Erhard Lehmann steht inmitten seiner Kamerunschafe und tätschelt ihnen das Fell. Die Tiere sind zutraulich, sie schnuppern ein bisschen an dem 63-Jährigen, dann spazieren sie Richtung Stall. Lehmann hebt den Blick, zeigt auf Wiesen und Felder hinter seinem Garten:
"Das ist eigentlich meine Heimat, wo ich geboren bin. Ein Haus kann ich mir überall aufbauen. Aber Heimat ist dort, wo man groß geworden ist."
Die Heimat von Erhard Lehmann ist Proschim, ein 300-Seelen-Dorf in der brandenburgischen Lausitz. Hier wurde er geboren, 1951. Es gibt eine kleine Kirche, eine alte Mühle, rote Backsteinhäuser. Und ein großes Schild am Ortseingang: "Partner der Region - Vattenfall", steht da drauf.
Braunkohle-Förderung in Welzow-Süd soll bis 2026 ausgebaut werden
Nur wenige Kilometer vom beschaulichen Proschim entfernt graben die Bagger nach Braunkohle. Welzow-Süd heißt der Tagebau hier, er gehört zu den fünf Abbaugebieten, die der schwedische Energieriese in der Lausitz betreibt. 63,6 Millionen Tonnen Braunkohle hat Vattenfall im vergangenen Jahr aus seinen Lausitzer Tagebauen geholt. Und so wird es wohl auch in den kommenden Jahren weitergehen, denn das Unternehmen will die Braunkohle-Förderung in Zukunft noch ausbauen. Von 2026 an sollen im neuen Tagebau Welzow-Süd II insgesamt rund 200 Millionen Tonnen des fossilen Brennstoffs gefördert werden. Erhard Lehmann schüttelt den Kopf:
"Wenn der Bergbau kommt, ist die Heimat weg. Gibt es nicht mehr. Man kann nie mehr dahin fahren, wo man mal groß geworden ist."
Anfang Juni hatte die rot-rote Landesregierung in Potsdam den Weg frei gemacht für mehr Braunkohleförderung, sie erließ den sogenannten Braunkohleplan - gegen alle Widerstände, vor allem von Umweltschutzorganisationen. Doch auch für die Bundesregierung ist die Braunkohle-Verstromung eine Brückentechnologie auf dem Weg hin zu einer erfolgreichen Energiewende. Was paradox anmutet, denn eigentlich will die schwarz-rote Koalition in Berlin die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 Prozent senken im Vergleich zu 1990.
Drohende Umsiedlung in Brandenburg
In Brandenburg droht nun rund 800 Menschen die Umsiedlung, drei Dörfer müssen wahrscheinlich der Kohle weichen - auch Proschim. Erhard Lehmann streicht sich durchs wellige, ergraute Haar. Früher hat der Rentner selbst im Tagebau als Bergmann gearbeitet, 26 Jahre lang. Dann wurde ihm gekündigt; seiner Meinung nach, weil er sich weigerte, einer Umsiedlung Proschims zuzustimmen:
"Es muss kein Bergbau mehr sein. Es ist ja hier wirklich Tagebau an Tagebau. Man muss doch mal ein Stückchen von der Lausitz erhalten. Nach uns die Sintflut. Hauptsache, wir haben noch genug, unsere Taschen sind voll. Und dann ist gut. Man weiß, dass es daran liegt, an dem Kohlendioxid, den man ausstößt. Man macht trotzdem weiter. Und wir Deutschen könnten es. Wir könnten den Klimaschutz schaffen. Wir haben die Technik dazu."
Der Tagebau in Welzow. Von der riesigen Förderbrücke dringt der Lärm hinauf bis zum neuen Aussichtspunkt. Hier oben steht Thoralf Schirmer und blickt auf eine Mondlandschaft. Kein Baum, kein Strauch, nur Geröll. So könnte es in einigen Jahren auch in Proschim aussehen. Seit 1966 wird in Welzow Braunkohle gefördert, rund 20 Millionen Tonnen im Jahr. Schirmer ist in der Lausitz aufgewachsen - und bei Vattenfall für die Kommunikation zuständig. Er soll den Menschen vermitteln, warum ein Brennstoff von gestern in der Lausitz immer noch Zukunft bedeutet:
"Uns ist auch bewusst, dass man Heimat in diesem Sinne nicht ersetzen kann. Und es ist am Ende immer eine Abwägung, die getroffen werden muss zwischen diesem Interesse, seine Heimat zu behalten, und einem allgemeinen Interesse, das möglicherweise stärker wiegt. Das heißt, wenn Sie preiswerten Strom haben wollen, wenn Sie sicheren Strom zur Verfügung haben wollen, der auch die Energiewende begleiten kann und das sicher tun kann, dann kommen Sie an der Braunkohle nicht vorbei. Die haben Sie im eigenen Land, die ist preiswert zur Verfügung."
