Theaterintendanten sind die letzten Alleinherrscher in Betrieben und Verwaltungen der öffentlichen Hand. Sie vereinen große Macht, können über die Künstlerauswahl entscheiden, geben Schauspielern und Sängerinnen Verträge, entscheiden, welche Stücke gespielt werden und wer inszeniert.
Je nach Rechtsform und Trägerschaft des Schauspiel-, Opern- oder Mehrspartenhauses vergibt der Kulturminister oder Kultursenator des Landes oder Stadtstaates bzw. der Kulturreferent einer Stadt den Posten, in dem vor allem ein künstlerisches Profil und Verwaltungsgeschick gefragt sind. Öffentliche Stellen müssen ausgeschrieben werden. Und selbstverständlich halten sich sehr viele für geeignet, einen solchen Posten zu besetzen, die dann ihre Bewerbungsunterlagen schicken.
Nun greift die Bestenauslese. Artikel 33,2 des Grundgesetzes verpflichtet die öffentliche Hand, dass bei der Besetzung solcher Posten ausschließlich auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerberinnen und Bewerber abzustellen ist. Das gilt nicht nur für Intendantenposten, sondern auch für die von Generalmusikdirektoren, Ballettdirektoren, Werkstattleiter - im Grunde also für jeden Posten an einem Theater. Wer ist aber nun der oder die Beste? Und vor allem: Wer entscheidet darüber?
Kontakte knüpfen für eine spätere Intendanz
Weil viele Politiker - auch und gerade Kulturpolitiker - fachfremd sind und sich mit guten Gründen nicht zutrauen, den oder die Beste zuverlässig aus dem Bewerberfeld auszusieben, geben sie diese Aufgabe immer häufiger an Findungskommissionen oder Personalagenturen ab. In den Findungskommissionen sitzen wiederum Vertreter anderer Theater, die jene Personen vorschlagen, die sie aus ihrem Berufsalltag kennen. Frühere Assistenten, ambitionierte Dramaturginnen und Dramaturgen, Regisseurinnen und Regisseure mit Sendungsbewusstsein haben gute Chancen, berücksichtigt zu werden.
Es gilt die Empfehlung des Deutschen Bühnenvereins: "Eine Ausbildung zum Intendanten gibt es nicht. Unabdingbar ist eine gute Kenntnis der Strukturen am Theater und praktische Erfahrung an einem solchen Betrieb. Wer den Beruf des Intendanten anstrebt, sollte frühzeitig auf seine Person aufmerksam machen, entsprechende Kontakte knüpfen und in Führungspositionen arbeiten, um seine Fähigkeiten herausstellen zu können." Um auf das so genannte Intendanten-Karussell zu kommen, hilft es offenbar, in den richtigen Kreisen bekannt zu sein. Denn es gibt zweifellos einen Geschäftsbereich der Findungskommissionen, in denen sich immer wieder dieselben Leute treffen - Intendanten, Dramaturgen, mitunter auch Journalisten, die den Politikern Vorschläge machen.
Einmal Intendant, immer Intendant
Letztlich entscheiden aber die Ministerinnen, Senatoren oder Dezernentinnen - manchmal spricht auch eine Bürgermeisterin ein Machtwort. Wer einmal auf dem Karussell ist, kann in der Regel an einem geeigneten Theater wieder abspringen und muss schon silberne Löffel klauen, um sich für einen Nachfolgeposten unmöglich zu machen. Immer wieder taucht auch erwiesenermaßen unfähiges Führungspersonal an Orten wieder auf, über die man sich nur wundern kann. Misstrauisch wird beäugt, wer den Sprung auf die nächste Stufe, also zum größeren oder renommierteren Haus schafft oder aus vermeintlicher oder tatsächlicher Not auch den vakanten Posten in einem Haus annehmen muss, das kleiner ist, als er oder sie es zuvor leitete.
Paradebeispiel für einen Intendanten, der immer wieder auf dem Karussell auf- und absprang ist Jürgen Flimm. Er fing als Regieassistent in München an, wurde Oberspielleiter in Mannheim, dann Schauspielintendant in Köln, später am Hamburger Thalia-Theater, Leiter der Ruhrtriennale, Leiter der Salzburger Festspiele und schließlich Intendant der Berliner Staatsoper. Seine früheren Assistenten sind inzwischen Intendanten an renommierten Schauspiel- und Opernhäusern. Flimm ist Kölner und da gilt von alters her das Motto: "Man kennt sich, man hilft sich!"