier, die fahren dann runter, raus, dann steht das Schiff mehr oder weniger auf dem Meeresgrund, auf Stelzen, und dann kann die Arbeit beginnen. Der Riesenkran, der da drauf ist, der kann die großen Elemente dann auf Position bringen. Das Schiff wird hochgefahren, dann steht es wie eine Bohrplattform mehr oder weniger auf dem Meeresgrund, bewegt sich nicht mehr und dann kann die Windkraftanlage aufgesetzt werden."
Das Meer und der Hafen. Immer waren es diese beiden, die der Stadt Einkommen, Arbeit und frischen Wind gebracht haben. Auch wenn es zur offenen See bei Borkum noch rund 70 Kilometer Entfernung sind - hier fühlte man sich immer als Deutschlands westlichste Seehafenstadt und hat immer gut vom Meer gelebt. Und das, hoffen Emderinnen und Emder, soll auch in Zukunft so bleiben.