Benjamin Hammer: Herr Minister, Vertreter aus über 30 Ländern sind nach Berlin zum Klimadialog gekommen. Und das Ziel lautet ja: Den Klimawandel auf maximal zwei Grad Erderwärmung beschränken. Haben Sie in Berlin verbindliche Zusagen dafür erhalten können?
Peter Altmaier: Nein, die verbindlichen Zusagen, die standen von vorneherein nicht auf der Tagesordnung, weil es darum ging, das große Treffen in Doha mit 150 Ländern vorzubereiten. Es gab aber viel Lob von allen, die gekommen sind. Und es waren die wichtigsten Länder da: die USA, China, Indien, Russland, Brasilien und einige mehr. Und es ist uns, glaube ich, gelungen auf dieser Konferenz das Vertrauen zu schaffen, das man braucht, dass wir im November in Doha zu Ergebnissen kommen können. Es ist uns auch gelungen klarzumachen, dass wir nicht warten können, bis in acht Jahren ein neuer verbindlicher Vertrag ausgehandelt ist, sondern wir brauchen in der Zwischenzeit verstärkte Anstrengungen. Dazu haben sich fast alle anwesenden Länder bekannt. Und jetzt geht es darum zu sorgen, dass diese Bekenntnisse auch in konkrete Taten umgesetzt werden.
Hammer: Sie sprechen Doha an, Sie sprechen Katar an, Ende des Jahres. Dringend nötig ist da ja ein Folgeabkommen für das Kyoto-Abkommen mit verbindlichen Zusagen. Aber das Abwiegeln fängt doch wieder an von vielen Staaten. Die EU zum Beispiel will neue Ziele nur akzeptieren, wenn andere große Staaten wie etwa China ebenfalls mitmachen. Wie wollen Sie denn in Doha es schaffen, dass es nicht zu einem weiteren Kopenhagen kommt?
Altmaier: Das war eine fürchterliche Erfahrung in Kopenhagen, als sich die Staaten dieser Welt völlig zerstritten hatten und nicht fähig waren, sich auf irgendetwas Konstruktives zu einigen. Ich glaube, daraus haben alle gelernt. Ich will dazu meinen Teil beitragen, indem ich mit den Hauptkonkurrenten, die damals verhindert haben, dass wir uns geeinigt haben, nämlich mit den USA, mit Indien, mit den Entwicklungsländern, aber auch mit China den intensiven Dialog, den wir gestern und heute begonnen haben, in den nächsten Wochen fortführen. Ich will meinen Beitrag dazu leisten, in dem wir deutlich machen: Die EU ist bereit, sich unter dem Kyoto-Protokoll nochmals für eine weitere Periode zu verpflichten, bis das neue Abkommen steht. Wir erwarten aber, dass die anderen Staaten in der Zwischenzeit eigene Anstrengungen unternehmen. Das ist übrigens kein Gefeilsche, sondern das ist absolut notwendig, damit meine Kollegen Umweltminister aus diesen Ländern auch Argumente haben, wenn sie zu Hause eigene CO2-Einsparanstrengungen durchsetzen wollen.
Hammer: Herr Minister, Deutschland gilt als weltweiter Motor für die gemeinsamen Klimaziele, und ausgerechnet jetzt mehren sich hier skeptische Stimmen, ob bestimmte Ziele der hiesigen Energiewende eingehalten werden können. Sie selbst haben in einem Interview die Frage gestellt, ob es gelingt, den Stromverbrauch bis 2020 um zehn Prozent zu senken. Warum haben Sie das Signal gesendet?
Altmaier: Ich finde, dass man diese Frage jetzt stellen muss, wo wir noch gegensteuern können und dafür sorgen können, dass am Ende die Energiewende ein Erfolg wird. Wir dürfen die Dinge nicht treiben lassen mit dem Ergebnis, dass man dann in fünf, sechs oder sieben Jahren nicht mehr nachsteuern kann. Die Energiewende ist für Deutschland die größte Herausforderung seit dem Wiederaufbau in der Nachkriegszeit. Es ist ein riesiges Projekt, das unser Land sehr nach vorne bringen kann, das unsere Stellung in der Welt auf Jahrzehnte sichern kann. Aber es wird einige Zeit dauern, bis alle erkannt haben, in welche Richtung die Entwicklung gehen muss, nämlich eine enge Verzahnung zwischen erneuerbaren Energien einerseits, sauberen konventionellen Energien wie Gas andererseits, mit modernster Technologie, Energieeinsparung und sicheren und flexiblen Stromverteilungsnetzen. Das alles sind Herausfoderungen, die erheblich sind, die in keinem anderen Industrieland in dieser Form bewältigt worden sind in so kurzer Zeit. Und deshalb muss der Umweltminister Klartext sprechen, damit dann alle Beteiligten auch wissen, welche Aufgaben in den nächsten Wochen zu bewältigen sind.
