Alltag im Dorf Kesmeköprü am Tigris. Ein paar Frauen backen Brot am kommunalen Backofen auf dem Dorfplatz, während ihnen Hühner und Kinder um die Röcke wuseln. Mit Reisig feuern die Frauen den Ofen an, dann klatschen sie die Teigfladen von innen in die Kuppel des Lehmofens und plaudern, bis die flachen Brote goldgelb sind und sich mit dem Schürhaken ablösen lassen. Überall im kurdischen Südosten der Türkei backen die Frauen ihr Brot so, schon seit vielen Generationen. Für die Frauen von Kesmeköprü sind die Plaudereien am dörflichen Brotofen aber gezählt:
"Jetzt kommt bald der Staudamm, so heißt es immer. Wir sollen dafür aus unseren Häusern vertrieben werden und von unserem Land. Und dann? Ein paar Kurusch wollen sie uns dafür geben, die werden in zwei, drei Jahren aufgezehrt sein. Und was machen wir dann?"
Das Dorf wird im Stausee versinken, wenn der Ilisu-Damm fertig ist, zumindest der am Flussufer gelegene Ortskern, wo die Häuser stehen. Die höher gelegenen Felder und Weiden werden zwar vom Wasser verschont bleiben, aber auch dieses Land sollen die Bauern von Kesmeköprü hergeben. Denn die Behörden haben diesen Boden ausgewählt, um eine neue Siedlung für die Bewohner der historischen Kleinstadt Hasankeyf darauf zu errichten, die am anderen Ufer des Tigris liegt und ebenfalls geflutet werden soll. Eine komplette Neustadt, ein Neu-Hasankeyf, soll hier entstehen. Die Bauern von Kesmeköprü werden dafür enteignet, wie Bürgermeister Hasan Mahmutoglu berichtet:
"Das Städtebauamt hat uns einbestellt und mitgeteilt, dass wir für das Land mit eineinhalb bis zweieinhalb Lira pro Quadratmeter entschädigt werden. Das haben wir natürlich abgelehnt. Land für eineinhalb Lira, wo gibt es das denn? Wir haben dagegen geklagt. Mit dem Urteil hat das Gericht die Entschädigungssumme jetzt noch einmal um die Hälfte herunter gesetzt."
95 Kurusch, also weniger als einen Lira und umgerechnet 43 Eurocent pro Quadratmeter bekommen die Bauern vom Staat für ihr enteignetes Land, so hat das Amtsgericht in der Provinzhauptstadt Batman entschieden. Die Bewohner sind fassungslos. Nicht als Ackerland hat das Gericht den Boden bewertet, auf dem sie bisher Weizen, Gerste und Linsen anbauen, und erst recht nicht als Bauland, obwohl der Staat hier den Bau von hunderten Wohnungen plant, sondern als nahezu wertlosen Weidegrund für Schafe und Ziegen. Überrascht worden seien von dieser Entscheidung nur sie selbst, sagt einer der Bauern:
"Die Behörden haben uns von Anfang an gesagt: Wo immer ihr euch auch beschwert in der Türkei, mehr werdet ihr nicht bekommen. Gut, wenn ihr ans Europäische Menschenrechtsgericht geht, da kann man nie wissen, was die machen. Aber hier in der Türkei kriegt ihr nirgends mehr."
Die Bauern von Kesemeköprü sind entschlossen, bis nach Strassburg zu gehen, wenn der türkische Rechtsweg erschöpft ist. Ein logischer Ausweg wäre es, wenn den Bauern von Kesmeköprü als Entschädigung für ihr Land einige der neuen Sozialbauwohnungen angeboten würden, die darauf errichtet werden sollen. Aber auch dieser Weg ist versperrt, klagen die Frauen am Brotofen:
"Die Hasankeyfer wollen uns da nicht haben. Sie sagen, wir sollen da nicht wohnen dürfen. Wir sagen, das ist doch unser Land, wie könnt ihr uns von da vertreiben. Aber die Hasankeyfer wollen uns dort einfach nicht dulden."
Vom Brotofen aus ist Hasankeyf gut zu sehen mit seinen Palastruinen und Jahrhunderte alten Minaretten. Doch nicht nur der in der Abendsonne glitzernde Tigris trennt das Dorf an diesem Ufer von der Kleinstadt am anderen, sondern auch Sprache, Sitten, Bräuche und Geschichte, wie einer der Bauern von Kesmeköprü sagt:
"Die Bewohner von Hasankeyf sind Araber und wir sind Kurden: Das ist der Grund dafür, dass die Hasankeyfer uns nicht mit am neuen Siedlungsort leben lassen wollen."
