"Scheitert der Euro, dann scheitert Europa."
An Bekenntnissen der Bundeskanzlerin zur europäischen Sache mangelt es nicht. Schließlich ist ihre Kanzlerschaft von Krisen in Europa geprägt gewesen. Ihre Antworten auf die Herausforderungen der vergangenen Jahre waren immer die Forderung nach mehr Zusammenarbeit, gemeinsamen Problemlösungen und Kompromissbereitschaft in Europa. Merkels Credo:
"Europa ist eine Wertegemeinschaft, eine Rechts- und Verantwortungsgemeinschaft und das bedeutet für mich, dass wir uns an den Werten orientieren müssen, die wir in den europäischen Verträgen festgeschrieben haben: Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz, die Achtung von Minderheiten und Solidarität."
Als Wolfgang Schäuble Griechenland vorübergehend aus dem Euro ausschließen wollte, stoppte Merkel ihren Finanzminister. Als Österreichs Bundeskanzler im Sommer 2015 um Hilfe bat, sagte Merkel die Aufnahme der aus Ungarn Richtung Westen marschierenden Flüchtlinge zu.
"Es gereicht Europa nicht zur Ehre, sich als Union von 28 Mitgliedsstaaten, mit 500 Millionen Bürgern, bislang so schwer getan zu haben, die Lasten zu teilen."
"Die EU gibt es heute noch und das ist mit das Verdienst von Angela Merkel"
Die Flüchtlingskrise 2015 ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, wie Angela Merkel versuchte, die europäischen Staats- und Regierungschefs zusammenzuhalten. Johannes Varwick, Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg:
"Sie hat also in ihrer Amtszeit wirklich heftige Krisen erlebt und hat eigentlich immer dazu beigetragen, dass diese Krisen gelöst worden sind – nicht mit großen Visionen. Aber doch mit einem sehr pragmatischen Ansatz, der aber doch sehr effizient war. Die Europäische Union gibt es heute noch und das ist mit das Verdienst von Angela Merkel."
"Sieh hat sehr stark vermittelt. Und es zeigt sich eben jetzt, wo ihre Tage im Amt gezählt sind, dass sich eine gewisse Nervosität in Europa breitmacht", ergänzt Daniela Schwarzer, Europaexpertin der Open Society Foundation, der von dem ungarisch-amerikanischen Finanzinvestor George Soros gegründeten Stiftung zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten. Die Kanzlerin habe zwischen den EU-Mitgliedern ausdauernd den Kompromiss gesucht, sagt Schwarzer.
"Viele Regierungen fragen sich, wie denn der Europäische Rat mit seinen 27 Mitgliedern funktioniert, wenn diese Person einfach nicht mehr da ist."
Im langen Schatten Helmut Kohls
Um zu verstehen wie die Kanzlerin genau in der EU agierte, ist der Blick auf ihre politische Laufbahn, christdemokratische Überzeugung und Biographie unabdingbar. Als Angela Merkel auf die europäische Bühne trat, stand sie noch im langen Schatten Helmut Kohls. Er war der Maßstab, an dem Merkel gemessen wurde. Sein Verhältnis zu Europa war von seiner westdeutschen Herkunft und den Erfahrungen der letzten Kriegsjahre geprägt. Auch als sein Körper schon gebrochen war und die Kräfte hörbar schwanden, war Europa für ihn ein Vermächtnis und Glaubensbekenntnis.
"Ich habe nie aufgehört an Europa zu glauben. Ich war immer ein überzeugter Europäer."
Kohls europäisches Credo stand in einer christdemokratischen Traditionslinie. Sie reicht zurück in die Nachkriegsjahre, zu Konrad Adenauer und zur italienischen Democrazia Cristiana mit Alcide De Gasperi.
"Die EU wie wir sie heute kennen, ist die Leistung von christdemokratischen Politikern"
"Vor allem auch die Europäische Integration, also die Europäische Union, so wie wir sie heute kennen, ist eindeutig die Leistung von christdemokratischen Politikern oder zumindest christdemokratisch inspirierten Politikern", sagt der an der Princeton University lehrende Politikwissenschaftler Jan Werner Müller. Doch Müller sieht in der Kanzlerschaft Merkels einen Endpunkt christdemokratischer Europapolitik erreicht. Der Niedergang der italienischen Christdemokratie, das lange Erdulden Viktor Orbans in der christdemokratischen Parteienfamilie EVP, der Pragmatismus Merkels stünden für einen neuen, anderen Geist der europäischen Christdemokratie.
