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Entlassung von FBI-Chef Comey
Das mutmaßliche Kalkül des Präsidenten

James Comey habe keinen guten Job gemacht, so begründete US-Präsident Donald Trump die Entlassung des FBI-Chefs. Und: Das Vertrauen der Nation in die Bundespolizei müsse wieder hergestellt werden. Die Demokraten vermuten Machtmissbrauch - Trump versuche, die Ermittlungen um seine Rolle in der Russlandaffäre zu Fall zu bringen.

Von Thilo Kößler |
    Im Januar wurden noch Hände geschüttelt: Donald Trump und James Comey.
    Im Januar wurden noch Hände geschüttelt: US-Präsident Donald Trump und Ex-FBI-Chef James Comey. (imago/ZUMA Press)
    Warum überhaupt? Warum jetzt? Und warum Comey? Die Demokraten geben sich mit der offiziellen Begründung für die Entlassung des FBI-Chefs nicht zufrieden – sie halten, wie es der Chef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, formulierte, diese Begründung aus der Feder des stellvertretenden Justizministers Rod Rosenstein nur für einen Vorwand, um von dem echten Grund abzulenken: Dass Präsident Trump die verdeckte Ermittlungsarbeit des FBI-Chefs in der Russlandaffäre schlichtweg zu heiß geworden ist. Jedenfalls gibt es keinerlei Grund zu der Annahme, dass die offizielle Begründung den wahren Sachverhalt wiedergibt, so Schumer.
    Donald Trump war die Empörung über die Entlassung aus mehr oder weniger unverhohlenem, persönlichen Eigennutz nur ein Anlass, um erneut rüde zurück zu keilen – in der von ihm bevorzugten Rechtfertigungsstrategie im Offensivmodus erklärte er den geschassten FBI-Chef schlichtweg für unfähig. Comey habe keinen guten Job gemacht, punktum.
    Offensichtliche Verkehrung der Tatsachen
    Damit nicht genug, spielte Donald Trump den gedemütigten Chef der Bundespolizei zum nationalen Skandalon hoch und ließ seinen loyal-servilen Vizepräsidenten Mike Pence erklären, Comeys Entlassung sei die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt gewesen.
    Es gelte, das Vertrauen der Nation in die Bundespolizei FBI wiederherzustellen.
    Diese offensichtliche Verkehrung der Tatsachen bringt die Demokraten nur noch mehr auf: Sie zählen eins und eins zusammen und kommen zu dem Schluss, dass Donald Trump in einem Akt des Machtmissbrauchs versuche, die Ermittlungen gegen ihn selbst und sein unmittelbares Umfeld zu behindern, wenn nicht gar zu Fall zu bringen.
    Den Präsidenten hätten die Ermittlungen zunehmend nervös gemacht, heißt es auf dem Capitol Hill – und dies umso mehr, als Comey bei seiner letzten Vernehmung in der vergangenen Woche indirekt eingeräumt hatte, dass der Präsident selbst in den Fokus seiner Behörde geraten sei. Nun wurde auch noch bekannt, dass Comey kürzlich um mehr Personal und Geld ersuchte, um die Ermittlungen in der Russlandaffäre noch intensivieren zu können. Das alles ruft nach Ansicht Schumers nach einem unabhängigen Sonderermittler, den der stellvertretende Justizminister jetzt einberufen müsse.
    Der Wahrheit zu ihrem Recht verhelfen
    Die Forderung der Demokraten stößt jedoch nur bei einem knappen Dutzend kritischer Republikaner im Senat auf offene Ohren – für die überwiegende Mehrheit hat ihr Sprecher Mitch McConell schon die Parole ausgegeben: Es wird keinen unabhängigen Sonderermittler geben. Das würde die Arbeit der bestehenden Ausschüsse nur behindern.
    Das mutmaßliche Kalkül des Präsidenten und seiner loyalen Anhänger, die Ermittlungen in Sachen Russlandaffäre sukzessive zu behindern und möglicherweise einzufrieren, dürfte dennoch nicht aufgehen: Die Demokraten haben sich vorgenommen, ihren ganzen Einfluss geltend zu machen, um der Wahrheit doch noch zu ihrem Recht zu verhelfen.