Zwar hat auch die arabischstämmige Minderheit von Südostanatolien keine besonders starke Lobby bei den Behörden in Ankara. Hasankeyf steht beim Bau des Ilisu-Staudamms aber wegen seiner Kulturschätze im Blickpunkt der europäischen Kreditgeber und soll deshalb bei der Umsiedlung gut behandelt werden. Den Preis werde das kleine Dorf am anderen Ufer des Tigris bezahlen müssen, befürchtet Bürgermeister Mahmutoglu.
"Jetzt kommt bald der Staudamm, so heißt es immer. Wir sollen dafür aus unseren Häusern vertrieben werden und von unserem Land. Und dann? Ein paar Kurusch wollen sie uns dafür geben, die werden in zwei, drei Jahren aufgezehrt sein. Und was machen wir dann?"
Das Dorf wird im Stausee versinken, wenn der Ilisu-Damm fertig ist, zumindest der am Flussufer gelegene Ortskern, wo die Häuser stehen. Die höher gelegenen Felder und Weiden werden zwar vom Wasser verschont bleiben, aber auch dieses Land sollen die Bauern von Kesmeköprü hergeben. Denn die Behörden haben diesen Boden ausgewählt, um eine neue Siedlung für die Bewohner der historischen Kleinstadt Hasankeyf darauf zu errichten, die am anderen Ufer des Tigris liegt und ebenfalls geflutet werden soll. Eine komplette Neustadt, ein Neu-Hasankeyf, soll hier entstehen. Die Bauern von Kesmeköprü werden dafür enteignet, wie Bürgermeister Hasan Mahmutoglu berichtet:
"Das Städtebauamt hat uns einbestellt und mitgeteilt, dass wir für das Land mit eineinhalb bis zweieinhalb Lira pro Quadratmeter entschädigt werden. Das haben wir natürlich abgelehnt. Land für eineinhalb Lira, wo gibt es das denn? Wir haben dagegen geklagt. Mit dem Urteil hat das Gericht die Entschädigungssumme jetzt noch einmal um die Hälfte herunter gesetzt."
95 Kurusch, also weniger als einen Lira und umgerechnet 43 Eurocent pro Quadratmeter bekommen die Bauern vom Staat für ihr enteignetes Land, so hat das Amtsgericht in der Provinzhauptstadt Batman entschieden. Die Bewohner sind fassungslos. Nicht als Ackerland hat das Gericht den Boden bewertet, auf dem sie bisher Weizen, Gerste und Linsen anbauen, und erst recht nicht als Bauland, obwohl der Staat hier den Bau von hunderten Wohnungen plant, sondern als nahezu wertlosen Weidegrund für Schafe und Ziegen. Überrascht worden seien von dieser Entscheidung nur sie selbst, sagt einer der Bauern:
"Die Behörden haben uns von Anfang an gesagt: Wo immer ihr euch auch beschwert in der Türkei, mehr werdet ihr nicht bekommen. Gut, wenn ihr ans Europäische Menschenrechtsgericht geht, da kann man nie wissen, was die machen. Aber hier in der Türkei kriegt ihr nirgends mehr."
Die Bauern von Kesemeköprü sind entschlossen, bis nach Strassburg zu gehen, wenn der türkische Rechtsweg erschöpft ist. Ein logischer Ausweg wäre es, wenn den Bauern von Kesmeköprü als Entschädigung für ihr Land einige der neuen Sozialbauwohnungen angeboten würden, die darauf errichtet werden sollen. Aber auch dieser Weg ist versperrt, klagen die Frauen am Brotofen:
"Die Hasankeyfer wollen uns da nicht haben. Sie sagen, wir sollen da nicht wohnen dürfen. Wir sagen, das ist doch unser Land, wie könnt ihr uns von da vertreiben. Aber die Hasankeyfer wollen uns dort einfach nicht dulden."
Vom Brotofen aus ist Hasankeyf gut zu sehen mit seinen Palastruinen und Jahrhunderte alten Minaretten. Doch nicht nur der in der Abendsonne glitzernde Tigris trennt das Dorf an diesem Ufer von der Kleinstadt am anderen, sondern auch Sprache, Sitten, Bräuche und Geschichte, wie einer der Bauern von Kesmeköprü sagt:
"Die Bewohner von Hasankeyf sind Araber und wir sind Kurden: Das ist der Grund dafür, dass die Hasankeyfer uns nicht mit am neuen Siedlungsort leben lassen wollen."
Zwar hat auch die arabischstämmige Minderheit von Südostanatolien keine besonders starke Lobby bei den Behörden in Ankara. Hasankeyf steht beim Bau des Ilisu-Staudamms aber wegen seiner Kulturschätze im Blickpunkt der europäischen Kreditgeber und soll deshalb bei der Umsiedlung gut behandelt werden. Den Preis werde das kleine Dorf am anderen Ufer des Tigris bezahlen müssen, befürchtet Bürgermeister Mahmutoglu.