"Da war vielleicht wirklich Helmut Kohl der letzte grundsätzlich überzeugte Europäer, für den Christdemokratie, aber natürlich auch andere Gründe, auch historische Erfahrungen eine wichtige Rolle gespielt haben, dass er etwas so – wie wir ja auch heute besonders wissen – Riskantes wie den Euro noch gewagt hat. Solche Risiken gehen die heutigen Christdemokraten, glaube ich, bei weitem nicht mehr ein. Sie haben sich in vieler Hinsicht mit dem Nationalstaat eigentlich versöhnt oder vielleicht sogar angefreundet."
Merkels anderer Blick auf Europa
Hat auch die CDU unter Angela Merkel ihre europäische Seele verloren? Zumindest hatte Merkel einen anderen Blick auf Europa als ihre Vorgänger.
"Für den Helmut Kohl war das aus seiner Generation und aus dem Rheinland raus in der Pfalz auch eine Glaubens- und eine Herzensfrage. Während Angela Merkel sich das alles verstandesmäßig erarbeitet hat", sagt Elmar Brok, bis 2019 Mitglied im Europaparlament, bis heute eine graue Eminenz der christdemokratischen Europapolitik.
"Ja also ich habe mich öfters mit der Frage beschäftigt, weil man das auch dauernd las, dass sie aus Ostdeutschland wie wir damals sagten und auch am Anfang nach der deutschen Wiedervereinigung immer wieder in dem wir die Geographie überbewerteten genannt haben", erinnert sich Jean-Claude Juncker, der ehemalige Kommissionspräsident, auch eine der prägenden Persönlichkeiten christdemokratischer Europapolitik.
"Sie hat eigentlich nie den Eindruck gegeben, nur aus ostdeutscher Perspektive heraus die Dinge zu bewerten. Sie hat natürlich ein besonderes Verhältnis zu den mittel- und osteuropäischen Staaten entwickelt: Polen, Tschechien und andere. Aber das hat sie nie überbetont. Manchmal, wenn Orban beispielsweise sagt, die Europäische Union wäre wie die Sowjetunion, dann hat sie gesagt: ‚Ich bin in einer Diktatur großgeworden, an der Berliner Mauer hörten alle meine Wege auf, ich verbiete mir diese simplen, unvernünftigen, beleidigenden Vergleiche.‘ Da war sie dann diejenige, die aus dem Osten kann."
Koalitionen der Willigen, um Europa voranzubringen
Divergierende Interessen und ideologische Gräben zu überwinden, bestimmt Angela Merkels Handeln auf EU-Gipfeln: Begründet wurde es auf der europäischen Bühne durch das Scheitern des europäischen Verfassungsvertrages kurz vor Beginn ihrer ersten Amtszeit. Nachdem der Entwurf in Referenden in Frankreich und den Niederlanden in der ersten Jahreshälfte 2005 durchgefallen ist, übernimmt Merkel Anfang 2007 die Ratspräsidentschaft und handelt den Vertrag von Lissabon als Ersatz für die große Verfassungsreform aus. Merkel setzt seitdem immer wieder auf die Zusammenarbeit von einzelnen Staatengruppen, Koalitionen der Willigen, die Europa effektiv voranbringen sollen.
"Es hat sich jetzt herausgestellt, dass zumindest die Eurozone weitaus enger zusammenarbeiten muss. Wir tun dies im Augenblick sehr häufig auf intergouvernementaler Grundlage wie zum Beispiel beim Fiskalpakt. Auch bei der Bankenunion kann man ohne Vertragsänderungen bestimmte Schritte nicht gehen. Aber ich sage ausdrücklich: Deutschland ist zur Fortentwicklung der Verträge bereit."
