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Energie-Experte
Senkung der EEG-Umlage kein dauerhafter Trend

Laut Agora-Energiewende, einer Denkfabrik für den Umbau des Stromsektors, könnte die Umlage für Strom aus erneuerbaren Energien 2018 leicht sinken. Im Endeffekt sei dies aber ein Nullsummenspiel, sagte der Energieexperte Christoph Podewils im Dlf - bereits 2019 könnten die Kosten wieder steigen.

Christoph Podewils im Gespräch mit Susanne Kuhlmann |
    Windräder in einem Baumwollfeld in Colorado City, Texas, USA.
    Die Denkfabrik Agora Energiewende erwartet für 2018 eine Sekung der EEG-Umlage um rund 0,3 Cent pro Kilowattstunde. (imago/imagebroker)
    Susanne Kuhlmann: Minus 0,3 Cent pro Kilowattstunde – die Umlage für Strom aus erneuerbaren Energien könnte im kommenden Jahr leicht sinken. Das prognostiziert jedenfalls Agora-Energiewende, eine Denkfabrik für den Umbau des Stromsektors. Alle Stromkunden zahlen die EEG-Umlage, um die Mehrkosten der Netzbetreiber für Ökostrom auszugleichen. Minus 0,3 Cent pro Kilowattstunde – was heißt das für einen Durchschnittshaushalt? Die Frage geht an Christoph Podewils von Agora-Energiewende. Guten Tag.
    Christoph Podewils: Guten Tag, Frau Kuhlmann.
    Was heißt das für einen Durchschnittshaushalt? Natürlich müssen die Stromverbraucher dann im nächsten Jahr erst mal etwas weniger EEG-Umlage zahlen. Ob es wirklich 0,3 Cent sind oder vielleicht auch nur 0,1 Cent, das werden wir dann am 15. Oktober wissen, weil auch unsere Zahl letztlich nur eine Prognose, eine Schätzung ist. Man kann, wenn man das ausrechnet, an vielen Schrauben drehen und manche Dinge weiß man einfach auch nicht: Wie viel Strom wird im nächsten Jahr verbraucht? Wie wird das Wetter? Das hat alles Einfluss.
    Aber auf Ihre Frage zurückzukommen: Wenn man jetzt nur die EEG-Umlage nimmt, dann können das ungefähr zehn Euro im Jahr für einen Durchschnittshaushalt sein. Die Haushalte können eventuell im nächsten Jahr auch noch mal von etwas gesunkenen Großhandelspreisen profitieren. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, die Netzentgelte werden in vielen Regionen wohl ansteigen. Unterm Strich ist es vielleicht eine Nullsumme. Man weiß es im Moment tatsächlich noch nicht ganz genau. Wir müssen da noch ein paar Wochen warten.
    "Wir kennen natürlich sehr genau den Bestand an Anlagen"
    Kuhlmann: Auf welcher Basis kommen Sie denn zu Ihrer Prognose, dass die Umlage zumindest etwas sinken könnte?
    Podewils: Wir kennen natürlich sehr genau den Bestand an Anlagen. Wir wissen, wie viel Strom die produzieren. Wir wissen auch in etwa, wie viel Strom wird in Deutschland verbraucht. Das sind alles Parameter. Die gehen in ein großes Modell ein und das rechnet dann und spuckt eine Zahl aus. Natürlich sind jetzt in Deutschland nicht auf einmal weniger Anlagen am Netz. Ganz im Gegenteil: Es sind mehr. Aber es gibt so einen Sparstrumpf für die EEG-Umlage. Das ist die sogenannte Liquiditätsreserve. Die steht in diesem Jahr bei mehr als drei Milliarden Euro. Das ist Geld, das zwar vom Stromverbraucher eingenommen wurde, aber noch nicht an die Anlagenbetreiber ausgeschüttet wurde, zum Beispiel weil der Sommer schlecht war. Dieses Geld, das kann man im nächsten Jahr zurückgeben an die Stromverbraucher, und dadurch sinkt dann die EEG-Umlage.
    "Man kann einen Euro nur einmal ausgeben"
    Kuhlmann: Sind das Effekte, die nur für das nächste Jahr, für 2018 gelten, sodass 2019 die Umlage womöglich wieder steigen wird?
    Podewils: Ja, in der Tat. Man kann einen Euro nur einmal ausgeben. Das gilt auch im EEG. Und für 2019 rechnen wir mit einem deutlichen Anstieg der EEG-Umlage. Das kann auf mehr als 7,5 Cent gehen. Ganz genau weiß man das natürlich auch erst im nächsten Jahr. Aber man hat dann diesen Sparstrumpf nicht mehr, man kann nichts mehr an die Verbraucher zurückgeben, und gleichzeitig gehen natürlich auch neue Anlagen ans Netz. Hier sind vor allen Dingen die Windstromanlagen auf See zu nennen. Die sind in der ersten Generation noch sehr teuer in der Stromproduktion. Das schlägt dann 2019 erstmals voll durch. Deswegen muss man da einfach mit einem Anstieg rechnen.
    Eine gute Nachricht ist vielleicht: Man sieht dann von 2019 an auch schon den Gipfel dieses Kostenberges. Der wird so bei 2021, 2023 in der Gegend liegen.
    Kuhlmann: Werden die Stromkunden bis auf Weiteres denn mit diesen Kosten leben müssen?
    Podewils: Das ist eine Frage, die müssten Sie wahrscheinlich der nächsten Bundesregierung stellen, weil tatsächlich bezahlen die Stromkunden ja auch Geld mit der EEG-Umlage, das nicht wirklich für Ökostrom verwendet wurde, sondern das eigentlich für Entwicklungskosten aufgebracht wurde. Nehmen wir mal die Entwicklung der Fotovoltaik. Das war am Anfang sehr teuer. Deutschland hat da einen Großteil der Entwicklungskosten bezahlt. Jetzt ist sie sehr billig, aber wir tragen diesen Rucksack noch ein bisschen mit uns herum.
    Bei Wind-Offshore ist es ähnlich. Auch da hat man in die Technologieentwicklung investieren müssen. Und dann haben wir natürlich Ausnahmen von der EEG-Umlagen-Zahlungspflicht, zum Beispiel für wirklich sehr energieintensive Betriebe. Die zahlen die nämlich nicht. Da kann man sagen, das ist eigentlich Geld, das ist im Staatshaushalt besser aufgehoben und das könnte auch von dort kommen. Da hat die Bundesregierung die Chance, einen Teil des EEG-Kontos künftig aus dem Bundeshaushalt zu füllen und im Gegenzug vielleicht jene Energieträger stärker zu belasten, die das Klima wirklich belasten, die das Klima schädigen – allen voran Öl und Kohle. Da hat man nämlich keine großen Aufschläge und auch keine EEG-Umlage. Die sind sehr billig.
    Im Gegensatz zum Strom, der immer klimafreundlicher wird, sind die klimaschädlichen Energien gerade sehr billig und eigentlich muss es ja genau umgekehrt sein.
    Kuhlmann: Die EEG-Umlage könnte im kommenden Jahr sinken, und warum das keinen Trend nach unten einleitet, das beschrieb Christoph Podewils von Agora-Energiewende. Danke schön.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.