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Entlassung von FBI-Chef Comey
"Es ist ein Schatten von Watergate dabei"

Die Entlassung von FBI-Chef James Comey durch US-Präsident Donald Trump ist nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Jackson Janes nicht unmittelbar mit der Watergate-Affäre vergleichbar. Es gebe aber Parallelen: "Wir sind wieder in einem Test, um zu sehen, wie stark sind unsere demokratischen Institutionen, wenn hier so ein Vertrauensverlust mitmischt", sagte Janes im DLF.

Jackson Janes im Gespräch mit Peter Kapern |
    Jackson Janes hört bei einer Talkshow zu
    Jackson Janes ist Direktor des American Institue für Contemporary German Studies an der John Hopkins University in Washington, D.C. (imago / Metodi Popow)
    Peter Kapern: Der spektakuläre Rausschmiss von FBI-Chef Comey habe nichts, aber auch wirklich gar nichts zu tun mit den Verbindungen des Wahlkampfteams von US-Präsident Trump nach Russland. So hat es Trump gestern beteuert. Geglaubt hat ihm das aber kaum jemand. Schließlich nimmt das FBI diese Russland-Connection genauestens unter die Lupe, genauso wie die Abgeordneten im Kongress. Erste Vergleiche zu Watergate machen die Runde. Am Telefon in Washington ist jetzt Jackson Janes, der Präsident des American Institute for Contemporary German Studies. Guten Morgen, Mr. Janes!
    Jackson Janes: Guten Morgen!
    Kapern: Nun hat Ihnen Ihr Präsident gestern versichert, dass der neue FBI-Chef viel besser sein werde als der gefeuerte James Comey, und der Vizepräsident hat beteuert, der Rausschmiss habe nichts mit der Russland-Affäre zu tun. Sind Sie als US-Bürger jetzt beruhigt?
    Janes: Ich bin eigentlich enttäuscht, weil ich finde, das ist ein Ablenkungsmanöver. Es geht eigentlich nicht um die Verfassungsmöglichkeiten, die dem Präsident zusteht. Das kann er tun, Comey feuern. Aber diese politische Umwelt, genau diese Atmosphäre, die er geschaffen hat, das ist genau umgekehrt, was er gewünscht hat. Das heißt, er hat ja mehr oder weniger genau das Umgekehrte erreicht, was er meinte, erreicht zu haben mit dieser Aktion. Und was der Vizepräsident eben sagte, wir wollten ja Vertrauen schaffen, das ist genau umgekehrt passiert. Er hat eine richtige "Mess" gemacht, das ist ein chaotischer Präsident.
    Kapern: Welche Gründe vermuten Sie denn nun hinter der Entlassung, die schlechte Performance des FBI-Direktors, so wie es jetzt aus dem Weißen Haus zu hören ist, oder doch dessen Ermittlungen in Sachen Russland-Verbindungen des Trump-Wahlkampfteams?
    Janes: Wahrscheinlich beides. Ich meine, es gab natürlich eine Kritik von allen beiden Seiten, republikanisch und demokratisch, zu gewissen Zeitpunkten über Monate hinweg gegenüber Comey. Insofern, da waren natürlich dann manche Leute der Meinung, ja, der hat zu viel Profil für sich gewonnen. Aber ich glaube, es ist nicht unbedingt das Problem, das jetzt auf uns zurast. Das Problem, abgesehen von der Vermutung und dieser Untersuchung wegen Russland und irgendwelchen politischen Machereien, das geht weiter. Das wird nicht aufhören und das bleibt einfach wahrscheinlich bis 2018 im November. Dann kommen wieder die Wahlen und da könnten eigentlich einige Republikaner, die jetzt die Mehrheit in beiden Häusern haben, schon mal bange werden, in dem Sinne, dass sie sagen, wie läuft denn eigentlich das weiter, kann das die gesamte Zeit, die ersten zwei Jahre, nicht nur die hundert Tage, sondern über die nächsten 18 Monate noch anhalten. Das sind die Widersprüche, die er verursacht hat, meiner Ansicht nach, mit dieser Aktion.