Intergouvernementale Methode
In einer der wenigen Reden, die Einblick in das Verfassungsdenken und Grundverständnis der Kanzlerin geben, wirbt Merkel vor Absolventen des Europakollegs in Brügge für diese intergouvernementale Methode, in der Regierungen einzelner Mitgliedsstaaten zu den Motoren der europäischen Weiterentwicklung werden. Die Gemeinschaftsinstitutionen – Kommission, Rat und Parlament – bleiben dabei weitgehend außen vor. Auch christdemokratische Europapolitiker wie Elmar Brok aber sehen diesen Regierungsstil Merkels kritisch.
"Bei Kohl war ja auch alles Schengen. Auch wenn man alles intergouvernemental machte, war das immer nur die Vorstufe es zur Gemeinschaftssache zu machen. Das ist bei ihr nicht so ausgeprägt und darüber haben wir oft gestritten. Das sind unterschiedliche Ansatzpunkte."
Auch Jean-Claude Juncker hat immer wieder die Erfahrung gemacht, dass er seinen Platz im europäischen Machtgefüge gegen Merkel behaupten muss.
"Der Kommissionspräsident ist die zentrale Figur", sagt Juncker. Dieser Anspruch aber rieb sich in der Praxis immer wieder an dem Selbstverständnis der Kanzlerin.
"Sie ist ein Wanderer zwischen zwei institutionellen Welten und zwei institutionellen Wirklichkeiten. Sie ist aber gleichzeitig Anhänger europäischer Entscheidungsfindungen, die sich nicht am intergouvernementalen Kontext orientieren. Sie haben das Wort situationsbedingt gebraucht. Ich glaube das ist nicht falsch. Wobei sie aber dem europäischen Weg letztendlich immer die Vorfahrt eingeräumt hat."
Corona änderte Merkels Agenda
Dass der Europäische Rat während Merkels Amtszeit an Einfluss gewonnen hat, sei jedoch auf den Dauerkrisen-Modus Europas im letzten Jahrzehnt zurückzuführen, sagt der Politologe Varwick. Er verdeutlicht aber auch:
"Dem hat Angela Merkel nichts entgegengesetzt, sondern hat sich diesem Trend gewissermaßen gefügt. Aber sie war, glaube ich, nicht Verursacherin dieses Trends, sondern das lag an der Krisenlage, in der Europa war und ist."
Und so hat es eine grundlegende Reform der europäischen Institutionen und Abstimmungsverfahren in der Amtszeit Angela Merkels nicht mehr gegeben. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr sollte eigentlich in eine Zukunftskonferenz münden, um die drängenden Fragen nach dem inneren Funktionieren der EU, der Machtverteilung zwischen Nationalstaaten und den Gemeinschaftsinstitutionen zu beantworten. Corona aber änderte die Agenda. Merkel wurde noch einmal zu pragmatisch agierenden Krisenmanagerin und Meisterin der Kompromisse. Die möglicherweise entscheidende Chance, eine grundlegende Reform der EU anzupacken, hatte Merkel nach Auffassung ihrer Kritiker bereits 2017 direkt nach der Bundestagswahl ausgeschlagen.
Ein fataler Fehler der Bundeskanzlerin
Wenige Monate nach seinem Amtsantritt hielt der französische Präsident Emmanuel Macron im September 2017 seine Rede zur Zukunft Europas an der Universität Sorbonne in Paris. Er forderte weitreichende Wirtschafts- und Finanzreformen für die EU, etwa das Amt eines EU-Finanzministers - auch als Antwort auf die europäische Wirtschafts- und Währungskrise der Jahre zuvor. Aus Berlin war ein dröhnendes Schweigen zu vernehmen. Ein fataler Fehler der Bundeskanzlerin, wie es ihr ehemaliger Bundesfinanzminister Peer Steinbrück kritisiert:
"Ich mache ihr massiv zum Vorwurf, dass sie in einer äußerst schwierigen Lage von Europa, nicht erst seit gestern, sondern seit vorgestern, nach den Avancen die Präsident Macron machte mit seiner Rede in Athen, mit seiner Rede in Paris an der Sorbonne, mit einer Rede bei einer Aachener Karls Preisverleihung, mehrere Versuche gemacht hat, eine deutsch-französische Initiative in Gang zu setzen, die substantiell unbeantwortet blieb von Berlin. Vollständig, substantiell unbeantwortet! Und das mache ich ihr massiv zum Vorwurf."
