In einer Halle des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und Fabrikautomatisierung in Magdeburg schwenkt ein weiß-grauer Roboterarm hin und her. Über mehrere Gelenke kann er sich strecken und beugen und mit einem zangenförmigen Greifer an der Spitze Werkzeuge halten. Die gesamte Maschine ist von dickem Schaumstoff umhüllt.
"Der Roboter hat eine weiche Oberfläche, das heißt, wenn ich mit dem Roboter kollidiere, dann tut mir das nicht weh", sagt der Elektroingenieur Markus Fritzsche. Er möchte, dass kraftvolle Industrieroboter für Menschen weniger gefährlich werden. Dafür hat er mit seinen Kollegen eine neue Technik entwickelt, durch die Roboter ihre Umgebung spüren. Markus Fritzsche muss den weiß-grauen Arm nur leicht mit dem Finger berühren – schon stoppt er seine Bewegung. Möglich wird das durch eine berührungsempfindliche Haut unter dem Schaumstoffmantel.
"Die Haut, die hier vollflächig auf dem Roboter drauf ist, enthält ganz viele Sensoren, vergleichbar mit den Sinneszellen des Menschen. Die Haut des Roboters besteht aus mehreren Schichten. Ich habe außen Folien mit Leiterbahnen und dazwischen befindet sich ein Material, was unter Druck seine Leitfähigkeit ändert. Das heißt, wenn ich auf das Material drauf drücke, fließt Strom durch."
Eine eingebaute Elektronik misst den Strom und leitet daraus Steuerbefehle ab, die den Arm abbremsen, sobald er auf Widerstand stößt. Maschinen berührungsempfindlich zu machen, hilft aber nicht nur, Verletzungen vorzubeugen. Es eröffnet auch neue Möglichkeiten, mit Maschinen zu kommunizieren. Markus Fritzsche demonstriert das mit einem zweiten Roboter in der Halle. Der orangefarbene Koloss hat die Größe eines kleinen Lastwagens. Vorne sitzt ein über vier Meter langer Roboterarm, der sich per Knopfdruck in Bewegung setzt.
Taktile Roboter-Haut kann menschlichen Händedruck in Steuerbefehle umsetzen
Am Ende des Arms ist eine Art Lenkrad angebracht. Markus Fritzsche greift es mit beiden Händen. Nun kann er die tonnenschwere Maschine durch leichte Bewegungen führen, denn auch das Lenkrad hat eine taktile Haut. Sie übersetzt den Händedruck in Steuerbefehle, die den Roboterarm in die gewünschte Richtung bugsieren. Ein etwa 20 Zentimeter langer Metallklotz ist am Lenkrad befestigt. Das Gegenstück dazu liegt auf einem Tisch vor dem Roboter.
"Diese zwei Teile für Spritzgussformen müssen exakt ineinanderpassen und normalerweise gibt es einen Arbeiter, der nimmt diese zwei Teile, guckt: Wie gut passen die zusammen? Wenn er feststellt, dass es an einer Stelle noch eine Lücke gibt, dann nimmt er ein Schleifpapier und schleift solange, bis die Lücke weg ist. Dann probiert er das wieder. Er macht das 10 mal, 20 mal, bis das exakt zusammenpasst und jedes Mal muss er dieses schwere Teil anheben. Die Teile sind mehrere Kilo schwer, das ist also sehr anstrengend, für den, der das tut. Der Roboter wird nun eingesetzt, um Menschen zu entlasten. Dadurch, dass ich den Roboter per Hand führen kann, kann ich dieses schwere Teil ohne große Kraftanstrengung handhaben. Der Roboter erledigt die schwere Arbeit und der Mensch macht die intelligente Arbeit."
Eine Aufgabenteilung, die Zukunft haben dürfte – zumindest nach Meinung vieler Fachleute. Aber noch ist es nicht soweit. Aus Sicherheitsgründen hantieren große Industrieroboter bisher zumeist in abgesperrten Bereichen. Das stört die enge Kooperation von Mensch und Maschine. Anstelle mechanischer Barrieren sollen daher künftig intelligente Fußböden für Sicherheit sorgen. Auch sie enthalten Sensorfolien, die Druck registrieren, sagt Markus Fritzsche
"Man könnte den Fußboden nutzen, um Annäherungen von Personen an Roboter zu erkennen. Das heißt, wenn ich einen großen Arbeitsbereich habe, wo der Roboter meinetwegen auf der rechten Seite grad was zu tun hat, die linke Seite aber frei ist, dann kann ich durchaus die linke Seite freigeben und den Menschen dort arbeiten lassen und der Roboter weiß: Achtung, links ist ein Mensch, sobald ich mich in die Richtung bewege, muss ich langsamer werden und erst warten bis der Bereich frei ist."
In einer Ecke der Forschungshalle wird der druckempfindliche Fußboden schon getestet. Der schwarze Kunststoffbelag sieht völlig unauffällig aus, denn die Sensorfolien liegen darunter. Grundsätzlich wären solche druckempfindlichen Fußböden auch in Wohnungen einsetzbar. Wenn ein alleinstehender, alter Mensch zum Beispiel stürzt und nicht mehr aufsteht, könnte der Fußboden das registrieren und einen Notruf auslösen, sagt Markus Fritzsche. Doch bisher interessieren sich vor allem Industrieunternehmen für die Technik. Der taktile Fußboden steht kurz vor der Marktreife. An der sensiblen Haut für Roboter dagegen müssen die Wissenschaftler noch einige Jahre forschen, bevor sie Einzug in die Fabrikhallen halten kann.