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Energiemanagement
Branche kann Bundesregierung unter Druck setzen

Damit die von der Bundesregierung ausgerufene Energiewende Wirklichkeit werden kann, müssen auch die entsprechenden Energiemanagementsysteme entwickelt werden. Die Sicherheitsanforderungen wurden offenbar jahrelang unterschätzt. Jetzt fordern die Energiekonzerne mehr Geld.

Peter Welchering im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Smart-Meter
    Ein Smart-Meter (dpa)
    Manfred Kloiber: Also, auch die Energieversorger tragen ihren Teil der Schuld daran, dass die Digitalisierung der Energiewende jetzt so ins Stocken gerät. Wie haben die sich denn auf der E-World zu solchen Vorwürfen verhalten, Peter Welchering?
    Peter Welchering: Die haben mehr Geld gefordert. Innogy, eine RWE-Tochter, hat darauf hingewiesen, dass zusätzlich zu den Kosten der Energiewende noch eine Milliarde mehr pro Jahr in die Netze und in die Digitalisierung investiert werden müsse. Und mögliche Szenarien für die Finanzierung könnte ja zum Beispiel eine Erhöhung der Mineralölsteuer sein. Die so erzielten Erlöse solle die neue Bundesregierung dann in den Verbundausbau der erneuerbaren Energien inklusive eben der Informationstechnik investieren.
    Kloiber: Aber das löst ja noch nicht das Problem mit dem jetzigen Zertifizierungsstau.
    Welchering: Da hatte ich nicht den Eindruck, als sei die Mehrheit der Energieversorger an einer schnellen Lösung in Sachen Gateway-Zertifizierung interessiert. Die Frage ist, ob die in sich ja auch etwas zerstrittenen Anbieter von Smartmetern da mehr Druck ausüben können. Druck kommt auf jeden Fall von Umweltverbänden und Nichtregierungsorganisationen. Die haben durchaus erkannt, dass zunächst die Gateway mit einer ausreichenden Sicherheit an den Markt müssen. Danach kann dann der Energiemix für Wohnungen, Büros, Fabriken und vor alle Dingen für die E-Mobilität über regelrechte Energiemanagementsysteme gesteuert werden. Allerdings müssen die jetzigen Smartmeter dann Teil eine solchen Energiemanagementsystems sein. Im Augenblick gibt es hier in einigen Fällen noch eine Parallelentwicklung, die unnötig ist.
    Kloiber: Gibt es denn schon Termine, wann die ersten sicherheitszertifizierten Gateways dann an den Markt kommen?
    Welchering: Als ein Termin wurde das Ende dieses Jahres genannt. Bis dann allerdings ein flächendeckendes Ausrollen möglich wird, dürften wir 2021/2022 haben. Und ein weiteres Problem besteht dann, weil ja die aufzubauenden Energiemanagementsysteme zur Steuerung des Energiemixes parallel weiterentwickelt werden müssen. Sowohl bei den Smartmetern als auch bei den Energiemanagementsystemen hat die Bundesregierung die entsprechenden Sicherheitsanforderungen über viele Jahre hinweg unterschätzt. Das haben jetzt einige Player der Energiebranche erkannt. Aber diese Erkenntnis hat für eine neue Gefahr gesorgt. Denn erkannt hat man in der Energiebranche auch, dass man die Bundesregierung jetzt unter Druck setzen kann. Ein weiteres Stocken der Energiewende kann sich da niemand leisten. Und die Unternehmen der Energiebranche, die vor zwei bis drei Jahrzehnten noch von der regierungsamtlichen Förderung der Kernkraft hervorragend gelebt haben, wollen jetzt von den satten Zusatzförderungen der Digitalisierung der Energiewende gut leben. Also, die künftige Bundesregierung ist da in einem echten Dilemma.
    Kloiber: Eon hat ja im Vorfeld der E-World bekanntgegeben, dass sie 16.000 Smartmeter bestellt haben. Beschleunigt sich da etwas?
    Welchering: Das war ein Schnellschuss, mit dem Stimmung erzeugt werden soll: Wir brauchen mehr Geld für die Digitalisierung. Auch die von Eon bestellten Smartmeter werden erst einmal ohne Gateway ausgeliefert. Wenn die dann ausgeliefert sind, aber eben ohne zertifiziertes Gateway und ohne notwendiges Sicherheitslevel, dann liegt sich ja das Argument nahe: Jetzt muss aber ordentlich Fördergeld in die Digitalisierung der Energiewende, damit wir absichern können. Denn sonst droht ja der Blackout. Weil die Bundesregierung die Sicherheitsfrage über viele Jahre falsch eingeschätzt hat, entfaltet diese Sicherheitsfrage jetzt auch einfach ein Stück strategisches Potenzial für die Energieriesen.
    Kloiber: Peter Welchering über die schwierige Digitalisierung des Energienetzes, vielen Dank!