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Endlich mal erklärt
Wer bringt Licht ins Theaterdunkel?

„Es werde Licht! Und das Theater brannte“. Über die Geschichte des Lichts im europäischen Schauspiel von der katastrophenbehafteten Gasbeleuchtung zum modernen computergesteuerten LED-Scheinwerfer.

Von Eberhard Spreng |
Scheinwerferlicht strahlt auf eine dunkle Bühne.
Innovation in der Leuchtmitteltechnik löste auf den Theater- und Opernbühnen eigene ästhetische Moden aus (imago / blickwinkel / M. Gann)
"Was ist denn ein Theaterbau?
Ich weiß es wirklich sehr genau;
Man pfercht das Brennlichste zusammen,
Da stehts denn alsbald in Flammen."
Das schrieb Goethe in einer seiner Xenien über die Theater seiner Zeit. Die wurden tatsächlich oft Opfer der Flammen, denn in ihnen versammelten sich: Bretter, Latten, grobes Leinen, Tüll und anderes leichtes Gewebe, mit Firnis getränktes Papier, Stricke, Kleider, Requisiten. Um Licht in das Theater zu bringen, beleuchtete man mit offenem Kerzenlicht, Talg- und Öllampen. Und all das befand sich in den engen Kulissen der Bühne in unmittelbarer Nähe zu Brennbarem. In diesen Theatern huschten Lampenputzer und Lichtaufstecker gelegentlich auch während der Aufführung möglichst elegant über die Bühne, um niedergebrannte Leuchtmittel zu erneuern oder rußende Talglichter aufzubessern. Die Geschickten von ihnen bekamen für ihre Auftritte Szenenapplaus, andere erntete derbe Beschimpfungen.
Offenes Licht überall
Bei einer Aufführung etwa des Münchner Residenztheaters in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts brannten1.300 offene Flammen. Die Kosten für die brandgefährliche Beleuchtung lastete schwer im Budget der Theatertruppen; manche mussten bis zu vierzig Prozent ihrer Ausgaben fürs Licht bereithalten. Derweil waren Ohnmachten in Theatern nicht selten, nicht weil das Gezeigte so skandalös wäre, sondern weil die offenen Flammen, der Ruß und Rauch dem Publikum den Atem raubten.
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An der desaströsen Statistik der durch die Bühnen- und Theaterbeleuchtung ausgelösten Theaterbrände änderte die Erfindung des Gaslichtes in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wenig. Zwar wurde es nun möglich, in gewissem Ausmaß die Helligkeit von Beleuchtungseffekten aus der Entfernung zu regeln, aber erst die Einführung der elektrischen Bogenlampe änderte die Ästhetik von Dekor, Kostüme und Spiel nachhaltig. Aus der Funzelbeleuchtung rückten Schauspielerinnen und Schauspieler ins helle, kalte Licht des Lichtbogens und aus dem groben, überzeichneten Spiel in feinere Figurenzeichnung.
Unzählige Theaterbrände
Technisch war dies ab der Mitte des 19. Jahrhunderts möglich, aber das Gaslicht blieb noch Jahrzehnte gebräuchlich, bis zu einigen Brandkatastrophen mit Hunderten von Toten: zum Beispiel im Wiener Ringtheater, der Komischen Oper, wo unmittelbar vor dem Beginn der Aufführung von "Hoffmanns Erzählungen" im Dezember 1881 eine Flamme auf einen Tüllhänger übersprang, wenig später das gesamte Theater in Flammen stand und völlig ausbrannte. Knapp 400 Tote meldeten die Behörden, andere sprachen von rund eintausend Todesopfern. Ein Chronist hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 460 Theaterbrände innerhalb der letzten hundert Jahre gezählt. Es dauerte noch bis 1910, bis das Gaslicht per Gesetz verboten wurde. Die Bühnen werden in dem gerne als das "Jahrhundert der Theaterregie" bezeichneten 20. Jahrhundert elektrisch beleuchtet. Diese Technik erlaubt genauere Kontrolle über die Lichtcharakteristik jedes einzelnen Scheinwerfers. Jede Innovation in der Leuchtmitteltechnik löste auf den Theater- und Opernbühnen eigene ästhetische Moden aus. So übernahmen die Theater der 1980er-Jahre vom Film die HMI-Scheinwerfer mit ihrer hohen Lichtausbeute und dem tageslichtähnlichen Spektrum. Und pfiffige Techniker lösten das knifflige Problem der Regelung dieser Scheinwerfer ebenso wie die von Leuchtstoffröhren. In der Kombination gelangen flächig ebenmäßige Grundstimmungen mit scharf hineingeworfenen Lichtkegeln und harten Schatten. Bilder wie im Kino oder fotorealistisch anmutende Nachtlandschaften, hingehauchte Dämmerungen, hyperrealistische Interieurs.
Lichtgestaltung wird zum Beruf
Der traditionelle Beleuchtungsmeister bekam nun den Lichtdesigner an die Seite gestellt, hochbezahlte Künstler mit eigenen Handschriften und Stilen, die quer über den Globus für Hochglanzproduktionen engagiert wurden. Schon längst liefen alle Fäden der Lichtgestaltung im digitalen Lichtmischpult zusammen. Auch die LED-Technik setzt sich im Theater immer mehr durch: Bis zu motorisierten Scheinwerfern, "Moving Heads", die ihre Richtung, Lichtfarbe, Stärke und Charakteristik während der Aufführung beliebig ändern können. Und doch ist die Voraussetzung für all das, dass die Bühne selbst ein schwarzer Kasten ist. Ein inszenierender Autor sagte einmal, er schreibe mit dem schwarzen Stift auf weißes Papier und dann mit dem Licht des Scheinwerfers ins Dunkel der Bühne.