Fünf der zehn schädlichsten Anlagen stehen in Deutschland
Preiswert vielleicht, aber nicht gerade sauber, sagen Kritiker. Immerhin stammen rund 20 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland aus Braunkohlekraftwerken. Laut einer Auswertung der EU-Kommission sind unter den zehn klimaschädlichsten Anlagen in Europa allein fünf deutsche Braunkohlekraftwerke. Nach Untersuchungen des Umweltbundesamts steigen die Treibhausgasemissionen in Deutschland wieder an, im vergangenen Jahr um 1,2 Prozent. Halte dieser Trend zum Kohlestrom an, werde Deutschland seine selbst gesteckten Klimaziele verfehlen, so die Fachleute des Umweltbundesamts.
Die Stromproduktion aus Braunkohle kletterte im vergangenen Jahr auf den höchsten Wert seit der Wende: Mit mehr als 162 Milliarden Kilowattstunden wurde über Braunkohle-Kraftwerke fast so viel Strom erzeugt wie 1990, als noch viele DDR-Kraftwerke am Netz waren. Als Energierohstoff macht die Braunkohle laut Vattenfall ein Viertel der deutschen Energieversorgung aus. Unternehmenssprecher Thoralf Schirmer:
"Die Braunkohle ist ja ein heimischer Energieträger. Das heißt, die ist unabhängig von Importpreisen auf dem Rohstoffmarkt. Das macht sie natürlich preiswert nutzbar im eigenen Land. Das haben Sie bei Gas nicht. Deswegen ist diese ganze Diskussion: Ersetzen wir doch die Braunkohle einfach mal durch Gas, für mich relativ theoretisch und vor dem wirtschaftlichen Hintergrund nicht darstellbar und nicht umsetzbar im Augenblick."
Wolfgang Rupieper kann dem nur zustimmen. Der pensionierte Jurist sitzt in seinem Büro in Cottbus, zwischen Kartons voller Flyer und Broschüren. An der Wand lehnt ein großes Panorama-Foto vom Tagebau in Welzow. Rupieper ist Vorsitzender des Vereins "Pro Lausitzer Braunkohle", der vor knapp drei Jahren gegründet wurde und in dem auch Vattenfall Fördermitglied ist. Eine starke Lobby für die Erweiterung der Tagebaue in der Lausitz. Wolfgang Rupieper:
"Wir wollen nicht, dass die Braunkohle verteufelt wird. Wir wollen sachlich darüber reden und wollen insofern alle an einen Tisch bringen, dass wir sehen, was ist im Rahmen der Klimawende in welchem Zeitrahmen, mit welchen Techniken vernünftig machbar. Es nützt nichts, wenn wir diese drei Kraftwerke hier in der Lausitz abschalten. Dann wird der CO2-Ausstoß, wenn er weltweit betrachtet wird, nur um einen ganz geringfügigen Teil reduziert. Das nützt aber für das gesamte Weltklima wenig."
"Es sind gut bezahlte Arbeitsplätze, sichere Arbeitsplätze."
Ein schneller Ausstieg aus der Braunkohle wäre für die strukturschwache Lausitz zudem wirtschaftlich eine Katastrophe, glaubt Rupieper. Es gebe bislang keinen Plan B für die Region:
"Die Wertschöpfung aus der Braunkohle, die kann noch über 200 Jahre erfolgen. Das heißt, sie gibt hier nicht nur den Lausitzern, sondern den Menschen in Brandenburg insgesamt eine Lebensgrundlage. Es sind gut bezahlte Arbeitsplätze, sichere Arbeitsplätze. Und die Lausitz würde, ich sage es mal ganz, ganz plastisch, die Lausitz würde dann ein Revier für Wölfe werden."
