Endometriose
Leben und arbeiten mit der chronischen Erkrankung

Endometriose ist eine oft sehr schmerzhafte gynäkologische Erkrankung. Die betroffenen Frauen sind im Alltag und im Arbeitsleben häufig eingeschränkt. Nicht alle Arbeitgeber erkennen das und gehen bewusst damit um.

    Eine Frau sitzt auf der Couch und hält sich den Bauch.
    Viele denken bei Endometriose nur an Bauchschmerzen. Doch die Erkrankung kann den gesamten Körper betreffen und wird deshalb auch als „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet. (picture alliance / PHOTOPQR / LE BIEN PUBLIC / MAXPPP / Emma BUONCRISTIANI)
    Für die allermeisten Frauen gehören Schmerzen zu ihrem Menstruationszyklus dazu. Doch in einigen Fällen sind sie für die Betroffenen kaum auszuhalten. Oft liegt dem eine unentdeckte Endometriose-Erkrankung zu Grunde. Endometriose ist eine gutartige, jedoch chronisch verlaufende Erkrankung mit einer großen Bandbreite an Symptomen.

    Inhalt

    Was ist Endometriose?

    Bei Endometriose wächst Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter. Dieses Gewebe siedelt sich zum Beispiel an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum, am Darm oder Bauchfell an. Endometriose-Gewebe verfügt über die Eigenschaft, prinzipiell an jeder Stelle des Körpers wachsen zu können. In einigen Fällen kann es auch außerhalb des Bauchraumes vorkommen.
    An Endometriose können Mädchen und Frauen erkranken, sowie Personen, die sich nicht als Mädchen oder Frau fühlen, aber mit einer Gebärmutter geboren wurden. In wenigen Einzelfällen wurde Endometriose auch bei Männern im Rahmen einer Prostatakrebs-Behandlung gefunden. Endometriose äußert sich sehr unterschiedlich, deshalb wird sie auch als „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet. Sie ist behandelbar, aber nicht heilbar.

    Wie viele Menschen leiden in Deutschland unter Endometriose?

    Nach Angaben der Endometriose-Vereinigung leiden in Deutschland schätzungsweise acht bis 15 Prozent der Mädchen und Frauen in Deutschland an dieser Erkrankung, bei der eine weitaus höhere Dunkelziffer angenommen wird, wie das Institut der Kassenärztlichen Versorgung klarstellt.
    Bei der Endometriose kommt noch hinzu, dass sie weitgehend unbekannt ist. Es leiden mehr Frauen an einer Endometriose als beispielsweise an Diabetes oder Depressionen, so der Bericht zur Frauengesundheit des Robert Koch Instituts aus dem Jahr 2023.

    Welche Symptome hat man bei einer Endometriose?

    Vordergründig denken viele bei Endometriose nur an Unterleibsschmerzen, die bei der Regelblutung auftreten. Aber: „Endometriose betrifft einfach den gesamten Körper und jede Person, die betroffen ist, individuell“, sagt Regina Herzberg von der Endometriose-Vereinigung, dem bundesweiten Selbsthilfe-Dachverband. Bei den Symptomen sei die Bandbreite daher groß.
    Zu den weiteren Symptomen gehören:
    • Rückenschmerzen
    • psychische Auswirkungen,
    • Verdauungsprobleme,
    • starke, krampfartige Schmerzen im Unterleib, nicht nur bei der Regelblutung, sondern auch an anderen Stellen im Zyklus
    • periodenunabhängige Unterbauchschmerzen
    • Zwischenblutungen und starke Menstruation
    • Schmerzen bei der vaginalen Penetration oder danach
    • Schmerzen bei gynäkologischen Untersuchungen
    • Schmerzen beim Stuhlgang und/oder Urinieren
    • zyklische Blutungen aus Darm und/oder Blase
    • Übelkeit und Erbrechen
    • Blähungen, Durchfall, Verstopfung
    Verbunden mit diesen Symptomen können sein:
    • Müdigkeit, Erschöpfung und Fatigue
    • vermehrtes Auftreten von Allergien und anderen Autoimmunerkrankungen
    • erhöhte Infektanfälligkeit während der Menstruation
    Auch eingeschränkte Fruchtbarkeit kann eine Folge von Endometriose sein. Die Studienlage dazu ist nicht ganz eindeutig, doch es ist davon auszugehen, dass bei vielen Betroffenen der Kinderwunsch unerfüllt bleiben könnte.

    Warum bleibt diese gynäkologische Erkrankung oft unerkannt?

    Der Organisationspsychologe Alexander Zill von der Hochschule Mittweida hat dazu geforscht. Dass die Krankheit noch nicht in dem Maße untersucht worden ist, wie andere Erkrankungen, liege auch daran, dass Menstruation, die mit dem Thema Endometriose eng verknüpft ist, immer noch ein Tabuthema sei.
    Außerdem bestehe eine „extrem große Versorgungslücke“, so Sylvia Mechsner, Professorin und Spezialistin für Endometriose an der Charité Berlin. Die gesicherte Diagnose erfolge grundsätzlich viel zu spät - mit einer Verzögerung von fast zehn Jahren.
    Relativ neu ist die Möglichkeit Endometriose mithilfe eines Speicheltests zu diagnostizieren. Diese Methode wird von einigen Ärztinnen in Zusammenarbeit mit einem Labor angeboten. 

    Wie kann man Endometriose behandeln?

    Manche Betroffene haben keine Beschwerden und auch keinen Behandlungsbedarf. Das trifft jedoch nicht auf alle zu. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen muss von einem dauerhaften Therapiebedarf ausgegangen werden.
    Grundsätzlich gibt es laut Endometriose-Vereinigung zwei Hauptansätze zur Behandlung: medikamentöse Therapien und operative Eingriffe. Endometriose hat eine hohe Rückfallrate, was bedeutet, dass nach der operativen Entfernung der Endometrioseherde neue Herde entstehen können. Dennoch bedeutet dies nicht, dass Betroffene machtlos sind. Es stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, um die Symptome zu lindern.
    Die Auswahl eines geeigneten Arztes oder einer geeigneten Ärztin ist in jedem Fall ein wichtiger Aspekt der Behandlung. In Deutschland gibt es etwa 100 auf die Behandlung von Endometriose spezialisierte medizinische Einrichtungen – darunter auch spezialisierte Kinderwunschzentren und Reha-Kliniken.

    Welche Maßnahmen können Arbeitgeber ergreifen, um Betroffenen zu helfen?

    Diese Krankheit kann das Leben betroffener Personen ganz grundlegend beeinträchtigen. Viele Betroffene kämpfen sich im Berufsleben auf eigene Faust durch, wie die Auswertungen von Organisationspsychologe Alexander Zill von der Hochschule Mittweida zeigen. Die Befragten setzen auf Schmerzmittel, nutzen ihre Urlaubstage, erholen sich so gut es geht am Wochenende: „Präsentismus“ ist der Fachbegriff für diese große, aber nicht gesunde Leistungsbereitschaft.
    Regina Herzberg von der Endometriose-Vereinigung sagt: Es gebe Möglichkeiten, um zu verhindern, dass sich Betroffene krankschreiben lassen müssen und ausfallen. Ein ergonomischer Arbeitsplatz könne dazu beitragen, Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten.
    Noch sind es wenige Unternehmen in Deutschland, die das Thema aktiv angehen und die – am besten in enger Abstimmung mit den Betroffenen - Lösungen entwickeln. Unternehmen, die in dieser Frage weiterkommen wollen, können sich von der Endometriose-Vereinigung beraten lassen.

    Welche Maßnahmen kann die Politik ergreifen?

    Mittlerweile wird Endometriose auch von der deutschen Politik stärker wahrgenommen. Das Bundesforschungsministerium hat sechs Millionen Euro bereitgestellt. Bis 2027 soll gezielt für eine bessere Prävention, Diagnostik und Therapie geforscht werden.
    Aber auch Aufklärung ist wichtig: Sylvia Mechsner, die Expertin der Charité in Berlin setzt dabei auch auf Selbsthilfe und das so wichtige Selbstmanagement bei Verdacht auf Endometriose.
    Mit einem digitalen Tool, der so genannten „Endo-App“, die über den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses, realisiert wird, sollen User selbst Angaben machen können, die schließlich ausgewertet werden. Über die Selbstauskünfte der jungen Frauen könnten dann individuelle Therapiepläne erstellt werden. Und besonders schwere Erkrankungsfälle, die sich auf diesem Weg identifizieren lassen, sollen in die spezialisierten Endometriose-Zentren eingeladen und dort weiterbehandelt werden.
    Quelle: Katrin Sanders, Endometriose-Vereinigung, dh