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Energiespeicher
Autoakkus als unbekannte Wesen

Speichertechnologie. - Mit Strom soll die Mobilität der Zukunft angetrieben werden, doch die Akkutechnologien von heute sind eine buchstäblich schwere Last für die Fahrzeuge. Wohin die Reise in der schönen neuen Welt der Elektromobilität geht, verrät der Wissenschaftsjournalist Maximilian Schönherr im Gespräch mit Lennart Pyritz.

Maximilian Schönherr im Gespräch mit Lennart Pyritz |
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    Eine vom Energiekonzern ABB in Wolfsburg aufgestellte und von Volkswagen finanzierte E-Tanksäule ermöglicht kostenloses Betanken mit Hochspannung. Ein Kleinwagen wie dieser "e-Up" lässt sich hier innerhalb von etwa einer Stunde komplett aufladen. (dpa/picture alliance/Maximilian Schönherr)
    Pyritz: Herr Schönherr, warum spricht man eigentlich von Batterien, aufladbare Zellen heißen doch eigentlich Akkus?
    Schönherr: Es stimmt schon, aber weil "Batterie" eigentlich bedeutet Ansammlung von Zellen oder von was auch immer - auch vom Militär kennt man das, von Waffen - verwenden die Wissenschaftler das meistens austauschbar. Sie sagen übrigens auch nicht unbedingt Lithiumionen, sondern Litiumionen, da ist ein bisschen Unschärfe drin. Batterien kann beides sein, Akku und eine nichtaufladbare Technik.
    Pyritz: Bevor wir auf die Elektroauto-Batterie und die Lithiumtechnik kommen, die Frage nach einer Meldung von vor zwei Wochen. Da hat ein israelisches Forscherteam einen Akku vorgestellt, der sich angeblich in wenigen Minuten aufladen lässt. Trauen Sie der Sache?
    Schönherr: Nach meinen Recherchen über die Autobatterie, die waren ziemlich lang, traue ich dem schon. Das kann sein. Aber letzten Endes bin ich skeptisch, weil, was auf einer Entwicklerkonferenz vorgestellt wurde und von noch niemandem reproduziert wurde, vielleicht geht das nicht ein Serie. Man weiß es nicht. Also die sprechen davon, dass sie zu kleinen Kugeln angeordnete Peptide dabei im Nanoformat nutzen. Man kennt solche Quantenpunkte aus der Halbleitertechnik. Mir ist das Experiment ein bisschen zu stark gehypt worden, also, das sollte man mit Vorsicht genießen.
    Pyritz: Ihre Sendung am Sonntag trägt den Titel "Die Elektrobatterie – das unbekannte Wesen". Warum unbekannt?
    Schönherr: Also der war ich wirklich erstaunt. Ich war auf dem Elektromobilitätskongress auf der Automobilausstellung in Frankfurt und da habe ich einen Vortrag gehört. Da hieß es: Wir kennen diese Lithiumionen-Akkus überhaupt nicht, wir wissen überhaupt nicht, was da drin funktioniert und nicht funktioniert. Wir können nur von außen angreifen und messen, wir können die Physik simulieren. Das heißt, wir wissen was mit den Lithium-Atomen passiert, wie die Ionen werden, wo die Elektronen hin wandern. Aber über die chemischen Prozesse in diesen komplexen Materialien, da wissen wir eigentlich sehr wenig. Im MEET-Labor für Batterietechnik an der Universität Münster probiert man zurzeit zum Beispiel dünne Schichten aus, die man dann auf die Elektroden, also Anode und Kathode, aufdampft, das ist keine Nanotechnik, das ist eine Dimension darüber.
    Pyritz: Da gibt es also noch große Wissenslücken und viel Forschungsbedarf. Erwartet man denn in einem bestimmten Bereich demnächst einen Durchbruch oder einen wesentlichen Fortschritt?
    Schönherr: Darauf hoffen sie alle. Das ist im Moment aber nicht abzusehen. Ein Durchbruch wäre ja zum Beispiel, wenn man ein kleines Molekül oder eine Molekülgruppe ändert und plötzlich ändern sich die Lade – oder Entladeeigenschaften. Mit denen könnte man viel schneller laden als einen Lithium-Ionen-Akku zum Beispiel. So etwas steht nicht an, viele kleine Veränderungen stehen durchaus an.
    Pyritz: Fast alle Elektroautos werden ja mit Lithium-Ionen-Technik angetrieben, haben wir eben schon zweimal erwähnt, warum ist gerade dieses Element die erste Wahl?
    Schönherr: Weil es so wunderbar leicht ist. Lithium ist das drittleichteste Element im Periodensystem, und gerade bei vielen Hundert Akkuzellen, die man dann in so ein Auto unter die Rückbank typischerweise baut, braucht man eine hohe Energiedichte, das heißt wenig Gewicht. Also haben die Techniken der nächsten Zukunft auch mit Lithium zu tun. Der technische Leiter bei Volkswagen, Jürgen Leohold, meint:
    "... dass bei der Lithium-Luft-Batterie noch mehrere grundlegende Fragen zu klären sind: Der ganze Reaktionsmechanismus, mögliche Materialpaarungen, die wirklich auch eine gewisse Lebensdauer versprechen können. Diese Fragen führen bei uns zu der Einschätzung, dass eine Lithium-Luft-Batterie, wenn überhaupt, nicht vor den 30er Jahren dieses Jahrhunderts industriell verfügbar sein wird. Eine Lithium-Schwefel-Batterie werden wir früher sehen; da gibt es heute Laborzellen, die wenigstens wie eine Batterie funktionieren, aber leider noch keine vernünftige Lebensdauer haben"
    Pyritz: Baut Volkswagen diese Zellen denn selbst?
    Schönherr: Nein, leider nein. Sie kaufen sie in Japan und bauen sie dann zu taschenbuchgroßen Blöcken zusammen. Die Zellherstellung ist - auch das ist ein sehr wichtiges Thema in der Sendung am Sonntag - fest in den Händen Koreas und Japans. In Deutschland denkt man aber gern vernetzt und umweltbewusst. Und da stellt sich etwas heraus, was für die Elektromobilität künftig vielleicht viel wichtiger sein wird als die eigentliche Batterietechnik. Nämlich, dass man die Batterie insgesamt als Managementprodukt sieht. Das heißt, die Autobatterie, die ungenutzt in der Garage steht, weil ich heute nicht fahre, kann auch die Spülmaschine heizen.