Ausstieg aus der Braunkohle-Förderung möglich?
Weitermachen mit der Braunkohle - ja oder nein? Auch die Wissenschaft ist sich hier alles andere als einig. Georg Erdmann ist Professor für "Energiesysteme" an der Technischen Universität Berlin und Mitglied der "Unabhängigen Expertenkommission der Bundesregierung zur wissenschaftlichen Begleitung der Energiewende". Im vergangenen Jahr hatte der Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler im Auftrag der brandenburgischen Landesregierung ein Gutachten zum Ausbau des Tagebaus in Welzow erstellt. Sein Fazit: Strom aus Braunkohle wird auch nach 2030 in Deutschland noch gebraucht, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten:
"Wir möchten die CO2-Emissionen reduzieren, wir möchten den Kernenergie-Ausstieg. Das Ganze soll aber bezahlbar bleiben, das Ganze soll versorgungssicher sein. Was wäre die günstigste Alternative? Die Alternative wäre, dass man neue Gaskraftwerke baut. Momentan sind die Gaspreise viel zu hoch, als dass so etwas wirtschaftlich wäre."
Gleichzeitig aus der Kernenergie und der Braunkohle aussteigen - das geht nicht, davon ist der Professor der Technischen Universität Berlin überzeugt. Ein Energieversorgungssystem lasse sich nicht von heute auf morgen umbauen. Der Anfang mit den Erneuerbaren Energien ist gemacht, so Erdmann, für eine flächendeckende Stromversorgung im Industrieland Deutschland reiche das aber bei Weitem noch nicht:
"Wir müssen immer bedenken, wir haben jetzt seit etwa 15 Jahren das EEG, und in 15 Jahren haben wir 25 Prozent Anteil der Erneuerbaren Energien. Das heißt, man kann nicht über Nacht die komplette fossile Energieversorgung ersetzen."
EEG birgt keine Nachteile für Braunkohle-Industrie
Auch das neue zum 1. August reformierte Erneuerbare Energien-Gesetz wird der Kohle-Industrie keine Nachteile bringen - zumindest erst einmal nicht. Während Privatpersonen und Unternehmen, die selbst Strom erzeugen, erstmals auch die EEG-Umlage bezahlen müssen, bleiben bestehende Anlagen davon ausgenommen, also auch die Braunkohle-Kraftwerke in der Lausitz. Damit solle den Betrieben Investitionssicherheit gegeben werden und Vertrauen in einen stabilen Rechtsrahmen, so das Bundeswirtschaftsministerium.
Für den Energieexperten Erdmann spricht noch ein anderes Argument dafür, sich nicht allzu schnell von der Braunkohle zu verabschieden: Einige der Kraftwerke in der Lausitz sind noch sehr neu. Allein aus wirtschaftlichen Gründen müsse man sie bis ans Ende ihrer technischen Betriebsdauer betreiben, so Erdmann.
Die Braunkohle aus den bereits genehmigten Tagebauen in der Lausitz allerdings reicht voraussichtlich nur bis etwa 2030. Danach könnten die Kohlekraftwerke und Veredelungsbetriebe nicht mehr arbeiten. Das glaubt zumindest der Energie-Experte von der Technischen Universität Berlin. Für Georg Erdmann ist deshalb klar: Die Tagebaue in Welzow und im sächsischen Nochten müssen auf jeden Fall erweitert werden:
"Wenn man diese beiden Tagebaue aufschließt, dann kommt man gerade mengenmäßig hin, unter der Annahme, dass die Braunkohlekraftwerke natürlich effizienter werden, also weniger Braunkohle brauchen im Laufe ihrer Betriebsdauer. Zweitens dass die Braunkohle verdrängt wird durch den Vorrang der Erneuerbaren Energien und ihre Volllaststunden sinken. Und außerdem drittens, dass alte Braunkohlekraftwerke nach Ende ihrer technischen Lebensdauer abgeschaltet werden."