"Das war eine komplizierte Zeit für Angela Merkel", räumt Paul Maurice ein – Experte für die deutsch-französischen Beziehungen. In Paris forscht er am Französischen Institut für internationale Beziehungen IFRI. Erstens habe die damals noch geschäftsführende Bundeskanzlerin ohne neue Regierung kaum auf die Sorbonne-Rede reagieren können.
"Sie ist eher Pragmatikerin"
"Und zweitens waren vielleicht die Vorschläge von Macron ein bisschen zu viel für Deutschland. Er wollte zu viel finanzielle und wirtschaftliche Integration. Und Frau Merkel ist nicht bekannt als eine sehr große Europäerin. Sie hat viel für Europa gemacht, aber sie hat keine große Vision wie Macron. Sie ist eher Pragmatikerin."
Ein Punkt, den der Politologe Johannes Varwick von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg weiter ausführt. Angela Merkel habe auch immer gewusst, welche Visionen unter den EU-Mitgliedern durchsetzbar seien.
"Sie hat das nüchtern betrachtet und das kann man als zu wenig empfinden. Aber man kann es auch als kluge Strategie für das Machbare empfinden und ich neige zu letzterer Interpretation."
Doch sollte sie auch an der Seite Frankreichs eine ihrer roten Linien überschreiten: Inmitten der Corona-Pandemie warb sie im Europäischen Rat und im Rahmen einer deutsch-französischen Initiative dafür, dass die EU-Kommission für die Mitgliedsstaaten Schulden machen darf – um einen Wiederaufbau-Fond, für die von der Corona-Krise getroffenen Staaten, auf den Weg zu bringen. Der Schulden-Mechanismus der Kommission ähnelt dabei Eurobonds – gemeinsame europäische Schulden - gegen die sich die Kanzlerin stets positionierte.
"Eine Revolution auf deutscher Seite"
"Ja, das ist wirklich eine Revolution auf der deutschen Seite", befindet Paul Maurice von IFRI. Der Impuls für europäische Schulden deute allerdings nicht auf ein geändertes Europa-Verständnis der Kanzlerin, sondern vielmehr auf ihr altbewährtes Krisenmanagement in der EU:
"Es ist ein bisschen, was in Frankreich allgemein und was Macron nicht verstanden hat. Es ist eine Methode, die die Interessen der Europäer verteidigen möchte, aber nur, wenn die in einer Krise sind - nicht, um die Zukunft vorzubereiten."
Die Kanzlerin habe, so Daniela Schwarzer, zum Wohle der Bundesrepublik für die Schulden-Kompetenz der EU-Kommission gestimmt.
"Und die Bundesrepublik Deutschland ist das Land in der Europäischen Union, das die größten Abhängigkeiten davon hat, dass der Binnenmarkt offen ist, dass der Euro existiert und dass die europäische Wirtschaft in die Welt hinein offen ist."
Zur Ratifizierung des Wiederaufbau-Fonds musste auch der mehrjährige Finanzrahmen der EU gebilligt werden - samt seinen Bedingungen zur Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten. Ungarn und Polen blockierten den billionenschweren Finanzrahmen im Europäischen Rat. Genau dort verstand Angela Merkel - zu der Zeit Vorsitzende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft – im wochenlangen Konflikt zu vermitteln, um Europas Hilfsprogramm auf den Weg zu bringen – und den Rat als Hort des Kompromisses zu wahren.
