Es war der Kampfbegriff der Städtebaudebatten in den 1990er-Jahren schlechthin: Die Traufhöhe, oder Traufkante. Also jenes oft durch Gesimse oder Regenrinnen markierte Ende der Dachfläche, von der der Regen abtraufen kann. Erst mit der aus Italien kommenden Renaissance wurde sie zu einem architektonisch wichtigen Element, im Mittelalter standen die meisten Häuser mit dem Giebel zur Straße. Nun aber wurden die Dächer parallel zur Straße angelegt, der Schönheit wegen, aber auch, um das Abfaulen von Balken zwischen den Giebeln zu verhindern, geschlossene Straßenfronten zu erreichen und nicht zuletzt der Feuerwehr besseren Zugang zu bieten.
Meistens legten die Länge der Feuerwehrleitern auch die Höhe der Traufkanten fest – in Berlin etwa 22 Meter. Damit waren Wohnhäuser zugleich etwas niedriger als das Berliner Schloss, das sich selbstverständlich über sie erheben sollte. In Paris waren es etwa 25 Meter, dank der hohen Mansarddächer, vor denen die Menschen sich drängen konnten, um gerettet zu werden. In Amerika wurde die Regelung der Traufhöhe auch einerseits der Feuerwehr, andererseits dem Markt und den lokalen Gemeinden überlassen. Deswegen ist New York so unterschiedlich hoch bebaut.
Nachteile einheitlicher Traufhöhe
Zum Teil architekturideologischer Debatten wurde die Traufhöhe aber erst in den 1990ern, als der Berliner Senatsbaudirektor sie in direkte Beziehung brachte zu einer von ihm erhofften Renaissance innerstädtisch wohnenden Bürgertums. Tatsächlich orientierte sich sein Vorschlag, die Berliner Traufhöhe von 22 Metern weiterzuführen, aber um zwei Staffelgeschosse zu ergänzen, an Hamburger Vorbildern. Zur Renaissance des Bürgertums kam es nicht, doch Ex-Bausenatsdirektor Hans Stimmann verhinderte mit diesem städtebaulichen Ordnungselement, dass Berlin ausschließlich nach kapitalistischen Gesetzen entwickelt wurde.
Doch hatte die einheitliche Traufhöhe auch ihre Nachteile: Der Pariser Platz oder der Leipziger Platz etwa sind einst mit lebendig bewegten Dachlinien umgeben worden. Heute zeigen die bis genau an die vorgeschriebene Traufkante gehenden Bauten vor allem eins: Die Festlegung eines solchen Schemas führt auch dazu, dass es rabiat ausgenutzt wird.