Die Regierung verteilt zu viele Wohltaten, reguliert den Arbeitsmarkt zu stark, verteuert den Standort Deutschland - und der Wirtschaftsminister setzt mit seiner Energiepolitik auch noch die Sicherheit der Stromversorgung aufs Spiel: Sigmar Gabriel hielt sich mit der Konjunkturprognose - 1,8 Prozent Wachstum in diesem und im kommenden Jahr - nicht lange auf. Er setze sich gegen die Kritik zur Wehr.
Beispiel Energiepolitik. Hier verschärft sich der Streit mit der Union. Deren Abgeordnete lehnen den Vorschlag des SPD-Wirtschaftsministers ab, nach dem die Kohlekraftwerke - als Beitrag zum Klimaschutz - künftig 22 Millionen Tonnen weniger CO2 ausstoßen sollen. Am Wochenende demonstrieren dagegen auch die Gewerkschaften Verdi und IG BCE in Berlin. Sie fürchten um Zehntausende Jobs in den Braunkohletagebauen und Kraftwerken. Gabriel reagiert differenziert: Die Sorgen der Arbeitnehmer könne er verstehen, von einem Ausstieg aus der Kohle könne keine Rede sein und sollten sich die Sorgen doch bewahrheiten, würden die Pläne geändert, verspricht der Wirtschaftsminister:
"Ich werde als Bundeswirtschaftsminister und auch als SPD-Vorsitzender keine und niemals eine Politik betreiben, bei der wir zu diesen befürchteten Strukturabbrüchen kommen, die die Gewerkschaften am Wochenende zu Demonstrationen veranlasst."
Weit schärfer dagegen Gabriels Reaktion auf die Unionsfraktion. Alles sei in der Energiepolitik mit der Kanzlerin abgesprochen, im Übrigen warte er seit Wochen auf Alternativvorschläge von der Union, ansonsten müsse die Union die Klimaschutzziele der Regierung - 40 Prozent weniger CO2 bis 2020 - aufgeben:
"Wenn das der Wunsch der Unionsfraktion ist, finde ich, muss sie das öffentlich sagen, und dann reden wir darüber. Aber was nicht geht, ist, dass die Unionsfraktion so tut, als habe sie mit dieser Debatte nichts zu tun."
Keine Änderungen am Mindestlohn
Am Sonntagabend soll dieser Streit beim Koalitionsgipfel besprochen werden, der sich - zweitens - auch mit den festgefahrenen Verhandlungen über die Bund- Länder-Finanzen und damit verbundenen die Zukunft des Soli beschäftigt. Aus Gabriels Sicht erschwert der Positionswechsel von Angela Merkel eine Lösung. Merkel will entgegen früheren Äußerungen den Soli ab 2020 abschmelzen, wodurch der Handlungsspielraum des Bundes um rund 30 Milliarden Euro und damit auch die Chancen für eine Lösung kleiner geworden seien:
"Das erleichtert die Debatte über Steuersenkungen nicht."
So kurz und bündig fällt auch Absage an das dritte Thema des Koalitionsausschusses am Sonntag aus:
"Es wird keine Änderungen am Mindestlohngesetz geben," bekräftigt der Wirtschaftsminister. Vielmehr halte die Sie SPD daran fest, wie angekündigt auch die Regeln für Werkverträge und zur Leih- und Zeitarbeit zu verschärfen. Denn aus Sicht Sigmar Gabriels schließt sich hier auch der Kreis zu der guten konjunkturellen Entwicklung hierzulande:
"Die Stabilität am Arbeitsmarkt, die Sicherheit, dass Menschen nach Ausbildung nicht nur befristete Jobs bekommen, sondern feste Arbeit mit berechenbaren Einkommen. Das ist gerade die Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands."