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Energetische Sanierung
Forderung nach sozialverträglicher Energiewende

Privathaushalte sind für rund 20 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Deswegen spielen sie auch bei der Energiewende eine Rolle. Der Deutsche Mieterbund und der Verband der Hausbesitzer sind mit den Rahmenbedingungen der energetischen Sanierung unzufrieden.

Von Dieter Nürnberger |
    In der Tat traten hier heute Vormittag erstmals zwei Verbände gemeinsam vor die Presse, die sonst eher gegensätzliche Positionen vertreten. Das ist natürlich ein Hinweis darauf, dass beide Verbände mit dem derzeitigen Tempo bei der energetischen Sanierung nicht zufrieden sind, auch nicht mit einem Großteil der Rahmenbedingungen. Zudem sehen beide Verbände Verbesserungsbedarf bei den Passagen, die zum Thema im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und der SPD ausgehandelt und niedergeschrieben wurden.
    Beide - und das wurde gleich mehrmals betont - wollen ein zügiges Vorankommen bei der energetischen Sanierung. Der Sektor der Wohnungen und die damit verbundenen Einsparpotentiale wurden ja von der Politik in der Vergangenheit oft als "schlafender Riese" bezeichnet. Einsparungen von rund einem Fünftel der Energie für Heizung und Warmwasser werden hier prognostiziert.
    Der Mieterbund ist beispielsweise unzufrieden mit der Verteilung der Kosten nach der Sanierung.
    "Wenn Sie eine 70-Quadratmeter-Durchschnittswohnung in Deutschland haben, bei der 200 Euro pro Quadratmeter für die energetische Sanierung aufgewendet werden, dann führt das zu einer theoretischen Mieterhöhung. Ob die auf dem Markt durchsetzbar ist, ist eine andere Frage. Es wäre eine theoretische Mieterhöhung von 130 Euro im Monat. Die Heizkostenersparnis für den Mieter - nach unserer Berechnung - beträgt allerdings höchstens 60 Euro im Monat."
    Das war Franz-Georg Rips, der Präsident des Deutschen Mieterbundes. Soll heißen, nicht selten müssten die Mieter dann den Hauptteil der Sanierungskosten zahlen. Die derzeit geltende Rechtslage sieht die Möglichkeit vor, die Jahresmiete dauerhaft um bis zu elf Prozent der Modernisierungskosten zu erhöhen. Im Koalitionsvertrag soll dieser Wert nun auf zehn Prozent gesenkt werden.
    Kritik an der Verteilung der Kosten
    Die Kritik am Status quo betrifft derzeit vor allem die Verteilung der Kosten. So kritisiert Haus und Grund beispielsweise die derzeitigen Förderrichtlinien der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) - hier können Eigentümer bei bestimmten Maßnahmen ja finanzielle Unterstützung erhalten. Rolf Kornemann, der Präsident von Haus und Grund, sieht diese Richtlinien aber als nicht sehr hilfreich an.
    "Wenn Sie einen durchschnittlichen Energieverbrauch von 200 Kilowattstunden haben und vollziehen dann eine energetische Modernisierung, führen diesen Verbrauch zurück auf 140 Kilowattstunden - wird dies staatlicherseits nicht gefördert. Mit der paradoxen Situation: Wenn Sie einen Verbrauch von 120 haben und kommen nach der Modernisierung auf 114 Kilowattstunden, dann bekommen Sie eine staatliche Förderung. Deshalb muss die energetische Sanierung umgestellt werden. Sie muss den wirklichen Endenergieverbrauch im Auge haben."
    Es sei derzeit also möglich, dass bei einer hohen Energieeinsparung keine Förderung gegeben wird, bei einer vergleichsweise kleineren aber sehr wohl.
    Neutralere Gestaltung von Energieberatung
    Ein erster Schritt soll eine neu zu gründende Arbeitsgruppe im Bundesumweltministerium sein, an der alle wesentlichen Akteure beteiligt sein sollen.
    Ein weiterer wichtiger Schritt betrifft die einer Sanierungsmaßnahme vorausgehende Energieberatung. Die müsse neutraler gestaltet werden, sagt Kai Warnecke, Hauptgeschäftsführer von Haus und Grund.
    "Derzeit ist es so, dass sich Jeder in Deutschland Energieberater nennen kann. Wir sehen somit bei vielen Handwerkszweigen den Hang dazu, ein Geschäft dadurch zu entwickeln, dass man sich selbst erstmal Energieberater nennt. Das führt dann oft dazu, dass das jeweilige Gewerbe natürlich genau die Leistung anbietet, die es im Anschluss auch gerne verkaufen möchte."
    Zudem haben beide Verbände auch noch ein anderes gemeinsames Ziel: Neben bereits vorhandenen staatlichen Zuschüssen und den zinsverbilligten Darlehen der KfW soll es künftig eine steuerliche Förderung geben. Mehr Geld also für die energetische Sanierung, damit die Maßnahmen künftig schneller vonstattengehen können.