Die Digitalisierung der Energiewirtschaft wird von den meisten Experten als Grundlage für das Gelingen der Energiewende angesehen. Und auch die Politik drückt nun aufs Tempo. Noch in diesem Jahr soll ein Gesetz aus dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium den Rahmen dafür setzen. Die Herausforderungen sind klar definiert: Bei der Digitalisierung geht es beispielsweise um eine bessere Integration erneuerbarer Energien in die Märkte - und auf Verbraucherseite steht die Erschließung von Energieeffizienzpotenzialen im Vordergrund. Für die meisten Kunden wird dies der Abschied vom althergebrachten Stromzähler bedeuten. Neue digitale und intelligente Zähl- und Meßsysteme werden diese ersetzen. Robert Busch ist Geschäftsführer des Bundesverbandes neue Energiewirtschaft, kurz BNE. Hier sind vor allem jene neuen Unternehmen vertreten, die seit der Liberalisierung der Märkte Strom und Wärme anbieten. Busch verspricht sich viel von der Vernetzung.
"Das intelligente Haus der Zukunft hat ein Solardach, einen Speicher und einen Tauchsieder in der Heizung. Es verfügt über einen digitalen Anschluss. Es kann dadurch künftig sekundenschnell entschieden werden - aufgrund der Wetter- oder auch der Börsenpreisprognose - was mit dem Strom vom Dach geschieht. Kommt er in den eigenen Speicher, wird er an den Nachbarn geleitet oder wird er an der Börse verkauft, weil der Preis gerade oben ist? Davon wird der Kunde kaum was merken. Er merkt nur, dass das Licht an ist und die Wärme zur Verfügung steht. Und am Ende hat der Kunde einen Gewinn, weil er dank dieser Flexibilisierung dem Markt Strom zur Verfügung gestellt hat."
Verbraucherschützer kritisieren hohe Anschaffungskosten
Doch ganz so rosig wie der BNE-Geschäftsführer sehen es nicht alle. Verbraucherschützer warnen vor allem vor den erhöhten Kosten, die die Ausstattung der Häuser mit intelligenten Zähl- und Messgeräten, sogenannten Smart-Metern, mit sich bringen wird. Marion Jungblut, Energieexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband:
"Der Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums stellt eine Zwangsdigitalisierung sozusagen durch die Kellertür dar. Es wird für Verbraucher hauptsächlich Kosten bedeuten, aber weniger Nutzen. Die Ersparnis wird so gering ausfallen, dass es kaum auffällt. Anfangs hat man ja den Verbrauchern versprochen, dass eine massive Ersparnis zu erwarten ist. Heute spricht man nur noch von Kostenneutralität. Aber auch das wage ich zu bezweifeln - im Endeffekt könnte der Verbraucher sogar draufzahlen."
Die Stromanbieter versprechen sich vom geplanten Gesetz vor allem Planungssicherheit. Auch die Kommunikation von Daten und der Zugriff auf diese sollen geregelt werden. Bisher wird davon ausgegangen, dass die Smart-Meter zwischen 100 und 200 Euro je Haushalt kosten werden. Grund für diese Preisspanne sind auch die Datenschutzanforderungen, die das Gesetz vorschreiben will. BNE-Geschäftsführer Robert Busch:
"Das Ganze soll ja so sicher sein, dass da kein Hacker beispielsweise Ihre Lampen mitten in der Nacht anschalten kann und sich freut. Man braucht einen zertifizierten Zähler, der das verhindert. Grundsätzlich jedoch geht es in die richtige Richtung. Die Verbraucherschützer sagen ja auch nur, dass es nicht zu teuer werden und keinen Zwang dazu geben darf. Da sind wir auch dagegen. Das Gesetz sagt dies ja auch nicht. Es setzt vielmehr bestimmte Stufen: Erst ab 6.000 Kilowattstunden - ein mittlerer Familienverbrauch beträgt rund 4.000 Stunden - existiert eine Verpflichtung. Das betrifft Leute, die Stromheizungen oder ähnlichen nutzen. Insofern macht dies Sinn."
Doch befürchtet der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass das Gesetz Eigentümern das Recht geben werde, den Einbau digitaler Messe-und Zählsysteme auch für Mieter generell vorzuschreiben.
Gesetz soll ab 2016 gelten
Das Gesetz soll ab kommenden Jahr gelten - allerdings sind derzeit viele Stromanbieter noch gar nicht auf diese neue, digitale Wettbewerbssituation vorbereitet, sagt Eberhard Holstein, Geschäftsführer des Anbieters "Grundgrün Energie":
"Von der regulierten Seite her wird das Ganze noch mindestens zehn Jahre dauern, bis es einigermaßen flächendeckend eingeführt ist. Es wird aber einzelne Stromvertriebe geben - uns zum Beispiel - die bestimmte Produkte und Verträge anbieten werden. Etwa für Nutzer von Elektro-Wärmepumpen. Im Rahmen dieser Produkte werden recht schnell Erfahrungen gesammelt werden können. Bereits ab dem Jahr 2016."
Einig sind sich die Experten, dass in der Digitalisierung der Energiemärkte ein gewaltiges Potenzial steckt. Nicht nur neue Haushaltslösungen für den Wärme- und Stromverbrauch, sondern eben auch neue, lukrative Geschäftsfelder für die Anbieter - die mehr oder weniger gut gerüstet in den Startlöchern stehen.