Stefan Römermann: Energiesparlampen und die Strom fressenden Standby-Schaltungen vieler Geräte - daran denken wohl die meisten Deutschen, wenn sie über das Energiesparen nachdenken. Doch der größte Teil der Energie in Deutschland wird zum Heizen benutzt, und genau hier besteht auch das vielleicht größte Energiespar-Potenzial. Bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin wurde in der vergangenen Woche deshalb ein entsprechender Aktionsplan für mehr Energieeffizienz vereinbart.
Bei mir am Telefon ist jetzt Christian Noll von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. Guten Morgen, Herr Noll. Mehr als drei Viertel der Heizenergie von Wohnhäusern soll sich langfristig einsparen lassen. Das klingt ja unglaublich hoch. Wo ist denn bei einem typischen Wohnhaus das größte Einsparpotenzial?
Christian Noll: Es wird grundsätzlich notwendig sein, ein Gebäude ganzheitlich zu betrachten, sowohl zu schauen, wo entweicht Wärme, das Thema Wärmeschutz - das betrifft sowohl die Dämmung des Daches, der Wände als auch Fenster - als auch die Wärmeerzeugung und die Wärmeverteilung, Heizkessel auszutauschen, aber auch Pumpen, veraltete Heizungsventile. Und nur wenn ich das wirklich ganzheitlich anpacke, dann kann ich auch wirklich 80 Prozent sparen. Das geht in den meisten Gebäuden technisch und in ganz vielen auch wirtschaftlich schon sehr gut. Wichtig ist aber auch, dass die Politik das unterstützt, denn bisher reichen die Sanierungsaktivitäten und die Qualität der Sanierung noch nicht aus, um die Ziele, die sich die Politik mit dem Energiekonzept ja schon 2010 gesetzt hat, wirklich zu erreichen.
Römermann: Über was für Summen sprechen wir denn, wenn wir jetzt über ein typisches Einfamilienhaus reden? Was muss da durchschnittlich investiert werden, um tatsächlich so viel einsparen zu können?
Bei einer Gebäudesanierung kann eine höhere fünfstellige Summe fällig werden
Noll: Die meisten Investitionen werden ja nicht auf einmal getätigt, dass das gesamte Gebäude ausgetauscht wird. Das heißt, die meisten Hausbesitzer fangen an mit Bauteilen, die ohnehin ausgetauscht werden müssen. Das sind dann kleinere Beträge, wenn es jetzt nur um die Pumpe geht. Ein Heizkessel geht dann teilweise schon in den vierstelligen Bereich hinein. Wenn ich in das gesamte Gebäude investieren möchte, wird da schon eine höhere fünfstellige Summe fällig werden, hängt aber wirklich von der bisherigen Beschaffenheit des Gebäudes ab, was da wirklich zu tun ist, und verteilt sich tatsächlich dann auch über mehrere Sanierungsschritte, also über mehrere Jahre. Aber deswegen ist es wichtig, weil diese Investitionen, die getätigt werden, die hole ich zwar über Energieeinsparung wieder heraus, aber es ist schon eine ganze Stange Geld, die ich erst mal in die Hand nehmen muss. Wenn ich ein Mieter bin, werden die von dem Vermieter auf mich übergelegt. Das heißt, die Kostenverteilung ist da ein sensibles Thema, und es ist auch ein sensibles Thema, wie unterstütze ich denn Eigentümer dabei, dieses Geld wirklich in die Hand zu nehmen und aufbringen zu können. Das ist nicht ganz trivial.
Römermann: Zum Unterstützen haben ja jetzt bei den Koalitionsgesprächen in Berlin die Parteien einen Aktionsplan Energieeffizienz beschlossen. Dabei geht es unter anderem um günstige Kredite bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau und um steuerliche Erleichterungen. Das klingt doch alles erst mal ganz gut. Oder wie beurteilen Sie das Ergebnis?
"Wir hoffen, dass die Bundesregierung hier auch eine Verbindlichkeit schafft"
Noll: Das klingt alles ganz gut und vielversprechend, dass ein relativ langer Text zum Thema Energieeffizienz geschrieben wurde, aber die Zahl von Wörtern spricht nicht unbedingt dafür, wie konkret dann auch der Inhalt ist. Und zwar stehen alle diese Förderprogramme, um die es ja hauptsächlich geht, unter einem sogenannten Finanzierungsvorbehalt. Das heißt, die landen mit allen anderen Wünschen aus allen anderen Arbeitsgruppen und Bereichen, Thema Bildung beispielsweise, am Ende noch mit in der Verhandlung, summieren sich dann auf einen Betrag auf und dann wird da sehr wahrscheinlich der Rotstift angesetzt. Das heißt, das was momentan an Plänen drinsteht, da geht es dann wirklich darum, wird das tatsächlich umgesetzt und wie wichtig ist das Thema Energieeffizienz, energetische Gebäudesanierung und Energiesparen im Wärmesektor. Das ist die Frage, wo wir hoffen, dass die Bundesregierung da dran bleibt und hier auch eine Verbindlichkeit schafft. Das, womit wir in den letzten Jahren zu kämpfen hatten, war, dass Förderprogramme, dass Beratungsprogramme angekündigt wurden, nicht umgesetzt wurden, dass es zu Förderstopps kam, und das führt natürlich zu einer ganz großen Verunsicherung bei allen Beteiligten, die das Thema nicht wirklich voran bringt.
Römermann: Wenn Sie jetzt, ich sage mal, Ihre ein, zwei konkreten Forderungen aufstellen sollten, was würden Sie da sagen? Was sollte die Koalition jetzt in den Koalitionsvertrag reinschreiben?
Noll: Wichtig ist, dass dieser Energieeffizienz-Aktionsplan nicht nur eine bloße Maßnahmenbeschreibung ist, sondern wirklich eine verlässliche Strategie: was macht die Bundesregierung in den nächsten Jahren, was machen die Länder vielleicht auch in den nächsten Jahren, um hier Planungssicherheit zu schaffen, dass sich hieraus ganz klar planbare Maßnahmen ableiten lassen, dass Maßnahmen wie die Steuerförderung von Gebäudesanierung nicht nur angekündigt wird, sondern tatsächlich kommt. Es hat in den letzten Jahren diese bloße Ankündigung dazu geführt, dass viele darauf gewartet haben und dass diese Fördermittel wirklich stetig kommen, über mehrere Jahre hinweg verteilt, begleitet werden von attraktiven Beratungsprogrammen, und dafür wird es auch notwendig sein, die Umsetzenden, Handwerker, Energieberater, weiter zu qualifizieren. Das heißt, wir brauchen am Ende auch eine Qualifizierungsoffensive. Was dann aber auch damit verbunden ist, dass der Arbeitsmarkt gefördert wird. Auch das darf man nicht vergessen.
Römermann: Christian Noll von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. – vielen Dank, Herr Noll.
Noll: Vielen Dank.
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