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Kommentar zur Maskenpflicht
Karl Lauterbach ist in der Pandemie ein Getriebener

Die FDP drängt Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der Corona-Pandemie ein weiteres Mal zum vorzeitigen Handeln, kommentiert Volker Finthammer. Der Mut der Liberalen hat sich ausgezahlt, doch das stimmt nur auf den ersten Blick.

Ein Kommentar von Volker Finthammer |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht mit Maske durch den Raum
Die Maskenpflicht im öffentlichen Fernverkehr soll zum 2. Februar vorzeitig fallen, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach bekannt gab. Damit lenkt Lauterbach ein, um nicht dauerhaft als Bremser dazustehen, meint Volker Finthammer. (dpa / picture alliance / Jörg Carstensen)
Man kann es drehen und wenden wie man will. Aber Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist in der Corona-Pandemie ein Getriebener. Und das nicht etwa, weil die Pandemie neue und unvorhergesehen Volten schlagen würde.
Getrieben wird er vom Koalitionspartner FDP, der Lauterbach auch in diesem Fall wieder zum vorzeitigen Handeln gedrängt hat, obwohl der Mediziner in Ihm nach wie vor zur Fraktion Vorsicht gehört und dem öffentlichen Druck nicht so schnell nachgeben möchte.

Dem politischen Druck kann sich Lauterbach nicht mehr entziehen

Aber dem politischen Druck kann sich der Sozialdemokrat nicht mehr länger entziehen. Zumal auch die SPD nicht unbedingt als Bremser dastehen möchte, wo man doch auch in vielem anderen Fragen nicht so schnell und freimütig wie vor allem der liberale Koalitionspartner ist.
Das Muster zieht sich bereits wie ein roter Faden durch die gemeinsame Zeit in der Koalition. Die FDP drängt unermüdlich und ab einem gewissen Punkt der eher als politisch-taktisch begründet werden muss, lenkt Lauterbach ein, um nicht dauerhaft als Bremser dazustehen.

Erneute Corona-Herbststürme sind ausgeblieben

Das war schon so als der Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann im vergangenen August die Corona-Regeln für Herbst und Winter vorlegten, die bis auf wenige Ausnahmen wie etwa die Maskenpflicht im Fernverkehr die Entscheidungsbefugnis in die Hände der Länder legte und die Kompetenzen des Bundes beschränkten, obwohl Lauterbach das gerne noch anders gesehen hätte.
Die tatsächliche Entwicklung stützte die Haltung der FDP. Erneute Corona-Herbststürme sind ausgeblieben, weshalb die Liberalen bereits zum Jahresende das Aussetzen aller Regeln forderten, zumal auch Virologen wie Christan Drosten erklärt hatten, dass die Pandemie zur Endemie werde und es nach dem Winter keinen Grund mehr für eine übertriebene Vorsicht gebe.

Sind die Masken erst einmal weg, ist es viel schwieriger, sie zurückzuholen

Politisch könnte man meinen: Der Mut der Liberalen hat sich ausgezahlt. Auf den ersten Blick mag das auch stimmen. Allein mit einer neuen Variante deren Entwicklung nach wie vor nicht ganz ausgeschlossen ist, hätte vieles schnell wieder ganz anders aussehen können.
Das ist das Dilemma in dem das Team Vorsicht um Karl Lauterbach steckt. Denn sind die Masken erst einmal weg, ist es viel schwieriger sie zurückzuholen. Und Politisch zahlt sich ein dauerndes hin und her ganz bestimmt nicht aus. Nachgeben schon eher. Das kann man dann noch als Kompromiss verkaufen.
Volker Finthammer
Volker Finthammer
Volker Finthammer, Jahrgang 1963, studierte Politik in Marburg und in Berlin. Nach der Wende erste Radioerfahrungen beim Deutschlandsender Kultur in Ostberlin. Seit 1994 beim Deutschlandradio. Redakteur im Ressort Politik und Hintergrund. Korrespondent im Hauptstadtstudio in Berlin und in Brüssel. CvD in der Chefredaktion von Deutschlandradio Kultur. Seit September 2016 wieder im Hauptstadtstudio in Berlin mit dem Schwerpunkt Wirtschafts- und Sozialpolitik.