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Endlich mal erklärt
Was ist ein White Cube?

Klare, helle Räume. Gemälde, die fast mit der Wand verschmelzen und überirdisch rein wirken: Seit der Moderne gilt der weiße, leere Ausstellungsraum vielen als idealer Ort, um Kunst zu zeigen. Der sogenannte White Cube ist inzwischen omnipräsent - aber auch heftig umstritten.

Von Carsten Probst |
Ein Ausstellungsraum gefüllt mit Menschen und mit Zitronenbäumen die aus Holzkisten wachsen.
Kunst vor weißer Wand - Yoko Onos Holzkisten und Zitronenbäume können im White Cube leuchten (Imago / Christian Grube)
Ein sogenannter White Cube ist zunächst einmal nichts anderes als ein leerer Raum mit weißen Wänden, auf oder vor denen dann Kunstwerke platziert werden. Das erscheint uns heute so selbstverständlich, dass man denken könnte, es sei eigentlich irgendwie immer schon so gewesen. Aber noch im 19. Jahrhundert wurden die großen Gemäldegalerien häufig mit farbigen Wandbespannungen ausgestattet, sei es, um bestimmte Farbelemente in Malereien zu betonen, sei es, um eine Gliederung der verschiedenen Abteilungen vorzunehmen. Die kahlen, weißen Ausstellungsräume wurden vermutlich am Ausgang der modernen Avantgarde ersonnen, manche sagen: von Alfred Barr am MoMA in New York, um die Umgebung der Kunst möglichst neutral zu halten, um sie von ihrer Umgebung abzuheben, um ihre Autonomie zu unterstreichen.
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Ideologie der Kunstpräsentation
Das setzte sich auch nicht sofort überall durch, die Moderne war ja sehr erfindungsreich bei neuen Ausstellungsformaten und -räumen. Aber nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde aus dem "White Cube" dann doch eine regelrechte Ideologie der Kunstpräsentation, vor allem im Westen. Der Widerstand gegen den "White Cube" kam eigentlich mit der Institutionenkritik der späten 1950er bis 70er Jahre. Auch die Kritiker konnten sich auf die Moderne beziehen, vor allem Marcel Duchamp und Konzept der Ready Mades und sein Museum im Koffer. Duchamp hatte Kunst im Museum als tot bezeichnet. Aus dieser Perspektive schien nun die flächendeckende Präsentation von modernen Kunst in "White Cubes" nach dem Zweiten Weltkrieg vielen Künstlern so, als wollten die Museen damit eigentlich nur ihre alte Deutungshoheit wieder herstellen, was Kunst sei und was nicht.
Ewiger Stein des Anstoßes
Oder was Kunstautonomie sei und was nicht. Aber viele Künstlerinnen und Künstler deuten ihre Autonomie völlig anders als die Museen, nämlich gleichsam umgekehrt: Nicht als Befreiung von Kontexten, sondern als radikales Sich-Einlassen auf alles, was in Museen gerade nicht als Kunst gilt. Und so wurde daraus, man kann sagen, ein Machtkampf und der museale "White Cube" zu einem ewigen Stein des Anstoßes. Warhol, um mal ein berühmtes Beispiel zu nennen, hat in den 1960er Jahren einen "White Cube" mit Regalen ausgestattet, um dort lauter Dosen mit"Campbell Tomatoe Soup" aufzustellen.
Brian O'Doherty, der irische Theoretiker und Künstler, der mit seinen Essays die Künstlerkritik am "White Cube" ja besonders auf dem Punkt gebracht hatte, der hat in den 1990er Jahren eigentlich fast resigniert genau das festgestellt, dass der "White Cube" offenkundig aller Kritik getrotzt habe.
Kunst im Kontext
Überall finden sich in den Museen und Galerien Kabinette in Form eines "White Cube". Die Alternative dazu kann eigentlich nur ein breiter Bewusstseinswandel sein, der die Museen auch schon erfasst hat: Sie wollen die Kunst mehr und mehr kontextualisieren. Das wird auch die Museumsräume mit der Zeit nachhaltig verändern, und auch ihren Rang. Sie werden auf lange Sicht nicht die entscheidenden Institutionen sein, die bestimmen, was Kunst ist und was nicht.