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Energie
Ringen um die Ökostrom-Rabatte

Der amtierende Umweltminister Peter Altmaier erwägt, die Förderung energieintensiver Industriezweige zu begrenzen – und sorgt damit für Unmut in den betroffenen Branchen. Heute warnte beispielsweise die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie davor, die Befreiung von der Erneuerbare-Energien-Umlage (EEG-Umlage) zu streichen.

    Mit der Befreiung sollen die Energiekosten von energieintensiven Unternehmen gesenkt werden, damit diese keinen Nachteil im internationalen Wettbewerb haben. Die betroffenen Unternehmen zahlen weniger für ihren Strom, insgesamt mehrere Milliarden Euro – die privaten Verbraucher aber entsprechend mehr.
    Es müsse darüber geredet werden, „wie wir die Ausnahmen für die Industrie auf diejenigen Unternehmen konzentrieren, die sie am dringendsten brauchen, um ihre Arbeitsplätze zu schützen“, sagte Altmaier im ARD-Morgenmagazin. Es gebe Unternehmen, die müssten 15 Mal so viel Strom aufwenden wie andere, um zum Beispiel bestimmte Metalle herzustellen.
    Noch sei nichts entschieden. Ein Papier aus dem Umweltministerium - das allerdings nicht von Altmaier abgesegnet ist – schlägt aber deutliche Kürzungen vor. Altmaier hatte zudem die SPD zu mehr Kostendisziplin in den Koalitionsverhandlungen aufgefordert. Er wolle keine Vereinbarung, mit der die Kosten für die Ökostromförderung weiter steigen – außer, es gebe anderswo, etwa bei den Industrierabatten, entsprechend hohe Einsparungen.
    Altmaier und Kraft in Brüssel
    Die EU-Kommission stößt sich schon seit längerem an den Ausnahmeregelungen. Diese könnten eine verbotene Staatshilfe sein. Am Nachmittag treffen deswegen Altmaier und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in Brüssel auf Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia, um über die Rabatte zu beraten. Es ist ein informelles Treffen, weshalb nicht mit konkreten Ergebnissen gerechnet wird.
    Die Kommission droht mit einem Verfahren, falls keine Lösung gefunden wird, die mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar ist; Altmaier und Kraft wollen keine Arbeitsplätze durch zu hohe Stromkosten gefährden und die Befreiung deswegen grundsätzlich beibehalten. Der EU-Abgeordnete Werner Langen (CDU) kritisierte das Vorgehen Almunias: „Die Kommission sagt immer, die industrielle Stärke Europas muss gefördert werden. Aber sie macht das Gegenteil“, sagte er im Deutschlandfunk.
    Reform bis Ostern 2014
    Union und SPD planen für den Fall einer großen Koalition ohnehin eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bis Ostern 2014, um den Strompreisanstieg zu bremsen. Darauf hat sich die Arbeitsgruppe Energie mit Altmaier und Kraft an der Spitze bereits am Donnerstag geeinigt.
    Auch die meisten der anderen Arbeitsgruppen tagen heute. Ein kniffliges Thema ist nach wie vor die doppelte Staatsbürgerschaft in der Innen-AG. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bot der SPD heute als Kompromiss an, die Fristen beim sogenannten Optionsmodells zu verlängern: Wer als Kind ausländischer Eltern in Deutschland geboren wird, bekommt bislang zwar die deutsche Staatsbürgerschaft – muss sich aber bis Ende des 23. Lebensjahres zwischen dieser und der seiner Eltern entscheiden. Die Union war bereit, dies auf 30 Jahre zu verlängern, SPD-Verhandlungsführer Thomas Oppermann, lehnte aber umgehend ab: „Das wäre die Verlängerung eines schlechten Zustandes. Darauf können wir uns auf gar keinen Fall einlassen.“