DIW: Erneuerbare Energien halbieren Laufzeiten der Braunkohle-Kraftwerke
Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sehen das allerdings ganz anders. Nach einer Studie, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde, reichen die vorhandenen Braunkohlegruben aus, um die Kraftwerke in der Lausitz bis an ihr Betriebsende mit dem fossilen Brennstoff zu versorgen. Mit dem stetigen Ausbau der Erneuerbaren Energien werde immer weniger Braunkohle benötigt, so das DIW. Das Berliner Institut geht davon aus, dass sich die Laufzeiten der Kraftwerke durch den Zuwachs an Wind- und Solarstrom halbieren. Die geplanten Tagebau-Erweiterungen in der brandenburgischen und sächsischen Lausitz seien deshalb überflüssig, sagt Claudia Kemfert, Energie-Expertin vom DIW:
"Kohlekraftwerke passen nicht in eine nachhaltige Energiewende. Sie produzieren zu viele Treibhausgase und sind auch zu inflexibel. Denn wir brauchen ja bei Schwankungen durch die Erneuerbaren Energien Kraftwerke, die leicht hoch und runter gefahren werden können, die schnell kombinierbar sein können. Das können Kohlekraftwerke nicht. Die rechnen sich nur, wenn sie das ganze Jahr über durchlaufen."
Braunkohle-Befürworter befürchten, dass es ohne Kohle deutliche Engpässe in der Energie- und Stromversorgung in Deutschland geben könnte. Ein Industrieland wie die Bundesrepublik lasse sich nicht nur mit Sonne und Wind versorgen. Der Strompreis würde dann deutlich steigen. Die Kohle dagegen sei als heimischer Rohstoff vergleichsweise billig. Claudia Kemfert widerspricht. Für sie ist das "Lobby-Gerede":
"Die Braunkohle ist ja heute auch nicht billig. Wenn man jetzt alle Kosten mit hineinrechnet, auch für den Naturschutz, für die Klimagefahren, ist sie heute teuer. Und der Vorteil ist ja, dass die erneuerbaren Energien immer billiger werden. Das heißt, die Investitionen, die wir heute tätigen, werden uns noch eine Zeit begleiten, ganz klar, auch das Energiesystem muss ja noch umgebaut werden. Aber dann sind diese Investitionen auch abgeschlossen. Und danach können wir Strom produzieren zu sehr, sehr geringen Kosten."
Reformation des Emissionshandels ist nötig
Parallel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse jedoch auch der Emissionshandel in Europa reformiert werden - und zwar schneller als von der dafür zuständigen Europäischen Kommission geplant. Das Klimaschutzinstrument wurde 2005 eingeführt und gilt als zentrales Element der EU-Klimapolitik.
Die Idee ist einfach: Fabriken und Kraftwerke sollen für den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zahlen und sogenannte Verschmutzungsrechte kaufen. Diese Emissionszertifikate seien im Augenblick aber viel zu billig, bemängelt Claudia Kemfert. Derzeit kostet die Tonne CO2 rund fünf Euro. Für die Wissenschaftlerin steht fest: Dieser Preis muss deutlich steigen, damit es sich lohnt, in Gaskraftwerke zu investieren statt in billige Kohlekraftwerke:
"Im Moment sind die CO2-Preise so niedrig, dass sich auch Braunkohle noch immer rechnet, obwohl die Kraftwerke nicht das ganze Jahr über durchlaufen. Dennoch wird in Braunkohle weiter investiert, und das halte ich für unverantwortlich."
Regierung hält an Braunkohle als Brückentechnologie fest
Auch die Bundesregierung will die Rechte zum CO2-Ausstoß verknappen, damit der Preis der Zertifikate steigt und drängt auf eine schnellere Umsetzung der Reform des Emissionshandels. Zugleich hält die schwarz-rote Koalition in Berlin jedoch an der Kohleverstromung als Brückentechnologie fest. Der Anteil fossiler Energieträger werde zwar immer stärker sinken, betont das Bundeswirtschaftsministerium. Ein zeitgleicher Ausstieg aus Atomkraft und Kohle sei aber im Industrieland Deutschland auf absehbare Zeit nicht möglich.
Dennoch betont die schwarz-rote Regierungskoalition: In Zukunft müsse sich der konventionelle Kraftwerkspark an die Erfordernisse der Energiewende anpassen, denn die nationalen Klimaziele wolle man nicht verfehlen. In welchem Tempo das gehen soll, wann also Braunkohle auf dem deutschen Energiemarkt keine Rolle mehr spielen wird, das bleibt offen.