Hammer: Umweltverbände befürchten aber, dass Sie, ja, Klartext sprechen und sich auf die Industrie und den Bundeswirtschaftsminister zubewegen.
Altmaier: Nein, ich möchte mich weder auf den einen noch auf den anderen zubewegen, sondern gute Lösungen in der Sache erreichen. Und für mich ist klar, dass ein Land wie Deutschland, das zu den führenden Industrieländern weltweit gehört, das sich jeden Tag im weltweiten Wettbewerb behaupten muss, dass wir überhaupt nur eine Chance haben, wenn wir alle mit im Boot haben, die Umweltverbände, aber auch die Unternehmen, die Wirtschaft, diejenigen, die die Arbeitsplätze zu schaffen haben. Wir wollen ja, dass am Ende der Energiewende nicht weniger, sondern mehr Arbeitsplätze vorhanden sind. Und wir wollen, dass Deutschland seine Rolle und seine führende Rolle in der Welt behaupten kann. Das ist für mich ein ganz entscheidender Gesichtspunkt bei der Energiewende. Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns vorgenommen haben, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Ich würde auch an den ehrgeizigen Zielen festhalten, aber dafür brauchen wir dann auch Verpflichtungen, die eingehalten werden. Ich finde es zum Beispiel skandalös, dass eine wichtige Verordnung zur Energieeinsparung im Gebäudebereich jetzt seit Monaten beim Bundesrat blockiert ist, weil einige Bundesländer dazu partout keinen Beitrag leisten wollen.
Hammer: Nächstes Jahr wird in Deutschland gewählt. Und das Wort "Energiewende" – da hat es ja einen Wandel gegeben in den letzten Monaten. Es ist jetzt in der Öffentlichkeit ziemlich negativ besetzt. Haben Sie keine Angst, dass das einstige Hoffnungsthema jetzt Sie viele Wählerstimmen kosten wird?
Altmaier: Ich bin angetreten mit dem klaren Vorhaben, die Energiewende zu einem erfolgreichen Vorhaben zu machen. Das ist für unser Land nötig, und wenn mir das gelingt, dann werden wir erleben, dass die Energiewende in den nächsten Monaten zu einem positiven Projekt auch in den Augen vieler Menschen wird. Dafür setze ich mich ein, dafür kämpfe ich und ich glaube, dass die Chancen dafür auch sehr gut stehen.
Hammer:
Und dafür, so haben Sie gesagt, verzichten Sie auch auf Ihre Sommerpause, der Bundesumweltminister Peter Altmaier hier im Deutschlandfunk. Herzlichen Dank für das Gespräch.
Altmaier:
Ich danke Ihnen, auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Peter Altmaier: Nein, die verbindlichen Zusagen, die standen von vorneherein nicht auf der Tagesordnung, weil es darum ging, das große Treffen in Doha mit 150 Ländern vorzubereiten. Es gab aber viel Lob von allen, die gekommen sind. Und es waren die wichtigsten Länder da: die USA, China, Indien, Russland, Brasilien und einige mehr. Und es ist uns, glaube ich, gelungen auf dieser Konferenz das Vertrauen zu schaffen, das man braucht, dass wir im November in Doha zu Ergebnissen kommen können. Es ist uns auch gelungen klarzumachen, dass wir nicht warten können, bis in acht Jahren ein neuer verbindlicher Vertrag ausgehandelt ist, sondern wir brauchen in der Zwischenzeit verstärkte Anstrengungen. Dazu haben sich fast alle anwesenden Länder bekannt. Und jetzt geht es darum zu sorgen, dass diese Bekenntnisse auch in konkrete Taten umgesetzt werden.
Hammer: Sie sprechen Doha an, Sie sprechen Katar an, Ende des Jahres. Dringend nötig ist da ja ein Folgeabkommen für das Kyoto-Abkommen mit verbindlichen Zusagen. Aber das Abwiegeln fängt doch wieder an von vielen Staaten. Die EU zum Beispiel will neue Ziele nur akzeptieren, wenn andere große Staaten wie etwa China ebenfalls mitmachen. Wie wollen Sie denn in Doha es schaffen, dass es nicht zu einem weiteren Kopenhagen kommt?
Altmaier: Das war eine fürchterliche Erfahrung in Kopenhagen, als sich die Staaten dieser Welt völlig zerstritten hatten und nicht fähig waren, sich auf irgendetwas Konstruktives zu einigen. Ich glaube, daraus haben alle gelernt. Ich will dazu meinen Teil beitragen, indem ich mit den Hauptkonkurrenten, die damals verhindert haben, dass wir uns geeinigt haben, nämlich mit den USA, mit Indien, mit den Entwicklungsländern, aber auch mit China den intensiven Dialog, den wir gestern und heute begonnen haben, in den nächsten Wochen fortführen. Ich will meinen Beitrag dazu leisten, in dem wir deutlich machen: Die EU ist bereit, sich unter dem Kyoto-Protokoll nochmals für eine weitere Periode zu verpflichten, bis das neue Abkommen steht. Wir erwarten aber, dass die anderen Staaten in der Zwischenzeit eigene Anstrengungen unternehmen. Das ist übrigens kein Gefeilsche, sondern das ist absolut notwendig, damit meine Kollegen Umweltminister aus diesen Ländern auch Argumente haben, wenn sie zu Hause eigene CO2-Einsparanstrengungen durchsetzen wollen.
