Esposizione Universale im Süden von Roma - ein Viertel mit Monumental-Bauten der Ära Mussolini. Hier wohnt Ennio Morricone in einem Penthouse-Apartment mit Panoramablick über die ewige Stadt. Voller alter Möbel, dicker Teppiche, Kristallvasen und großflächiger Gemälde. Der Hausherr besteht darauf, mit Maestro angeredet zu werden und weigert sich, Englisch zu sprechen.
Ennio Morricone: "Ich habe versucht, es zu lernen - aber ich habe so viel gearbeitet, dass ich es nicht geschafft habe. Ich habe es einfach nicht hingekriegt."
Ein Soundtrack pro Monat
Morricone fixiert sein Gegenüber durch eine schwarze Hornbrille, holt nach jeder Frage tief Luft und redet wild gestikulierend. Er sei stolzer Italiener, aber es sei falsch, dass er nicht gerne reise und eine Abneigung gegen Hollywood hege. Und es ärgere ihn, als Experte für Spaghetti-Western oder Workaholic bezeichnet zu werden: "Es gibt diese Liste mit Filmen, für die ich komponiert habe. Da heißt es, es seien in einem Jahr 22 Soundtracks gewesen. In einem anderen sogar 25. Das stimmt nicht: Es sind Kompositionen, die ich viel früher angefertigt habe – aber die erst Jahre später erschienen sind. Insofern stimmt die Statistik nicht. Ich habe nie mehr als einen Film pro Monat gemacht."
Ein Film pro Monat ist immer noch eine beachtliche Leistung, die er ohne Computer, nur mit Papier und Stift bewältigt hat. Dieses Tempo gedenkt er in Zukunft zurückzuschrauben und sich mehr Freizeit zu gönnen. Das sei der Wunsch seiner Frau Maria. Und dem müsse er nachgeben, weil sie ihm seit 62 Jahren den Rücken freihalte. Deswegen verabschiede er sich im Januar von der Bühne – mit einem letzten Konzert in Berlin.
Kein Anruf mehr von Tarantino
Und er werde nicht den nächsten Tarantino vertonen. Das Verhältnis der beiden sei trotz des Oskars für "The Hateful 8" merklich abgekühlt: "Ich glaube nicht, dass Tarantino mich noch mal anruft. Was nicht heißt, dass ich komplett aufhöre, zu komponieren. Aber in der Zeit, die mir noch bleibt, möchte ich lieber Musik machen, die nicht fürs Kino bestimmt ist, die ohne Bilder auskommt."
Damit möchte er auf seine alten Tage noch etwas richtigstellen: Nämlich, dass er nicht nur die nette Beigabe zu großem Kino liefert, sondern eigenständige Klangkunst, die allein über die Fantasie des Hörers funktioniert. Doch dazu – so Morricone - müsse er zunächst einmal seinen 90. Geburtstag überstehen. Mit all den lästigen Veranstaltungen zu seinen Ehren. Das meint er genau so, wie er es sagt!