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Ende der Steinkohleförderung
Der Letzte räumt das Gift weg

Die Ära der Steinkohleförderung ist in Deutschland zu Ende. Mit den Spätfolgen wie der Entsorgung giftiger Stoffe werden es die Bergbauregionen aber noch lange zu tun haben. Eine RAG-Tochter ist für die Instandsetzung alter, verseuchter Zechengelände wie in Kamp-Lintfort zuständig.

Von Reinhart Brüning |
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    "Ein Giftberg" - das alte Zechengelände in Kamp-Lintfort soll saniert werden (Brüning/ Dradio)
    Von weitem ist auf dem Zechengelände noch alles ganz vertraut: Der bullige Betonförderturm auf der einen Seite und auf der anderen der klassische Förderturm mit dem Stahlgerüst.
    Aus der Nähe bietet sich ein ganz anderes Bild: Dort, wo früher die Lampenstube, die Kohlenwäsche und all die anderen Anlagen des Bergwerks waren, ist jetzt eine riesige Baustelle. Bauarbeiter mit schwerem Gerät schieben Trümmerteile zusammen.
    "Insgesamt die Fläche hat eine Größe von rund 63 Hektar. Sie sehen hier vorne die Hochschule Rhein-Waal, die sich dort angesiedelt hat. In dem Teil sehen sie eine Fläche, die an einen Investor veräußert wurde, der dort ein Kino errichtet. Ein Großteil der Fläche knapp siebzehn Hektar wurden letztes Jahr an die Stadt Kamp-Lintfort veräußert. Eben für die Landesgartenschau, die hier 2020 entstehen wird."
    Sandra Nierfeld arbeitet für die RAG Montanimmobilien. Sie ist dafür zuständig, den Rückbau des Zechengeländes zu organisieren.
    Die Zukunft der Trümmerwüste
    Ihre Firma, die zum Verbund der Ruhrkohle Aktiengesellschaft gehört, hat mehrere Aufgaben zugleich: Projektentwickler, Eigentümer, Dienstleister und Investor. Dabei geht es sowohl um die Grundstücke als auch um die Gebäude des Konzerns, die nicht mehr gebraucht werden. In Kamp-Lintfort soll unter ihrer Regie auch eine Wohnsiedlung entstehen.
    Zurzeit gleicht das Gelände aber eher einer Trümmerwüste, mit Schutthaufen und vielem schwerem Baugerät.
    Es gibt genaue Vorgaben, wie sie das Gelände hinterlassen müssen, erklärt Projektmanagerin Sandra Nierfeld.
    "Das, was Sie hier sehen, läuft alles im Rahmen des Abschluss-Betriebs-Planes. Das heißt, man saniert die Flächen, so dass keine Gefahr mehr für Leib und Leben besteht."
    Und genau das ist auf vielen alten Bergwerksstandorten das Problem: In Kamp-Lintfort sind die schlimmsten Stoffe auf einer Brachfläche. Hier war früher die Kokerei. Die wurde schon in den 80er Jahren abgerissen - aber riechen kann man sie heute noch: Giftstoffe, wie Benzol oder Toluol, verbreiten hier immer noch einen penetrant öligen Geruch, schlimmer als auf einer Tankstelle.
    Früher Kokerei, heute Gifthalde
    Kamp-Lintfort ist eines von 65 Projekten, die die RAG Montanimmobilien derzeit im Ruhrgebiet betreut. Dabei geht es darum, Flächen von etwa 2.000 Hektar zu entwickeln – vieles davon in zentraler Lage. Mit ihren derzeit 247 Angestellten kann die RAG Montanimmobilien aber nur die Steuerung der Projekte übernehmen. Alles Weitere wird deshalb an externe Firmen und Dienstleister vergeben.
    Eine von ihnen ist die Firma geo-id von Bauleiter Stefan Göbel. Er kennt die belasteten Bereiche auf dem Gelände in Kamp-Lintfort ganz genau.
    "Da ist ab 2015 ein umfangreiches Programm gefahren worden. Das heißt, es wurden Bohrungen gemacht, es wurden Baggerschürfe gemacht, es wurden Oberbodenproben genommen, um dann zu bewerten, wo die Bodenverunreinigungen, die bekannt sind, besonders schwerwiegend sind. Und dann hat man sich entschlossen, aufgrund der Größe der Verunreinigung ein Umlagerungsbauwerk zu machen. Das ist dann Gefahrenabwehr."
    Das bedeutet, an der Stelle der alten Kokerei, wo schon das meiste Gift im Boden ist, wird noch zusätzlich ein Giftberg obendrauf geschüttet. Dorthin kommt das belastete Material vom ganzen Gelände.
    Die RAG Montanimmobilien ist an 30 anderen ehemaligen Kokereistandorten ganz ähnlich vorgegangen.
    Landschaftsbauwerk heißt das jetzt
    Sandra Nierfeld und Stefan Göbel besteigen den langgestreckten acht Meter hohen Berg, der mit einer schwarzen Schutzplane abgedeckt ist. Für das Marketing der RAG Montanimmobilien ist auch die Namensgebung wichtig: Der Giftberg wird Landschaftsbauwerk genannt. Er soll im Jahr 2020 zum Flanieren und Aussicht genießen im Zentrum der Gartenschau stehen.
    Unterhalb des Bergs fließt Grundwasser. Das nimmt das Gift auf und strömt weiter in Richtung einer Siedlung. Es muss deshalb vollständig abgepumpt werden und wird dann zu einer Filteranlage geleitet, sagt Stefan Göbel.
    "Diese Anlage sorgt dafür, dass das Grundwasser abgesaugt wird, über Aktivkohle geleitet wird. Das sind die senkrecht stehenden grünen Zylinder. Und dann, wenn es gereinigt ist, wird das dann in die große Goorley, den ehemaligen Bach eingeleitet."
    Im Ruhrgebiet gibt es einen ganze Reihe solcher vergifteter Bergbauflächen. Die RAG Montanimmobilien ist dafür zuständig, überall dort das Grundwasser zu reinigen. Kosten: elf Millionen Euro pro Jahr. Das Geld dafür kommt von der RAG Stiftung, die für die Ewigkeitslasten im Ruhrgebiet zuständig ist. Zumindest diesen Geschäftsbereich der RAG Montanimmobilien GmbH wird es deshalb auf ewig geben.