Besondere Bedeutung bekam das Autorenkino durch die französische Regiebewegung der Nouvelle Vague in den 1950er- und 60er-Jahren. Zum einen, weil deren Begründer – unter anderem François Truffaut, Claude Chabrol und Jean-Luc Godard – stark persönlich geprägte Filme drehten und sich dadurch von ihren Vorgängern absetzten. Zum anderen, weil diese Regisseure, die allesamt auch als Filmkritiker tätig waren, die Regiehandschrift vermeintlicher Filmhandwerker wie Alfred Hitchcock, John Ford oder auch Howard Hawks bewunderten und in ihren Texten analysierten und herausstellten.
Schöpfung und Kontrolle im Doppelpack
Der Autorenfilm ist so alt oder so jung wie das Kino. Letztlich sind schon die um die Jahrhundertwende entstandenen Filme des französischen Kinopioniers Georges Méliès Autorenfilme - jedenfalls im Sinne einer umfassenden kreativen Schöpfung und Kontrolle. Ein Autorenfilmer kann aus fremden Drehbüchern seinen ureigenen visuellen Stil entwickeln - wie Alfred Hitchcock und John Ford. Oder auch mit eigenen Drehbüchern ein filmisches Universum erschaffen - wie François Truffaut und Jean-Luc Godard. Die Grenzen zwischen dem Autorenfilm und dem Nicht-Autorenfilm sind fließend. Dennoch lässt sich der Autorenfilm klar abgrenzen gegenüber Filmen, die weder eine visuelle noch eine erzählerische Handschrift aufweisen.
Entscheidend ist eben diese Handschrift. Und das Vermögen, konventionellen Erzähl- und Genremustern eine ganz eigene Interpretation abzutrotzen. Es mag Tausende von Western geben; aber einem Western von John Ford wohnt immer eine bestimmte Sichtweise inne, eine besondere Art, den Menschen in der Weite der Landschaft zu filmen oder auch erzählerische Klischees zu unterwandern.
Kampfansage an die Vorgänger
Die "Politique des auteurs" der Nouvelle Vague und die Autorentheorie des Neuen Deutschen Films waren immer auch Absetzbewegungen – gegen das in Drehbuchmustern erstarrte französische Kino der 1950er-Jahre oder gegen die Verdrängungsbewegungen des deutschen Nachkriegskinos. Autorenkino bedeutet immer auch eine Kampfansage an die Konventionen der Vorgänger: durch individuelle, radikal persönliche Sichtweisen und Ästhetiken.