Durch den Ukrainekrieg werden für abgeschlossen gehaltene Diskussionen neu aufgelegt. Auch die um die sogenannten unkonventionellen Gas-Lagerstätten und damit um das sogenannte hydraulische Fracking: Dabei wird anfangs mit hohem Druck ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten gepumpt, um Risse in ihnen zu bilden, so dass das eingeschlossene Erdgas entweichen kann, erläutert Eike Bruns, Sprecher des niedersächsischen Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie in Hannover.
„Wenn wir jetzt in die Debatte einsteigen, ob auch aus unkonventionellen Lagerstätten irgendwas gefördert werden sollte, dann reden wir eben über Lagerstätten, die nicht im Sandstein liegen, sondern in Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein und wo es dann eben dieses Impulses bedarf, etwas aufzubrechen, um dann eben das Schiefergas auch fördern zu können.“
„Wenn wir jetzt in die Debatte einsteigen, ob auch aus unkonventionellen Lagerstätten irgendwas gefördert werden sollte, dann reden wir eben über Lagerstätten, die nicht im Sandstein liegen, sondern in Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein und wo es dann eben dieses Impulses bedarf, etwas aufzubrechen, um dann eben das Schiefergas auch fördern zu können.“
Volumen möglicher Fördermengen unklar
Tief unter dem Boden steckt ein Gas-Schatz. Wie groß er sein könnte, das hat Stefan Ladage von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover zusammen mit seinem Team in einer ersten Studie abgeschätzt: „Im Ergebnis ist es eine große Spannbreite von 300 Millionen Kubikmeter bis zwei Milliarden Kubikmeter in etwa, im Mittel rund 700. Aber die große Spannbreite zeigt halt auch schon natürlich die großen Wissenslücken oder Unsicherheiten zu diesen Gesteinsformationen im Untergrund.“
Die größten Vorräte liegen in Niedersachsen, erklärt der Geologe. Es gibt sie jedoch beispielsweise auch im Oberrheingraben oder Nordrhein-Westfalen. Die Menge an Schiefergas, die sich daraus fördern ließe, schätzt er mit 380 bis 2340 Milliarden Kubikmeter ab. Bei einem deutschen Jahresverbrauch von rund 90 Milliarden Kubikmeter eine durchaus nennenswerte Ressource. Theoretisch: „Man muss aber einfach wissen: Das sind technische Ressourcen, die wir ermittelt haben. Das heißt, aus geowissenschaftlicher und technischer Sicht könnten es in dieser Größenordnung sein. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Ressourcen auch tatsächlich wirtschaftlich erschließbar wären.“
Expertenkommission: Risiken können auf Minimum reduziert werden
Als nächstes müsste eigentlich eine wesentlich detailliertere Erkundung der Vorkommen beginnen. Doch in Deutschland ist das hydraulische Fracken seit 2017 verboten. Auch wenn wissenschaftlich begleitete Probebohrungen erlaubt sind, gab die Industrie die Lizenzen zurück. Das Verbot gründete sich auf fehlende Erfahrung und drei potentiellen Gefahren: dem unkontrollierten Freisetzen des Treibhausgases Methan, der Verschmutzung von Grundwasser und Oberflächengewässern und dem Auslösen von Erdbeben. Um diese Risiken beurteilen zu können, rief die damalige Bundesregierung eine Expertenkommission ins Leben, die 2021 ihren Abschlussbericht vorlegte – zusammengetragen aus dem Wissen anderer Länder.
„Da kann man schon mal eine ganze Menge daraus lernen. Zu diesen drei in dem Sinne wirklich sehr relevanten umweltbezogenen Themen haben wir Studien vergeben, diese Studien dann auch nacheinander ausgewertet und Empfehlungen abgeleitet für das, was man dann in Deutschland in diesen Probebohrungen dann auch entweder als zusätzliche Forschung machen könnte, oder aber auch Empfehlungen dafür, wie man zum Beispiel eben Überwachungssysteme aufstellen muss, um das Risiko möglichst klein zu halten", sagt Charlotte Krawczyk, Direktorin des Geoforschungszentrums Potsdams und Vorsitzende der Expertenkommission Fracking des Deutschen Bundestages.
Das Ergebnis der Kommission: Es sei möglich, die Risiken auf ein Minimum zu reduzieren. Unter anderem durch eine genaue Vorabuntersuchung potentieller Standorte: „Bevor man irgendwo ein Eingriff in den Untergrund vornimmt, muss man sich erst mal die Ausgangslage tatsächlich sehr genau angeguckt haben.“
In der aktuellen Situation hilft Fracking nicht weiter
Etwa in dem natürliche Erdbebentätigkeit untersucht wird. Auf dieser Grundlage könnten Gebiete abgegrenzt werden, in denen auf keinen Fall gefrackt werden sollte, und anderswo ließen sich Schutzmaßnahmen konzipieren. Ein Restrisiko bleibe jedoch immer. Der Bericht endete dann in den Schubladen des Umweltausschusses im Parlament. Und solange das gesetzliche Verbot bleibt, dürfte sich die Industrie nicht für das unkonventionelle Fracking interessieren.
„Gesellschaftlich müsste man durch durch viele Diskussionen gehen, wissend, dass die Gasversorgungsstrategie des Landes hier Sache der Bundesregierung und des Parlamentes ist, das entsprechend festzulegen", sagt Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geo-Energie in Hannover. „Wenn man sich jetzt dem Thema nähern wollte, dann sind gesetzliche Änderungen erforderlich. Es müsste entsprechende Genehmigungsverfahren geben, in denen sicherlich Fragen der Umweltverträglichkeit eine große Rolle spielen müssen, um das auch ganz klar zu sagen.“
Denn durch den technologischen Fortschritt der vergangenen zehn Jahre gibt es inzwischen Frack-Flüssigkeiten, die als nicht umweltgefährdend eingestuft werden. Auch sei der Flächenverbrauch heute sehr viel geringer, weil im Untergrund Horizontalbohrungen über viele Kilometer hinweg geführt werden können. Doch wie dem auch sei: In der akuten Situation hilft Fracking nicht weiter. Gesellschaftliche Diskussionen, dann Gesetzesänderungen, weitere Erkundungen und Probebohrungen, das dauert seine Zeit. Nach zwei bis vier Jahren wäre eine Förderung möglich – frühestens – so die Schätzungen. In der akuten Krise hilft das nichts.