Der Komponist Richard Strauss war gar nicht begeistert, als eine Sängerin sich um eine besonders schöne Interpretation seiner Elektra bemühte. Stattdessen bremste er sie: Er habe doch schon alles in der Komposition angelegt. Aber sind Komponisten wirklich die letzte Instanz für die Interpreten?
Vom universellen Künstlertum zum Starkult
Mozart, Mahler, Strawinski dirigierten, Clara Schumann, Paganini oder Liszt spielten ihre Werke selbst. Dieser Universalismus ist heute sehr selten geworden, Künstler wie etwa der Klarinettist Jörg Widmann, der auch komponiert und dirigiert, oder der Dirigent Heinz Holliger, der zugleich Oboist und Komponist ist, sind Ausnahmen. Hochentwickeltes Spezialistentum und der Starkult unserer Zeit lenken das Augenmerk auf die Hochleistungen einzelner Künstler, man muss sich nur die Plakate anschauen: Der Schauwert der Künstlerin oder des Orchesters mit dem großen Namen steht vornean.
Austausch zwischen Komponist und Interpret
Komponisten kennen natürlich die zeitgenössischen Künstler, die ihre Werke spielen könnten. Schon immer hatten viele ihre Interpreten bereits im Kopf, von vielen Arien etwa von Händel oder Mozart weiß man genau, für wen sie geschrieben wurden. Das hohe technische Niveau einzelner Künstler beflügelte die Produktion. So inspirierte der Cellist Mstislaw Rostropowitsch viele Komponisten, Werke für das Instrument Cello zu schreiben. Es gab plötzlich sehr viel Cellostücke, und was damals entstand, ist heute Standard.
Gefühl statt Struktur
Die Frage, ob Komponisten wirkllich die besten Interpreten ihrer eigenen Werke sind, kann man nur mit einem entschiedenen Jein beantworten. Für eine gelungene Interpretation müssen technische Fähigkeiten und Ausdrucksqualität auf sehr hohem Niveau zusammenkommen. Natürlich kann aber ein von seinem Schöpfer gespieltes Werk die Strukturen des Stücks womöglich besser erkennen lassen. Letztlich ist es aber die Vielfalt der Inspirationsquellen, die eine tiefgehende Interpretation ermöglichen, von der das Publikum berührt wird.