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Endlich mal erklärt
Wie entsteht Angst im Kino?

"Der weiße Hai", "Alien", "Die Vögel" - die Liste von Filmen, die bei vielen Menschen Angst erzeugen, ist lang. Aber was genau erschreckt uns daran? Wie kreiert man im Kino jene Stimmung, die das Blut in den Adern gefrieren lässt? Und wann wird man den Schreck wieder los?

Von Katja Nicodemus |
Eine Szene aus dem Film "Alien" von Ridley Scott
Das Fremde macht sich auf dem Gesicht breit - Alien von Ridley Scott gilt als Klassiker der modernen Horrorfilme (imago / AD)
Ein riesiger Hai versetzt fröhliche badende Menschen in Angst und Schrecken, terrorisiert einen ganzen Küstenabschnitt und richtet ein Blutbad an. "Der weiße Hai" von Steven Spielberg hat nicht nur die Ära des Blockbusterkinos eingeleitet, sondern auch tief sitzende Gefühle mobilisiert. Ganze Generationen von Schwimmern haben sich danach nur noch mit gemischten Gefühlen in tiefere Gewässer getraut. Der Grusel, der Schauer und der Kitzel, den dieser Film wie auch Ridley Scotts "Alien" und Alfred Hitchcock "Die Vögel" erzeugen, liegt daran, dass diese Werke direkt auf unsere Urängste zielen.
Verunsicherung und Aggressivität
Während "Der weiße Hai" und "Alien" Sinnbilder grenzenloser Aggressivität sind, schaffen es Altmeister wie Alfred Hitchcock und Murnau mit ganz anderen Mitteln bei uns Entsetzen und Panik hervorzurufen. Friedrich Wilhelm Murnau beispielsweise durch das expressionistische Spiel von Licht und Schatten in seinem Vampirfilm "Nosferatu". Oder die bodenlose Verunsicherung in Roman Polanskis Horrorfilm "Rosemary’s Baby", in dem man nie erfährt, was genau hinter der Wand, im Appartment der satanistischen Nachbarn vorgeht. Häufig sorgt der Ton für ausdauernden Horror, beispielsweise der hämmernde Soundtrack von John Williams in Steven Spielbergs Meeresmonsterfilm "Der weiße Hai". Und auch die Kameraführung kann Gruseleffekte erzeugen und für einen Gefühlsumschwung sorgen, wenn aus Angst plötzlich blanke Panik wird.
Auf einem aufgeschlagenen Kunstlexikon liegt eine Brille
Spezialwissen der Kultur - Endlich mal erklärt Postdramatik? Dystopie? Keine Ahnung. Jede Kulturszene pflegt ihre Fachausdrücke, weil sie griffig sind und zutreffend. Wir erklären endlich mal die Begriffe der Spezialsprachen und antworten auf Fragen, die man sich vielleicht nicht zu stellen traut. Denn Arroganz war gestern.
Je abstrakter, desto nachhaltiger
Zu den bewährten filmischen Angstmitteln gehört der Suspense, perfektioniert von Alfred Hitchcock: Er beruht darauf, dass wir etwas wissen, was die Hauptfigur noch nicht ahnt: Etwa wenn Tippi Hedren in Hitchcocks Film "Die Vögel" vor einem Schulhaus raucht, während sich hinter ihr unzählige Vögel auf dem Klettergerüst eines Spielplatzes versammeln. Gemeinsam ist den Angstmeistern und Angstmeisterinnen der Kinogeschichte die Mobilisierung unserer Urängste. Je abstrakter die Angst im Kino, je weniger sie zu fassen ist, desto nachhaltiger wird sie uns verfolgen.