Braunkohle-Förderung hinterlässt Spuren
Ein großer Garten im sächsischen Örtchen Rohne: Ingo Schuster hält einen Wasserschlauch in der Hand und gießt die Buchenhecke, alte Tannen und den großen Birnbaum:
"Mit der Gießerei klappt das schon, da hält man das schon am Leben. Ohne Gießen auf keinen Fall."
Auch hier, in der sächsischen Lausitz, hinterlässt der Tagebau seine Spuren. Nicht weit entfernt, in Nochten, wird seit den 60er-Jahren Braunkohle abgebaut. Das Grundwasser hat sich dadurch abgesenkt, die Wurzeln selbst der großen alten Bäume und Sträucher reichen nicht mehr heran - deshalb steht Ingo Schuster abends in seinem Garten und gießt.
Jetzt soll der Tagebau noch näher an den Ort rücken. Die Zustimmung der sächsischen Landesregierung für Nochten II hat Vattenfall schon. Das Unternehmen will unter den Dörfern Rohne, Schleife und Mulkwitz rund 310 Millionen Tonnen Kohle fördern - bis 2045. 1.500 Menschen müssten umziehen - auch Kfz-Meister Ingo Schuster:
"Ich gebe den Kampf nicht auf, muss ich so sagen. Für mich ist die Priorität, dass man diesen Bergbauplan einklagt. Ich versuche auf jeden Fall, diesen Wahnsinn erst mal zu stoppen, damit hier dieser Wegzug, diese Devastierung der Dörfer, dass die zerfallen und zerpflückt werden, dass das hier nicht passiert."
Möglicher Wegfall der Braunkohle-Förderung löst Arbeitsplatz-Ängste aus
Viele Menschen in der Region aber befürchten, dass die Lausitz wirtschaftlich am Ende ist, wenn Vattenfall keine Kohle mehr fördert. Das schwedische Unternehmen ist mit Abstand der größte Arbeitgeber in der Region. Rund 25.000 Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt abhängig von der Braunkohle. Protest gibt es wenig. Adrian Rinnert schüttelt den Kopf. Der junge Mann hat die Bürgerinitiative "Strukturwandel jetzt" ins Leben gerufen. Sie fordert eine Alternative für die Lausitz - ohne Kohle.
"Sand und Geröll, was da übrig bleibt. Dann kippen sie an einen Punkt irgendwo ein bisschen Erde hin und pflanzen da ein paar Blümchen drauf und sagen, das ist doch schön. Alle Seen, die wir hier in der Region haben, sind extrem sauer. Die müssen bekalkt werden mit einem unglaublich hohen Aufwand über die nächsten hundert Jahre."
Braunkohlekonzerne kommen nicht langfristig für Umweltschäden auf
Für die Renaturierung nach dem Tagebau ist Vattenfall verantwortlich. Nach Angaben des Konzerns sind seit 1994 rund sieben Millionen Bäume im Lausitzer Revier gepflanzt worden. Doch Widerständler Adrian Rinnert glaubt nicht, dass der schwedische Konzern auch Jahre später noch für nötige Reparaturmaßnahmen aufkommen wird.
Kohlegegner wie Adrian Rinnert und Ingo Schuster wollen eine andere Zukunft für ihre Heimat - mit einer besseren Infrastruktur. Bislang sei alles immer nur auf die Braunkohle ausgerichtet gewesen, sagt der Kfz-Meister Schuster, während er weiter seine Bäume gießt:
"Man muss hoffen, dass die Energiewende schnell genug kommt, damit es nicht mehr notwendig ist. Wenn das Geld nicht mehr verdient wird mit der Kohle und die Kraftwerke immer wieder runtergefahren werden müssen, weil die Alternativenergien mehr anziehen, dann rechnet sich das irgendwann nicht mehr. Und wenn es dann noch dazu kommt, dass die Speichermöglichkeit wirtschaftlich wird und dann diese Grundlast übernimmt, dann ist es nicht mehr notwendig, diese Kohleverstromung."
Das hofft auch Erhard Lehmann im brandenburgischen Proschim. Jeden Tag steht der 63-Jährige draußen bei seinen Schafen und blickt hinaus auf die Wiesen. Das alles soll der Kohle weichen?
"Wir bleiben hier, es gibt nichts anderes. Wir kämpfen weiter!"