Zuletzt jedoch stieß einer ihrer Vermittlungsversuche an Grenzen, als Merkel im Juni mit Macron einen EU-Gipfel mit Russlands Präsident Putin anregte, um den Dialog nach Osteuropa aufrechtzuerhalten. Die Achse Berlin-Paris scheiterte mit ihrem Vorstoß an den anderen europäischen Staats- und Regierungschefs. Auf ihrer Pressekonferenz zum Abschluss des EU-Gipfels im Juni antwortete die Kanzlerin:
"Dass die Dinge von einigen sehr anders gesehen werden, ob nun wir mit dem russischen Präsidenten sprechen oder ob der amerikanische Präsident mit dem russischen Präsidenten spricht, der hat ja auch kein "Belohnungsgespräch" geführt, wenn ich das mal so sagen soll. Das betrübt mich etwas, weil es ja doch zeigt, dass wir untereinander noch nicht so viel Vertrauen haben, wie nötig ist, um einfach zu wissen - trotz guter Diskussion über Russland - dass wir dann dort selbstbewusst und auch klar auftreten können."
"Sie hat mit Nord Stream 2 Europa gespalten"
Ob ein solcher Dialog eine Verhaltensänderung in Putins repressiver, intervenierender und annektierender Politik im In- und Ausland bewirken könne, sei unter den europäischen Staats- und Regierungschefs fraglich gewesen, meint Daniela Schwarzer. Deutlich geworden seien die Widerstände osteuropäischer Mitglieder wie Polen und auch der baltischen Staaten. Für diese hätte die deutsche Russland-Politik der Kanzlerin schon zuvor Fragen aufgeworfen, was Berlins Beziehung zu Moskau anbelangt:
"Nord Stream 2 war aus meiner Sicht der größte strategische Fehler, den sie gemacht hat, weil es Deutschland in eine - je stärker sich die Lage mit Russland zugespitzt hat - in eine wirklich sehr ungute Rolle gebracht hat."
Bei dem politisch umstrittenen Energieprojekt handelt es sich um eine Pipeline durch die Ostsee, die Erdgas aus Russland nach Deutschland liefern soll. Im September wurde Nord Stream 2 nach drei Jahren fertiggestellt. In der EU gibt es die Befürchtung, Europa könne sich mit der Pipeline von Russland wirtschaftlich abhängig machen und dem Land geopolitisch mehr Macht verleihen.
"Sie hat ganz gewiss damit Europa gespalten", ergänzt Johannes Varwick von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur Situation zwischen den europäischen Regierungen.
"Sie ist da nicht blind rein gerannt. Sondern ihr war das so wichtig, dass Sie gewissermaßen trotz des schlechten Verhältnisses zu Russland eine ökonomische Vernetzung über diese Energiefrage aufrechterhält."
"Deutschland ist nach wie vor der mächtigste Staat in der Europäischen Union"
Und dafür sei sie bereit gewesen, sich europäisch zu isolieren und ihre Position durchzuhalten - mit Erfolg. Der Abschied Merkels von der Europäischen Bühne könnte sich auf das institutionelle Gefüge der EU auswirken: Wird der Europäische Rat auch nach ihrem Abschied seine starke Rolle behalten? EU-Expertin Daniela Schwarzer:
"Meiner Ansicht nach wird jedes Machtvakuum von irgendjemandem gefüllt. Und wir haben einen sehr ambitionierten Präsidenten des Europäischen Rats, Herrn Michel. Wir haben Emmanuel Macron, der wiedergewählt werden möchte und die Europäische Ratspräsidentschaft hält im ersten Halbjahr 2022. Und dann ist da auch noch Mario Draghi, der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank, der eine sehr, sehr große europäische Erfahrung hat."
Und dann sei da noch die deutsche Nachfolge von Angela Merkel, die alleine schon aus purem Eigeninteresse eine starke Position unter den EU-Staats- und Regierungschefs anstreben sollte. Denn Deutschland sei an der Union auch mit Blick auf Zukunftsfragen viel gelegen. Wenn es um Europas Lehren aus Afghanistan geht, um Europas Sicherheit und seine Klimapolitik – könnte nicht gerade jetzt das Verhandlungsgeschick der deutschen Kanzlerin dringender denn je gebraucht werden?
"Sie ist jetzt weg. Und die Erfahrung ist weg. Was nicht weg ist, ist das deutsche Gewicht und die deutschen Interessen. Deutschland ist nach wie vor der mächtigste Staat in der Europäischen Union und damit ein zentraler Akteur auf der Weltbühne – und das wird auch unter jedem Kanzler oder jeder Kanzlerin so sein."