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Energie
Strom aus dem Felsen

Der Forscher Eduard Heindl will einen Kolben aus Fels konstruieren, der Strom langfristig speichern soll. Er soll nicht nur Pumpspeicherwerke in ihrer Leistung ersetzen können. Auch die Kosten pro Kilowattstunde wären bei dieser Speichermethode - zumindest theoretisch - niedriger.

Von Sönke Gäthke |
    Die Zeit der technischen Utopien ist vorbei. Also, die der großen Ideen, wörtlich verstanden - wie etwa 300 Meter hohe Windräder, Staudämme, die ganze Meerengen abriegeln oder Bahnen mit drei Metern Spurweite. Gute Ideen halten sich heute alle an bescheidenere Dimensionen. Fast alle. Eduard Heindls ist eine Ausnahme. Seine Vision: Ein Stromspeicher aus Fels, rund wie ein riesiger Kolben, hundert Meter im Durchmesser, hundert Meter hoch - ein Block, der sich bis zu fünfzig Meter erheben kann, und dabei Energie speichert.
    "Bei kleinen Systemen, in Anführungszeichen, mit hundert Metern Durchmesser, können wir bereits ungefähr 200 Megawattstunden speichern, das ist die Energie, die in der Stadt in einem Tag vielleicht verbraucht wird."
    Zu einem Preis von rund 150 Euro pro Kilowattstunde - was immerhin deutlich unter dem Preis von Lithium-Ionen-Batterien liegt.
    "Wenn wir die Größe um den Faktor zwei erhöhen, also auf zweihundert Meter gehen, dann ist es eine riesige Menge bereits, dann sind wir bei acht Gigawattstunden, und das ist vergleichbar mit dem größten Pumpspeicherwerk in Deutschland."
    Wobei schon allein ein künstlicher See für dieses Pumpspeicherwerk eine Fläche von 55 Hektar einnimmt - der Felsblock ohne angrenzende Technik würde dagegen nur 12,5 Hektar benötigen. Der Witz dabei sei, so der Forscher aus Furtwangen, dass der Preis pro gespeicherte Kilowattstunde dabei rapide fällt:
    "Wie ich die Rechnung gemacht hab, als ich auf die Idee kam, war: Wie groß ist die Energiemenge, und wie teuer wird das System. Und da habe ich eine geometrische Beziehung entdeckt, dass eine Verdoppelung der Radius-Länge eine Versechzehnfachung der Energiemengen bringt, aber die Kosten nur viermal so groß sind, das heißt, dass eine Verdoppelung des Radius senkt die Kosten pro Kilowattstunde auf ein Viertel. Und das ist der Clou."
    Das Motto „Think big!“ geht in diesem Falle zumindest geometrisch auf. In Wirklichkeit kommen allerdings noch Überlegungen zu Baupreis und Technik hinzu. Beides Faktoren, die die unschöne Eigenschaft haben, sich überraschend anders zu entwickeln als geplant. Was die Technik angeht, hat Eduard Heindl sein Augenmerk erst einmal auf die Frage gelenkt, ob denn so ein Block überhaupt aus Felsen geritzt werden kann.
    "Also, es werden Tunnel gebohrt",
    von diesem ringförmigen Tunnel wird zuerst der Felsblock mit Hilfe von Schrämmaschinen vom Boden gelöst, sodass er auf dem Abraum ruht.
    "und dann werden mit Seilsägen, wie man sie aus dem Steinbruch kennt, die Flächen freigeschnitten, also wir schneiden die Oberfläche dieses Zylinders frei, und dann haben wir also einen riesigen Felszylinder in der Erde liegen."
    Dann werden Pumpen mit den Tunneln verbunden, und die bringen das Wasser ins Spiel: Das soll den Felsblock zu Speichern heben oder zum Energieerzeugen senken.
    "Dazu müssen wir das ganze System abdichten, wir werden alle Oberflächen wasserdicht abdichten, und wir werden natürlich dort, wo der Dichtungsring ist, schauen, dass das gegen ein Metall läuft, und dann machen wir das gleiche wie bei normalen Druckzylindern, wir pumpen nun Wasser unten ein, und damit hebt sich, hydraulisch, der ganze Zylinder, wie in der Autowerkstatt, hydraulisch hoch."
    "Ich finde es immer wieder interessant auf Zeitgenossen zu stoßen, die voller Ideen sind, und es auch verstehen, diese Ideen immer weiter auszubauen und für andere verständlich zu vermitteln",
    sagt etwa Wolfgang Busch von der TU Clausthal zu dieser Idee - merkt allerdings an,
    "wenn Sie sich diesen Lageenergiespeicher angucken, die Darstellung, fehlen immer Teile, weil die Probleme verursachen. Das ist das Wasservorrats-Becken, das ist die Frage des Stromanschlusses, das sind alles Detailfragen, die erst mal nicht zum Prinzip gehören. Die aber hinterher in einer Lokalität zu einer KO-Situation führen können."
    Das Vorratsbecken muss immerhin ein Viertel der Wassermenge halten, die ein gleich leistungsfähiges Pumpspeicherwerk fasst. Und wenn die Höchstspannungsleitungen bereits überlastet sind oder zu weit weg, ist das Projekt kaum realisierbar.
    Eduard Heindl hält seit drei Jahren gegen solche Kritik und hat in einem kleinen Modell die Funktionsfähigkeit seiner Idee nachgewiesen. Einen Geldgeber, so sagt er, hat er inzwischen auch gefunden. Jetzt will er einen geeigneten Platz für den Fels-Speicher suchen, die Technik vervollkommnen und hofft, in nicht allzu ferner Zukunft mit dem Bau beginnen zu können.