Hammer: Herr Minister, Deutschland gilt als weltweiter Motor für die gemeinsamen Klimaziele, und ausgerechnet jetzt mehren sich hier skeptische Stimmen, ob bestimmte Ziele der hiesigen Energiewende eingehalten werden können. Sie selbst haben in einem Interview die Frage gestellt, ob es gelingt, den Stromverbrauch bis 2020 um zehn Prozent zu senken. Warum haben Sie das Signal gesendet?
Altmaier: Ich finde, dass man diese Frage jetzt stellen muss, wo wir noch gegensteuern können und dafür sorgen können, dass am Ende die Energiewende ein Erfolg wird. Wir dürfen die Dinge nicht treiben lassen mit dem Ergebnis, dass man dann in fünf, sechs oder sieben Jahren nicht mehr nachsteuern kann. Die Energiewende ist für Deutschland die größte Herausforderung seit dem Wiederaufbau in der Nachkriegszeit. Es ist ein riesiges Projekt, das unser Land sehr nach vorne bringen kann, das unsere Stellung in der Welt auf Jahrzehnte sichern kann. Aber es wird einige Zeit dauern, bis alle erkannt haben, in welche Richtung die Entwicklung gehen muss, nämlich eine enge Verzahnung zwischen erneuerbaren Energien einerseits, sauberen konventionellen Energien wie Gas andererseits, mit modernster Technologie, Energieeinsparung und sicheren und flexiblen Stromverteilungsnetzen. Das alles sind Herausfoderungen, die erheblich sind, die in keinem anderen Industrieland in dieser Form bewältigt worden sind in so kurzer Zeit. Und deshalb muss der Umweltminister Klartext sprechen, damit dann alle Beteiligten auch wissen, welche Aufgaben in den nächsten Wochen zu bewältigen sind.
Hammer: Umweltverbände befürchten aber, dass Sie, ja, Klartext sprechen und sich auf die Industrie und den Bundeswirtschaftsminister zubewegen.
Altmaier: Nein, ich möchte mich weder auf den einen noch auf den anderen zubewegen, sondern gute Lösungen in der Sache erreichen. Und für mich ist klar, dass ein Land wie Deutschland, das zu den führenden Industrieländern weltweit gehört, das sich jeden Tag im weltweiten Wettbewerb behaupten muss, dass wir überhaupt nur eine Chance haben, wenn wir alle mit im Boot haben, die Umweltverbände, aber auch die Unternehmen, die Wirtschaft, diejenigen, die die Arbeitsplätze zu schaffen haben. Wir wollen ja, dass am Ende der Energiewende nicht weniger, sondern mehr Arbeitsplätze vorhanden sind. Und wir wollen, dass Deutschland seine Rolle und seine führende Rolle in der Welt behaupten kann. Das ist für mich ein ganz entscheidender Gesichtspunkt bei der Energiewende. Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns vorgenommen haben, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Ich würde auch an den ehrgeizigen Zielen festhalten, aber dafür brauchen wir dann auch Verpflichtungen, die eingehalten werden. Ich finde es zum Beispiel skandalös, dass eine wichtige Verordnung zur Energieeinsparung im Gebäudebereich jetzt seit Monaten beim Bundesrat blockiert ist, weil einige Bundesländer dazu partout keinen Beitrag leisten wollen.
Hammer: Nächstes Jahr wird in Deutschland gewählt. Und das Wort "Energiewende" – da hat es ja einen Wandel gegeben in den letzten Monaten. Es ist jetzt in der Öffentlichkeit ziemlich negativ besetzt. Haben Sie keine Angst, dass das einstige Hoffnungsthema jetzt Sie viele Wählerstimmen kosten wird?
Altmaier: Ich bin angetreten mit dem klaren Vorhaben, die Energiewende zu einem erfolgreichen Vorhaben zu machen. Das ist für unser Land nötig, und wenn mir das gelingt, dann werden wir erleben, dass die Energiewende in den nächsten Monaten zu einem positiven Projekt auch in den Augen vieler Menschen wird. Dafür setze ich mich ein, dafür kämpfe ich und ich glaube, dass die Chancen dafür auch sehr gut stehen.
Hammer:
Und dafür, so haben Sie gesagt, verzichten Sie auch auf Ihre Sommerpause, der Bundesumweltminister Peter Altmaier hier im Deutschlandfunk. Herzlichen Dank für das Gespräch.
Altmaier:
Ich danke Ihnen, auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.