    "Die Untersuchungen, die schon im Gange sind, werden weiterlaufen"
    Kapern: Wenn diese Untersuchungen weitergehen, dann mag das politisch störend sein für Trump und seine Republikanische Partei. Die Frage ist aber, ob die Abgeordneten im Kongress auch die Mittel und die Fähigkeit haben, die Wahrheit über diese Russland-Verbindungen herauszufinden. Die Demokraten fordern ja stattdessen einen Sonderermittler. Was wäre der bessere Weg, um die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen?
    Janes: Es gibt natürlich jetzt schon einige Untersuchungen von den beiden Kammern, Senat und Haus, und die werden wahrscheinlich auch weiterhin laufen. Das FBI selber wird sich weiterhin damit beschäftigen. Aber ich glaube, im Großen und Ganzen – und noch mal auf die Frage, wie kann man Vertrauen wiederherstellen – ist es doch besser, mit einer unabhängigen Stimme hier umgehen zu müssen, um einfach zu gewährleisten, dass kein Verdacht besteht, sei es von dem "White House", oder sei es von republikanischer Seite, überhaupt das zu beeinflussen. Ich glaube, das ist der beste Weg. Ich bin nicht so sicher, ob das dann klappt, aber die Untersuchungen in dem Senat und in dem Haus, die schon sowieso im Gange sind, die werden weiterlaufen.
    Kapern: Sie sind jedenfalls der Meinung, dass die Einsetzung eines Sonderermittlers, wie ihn die Demokraten fordern, durchaus hilfreich und sinnvoll wäre?
    Janes: Ich denke, ja, weil es ist eigentlich eine Garantie, dass es eine unabhängige Einrichtung ist, wenn man so will. Das hatten wir schon mal in der Vergangenheit gehabt und das hat dann den Zweck erfüllt. Aber ich bin nicht so sicher, ob es genehmigt wird, weil es muss natürlich auch dann von dem Kongress kommen, und das wird nicht so leicht durchgehen. Aber ich glaube, der Druck wird steigen, und wir haben wie gesagt das schon mal vor 27 Jahren (*) erlebt in Watergate, und ich könnte mir vorstellen, dass etwas Ähnliches in diesem Fall auch passiert.
    Watergate: "Es ist nicht unbedingt direkt vergleichbar"
    Kapern: Jetzt haben Sie das Stichwort Watergate schon selbst genannt. Liegt über der ganzen Sache schon ein Hauch von Watergate?
    Janes: Es ist ein Schatten dabei. Ich meine, es ist nicht unbedingt direkt vergleichbar, aber es trägt dazu bei, einfach zu sagen, wo bleibt eigentlich – das ist das Stichwort, was wir beide jetzt mal besprechen – Vertrauen. Damals war Vertrauen auch verloren gegangen bei dem Watergate-Komplex. Allerdings hat das System natürlich dann in diesen Jahren, nachdem Nixon zurückgetreten war, gesiegt. Und ich glaube, hier sind wir wieder in einem Test, um zu sehen, wie stark sind unsere demokratischen Institutionen, wenn hier so ein Vertrauensverlust mitmischt. Und ich hoffe, dass wir aus dieser Krise rauskommen mit einer Verstärkung von diesen Institutionen und nicht umgekehrt.
    Kapern: Nach all dem, Mr. Janes, was man bis jetzt schon weiß, wie nah sind die Ermittlungen in Sachen Russland-Connection Donald Trump selbst schon gekommen?
    Janes: Wissen wir nicht. Ich glaube, dass die Feststellung meistens von Seiten von Trump selber kommt, weil es sehr schwer herauszuholen ist, dass er überhaupt zugibt, dass die Russen eine Rolle gespielt haben. Aber im Senat und im Haus, da sind schon einige, und erst recht beim FBI und bei all diesen Services, die wir haben, die haben alle mehr oder weniger betont, das ist eine gegebene Tatsache. Die Frage ist, wie weit geht das, aber wir sind noch längst nicht damit fertig, das ganz aufzudecken, und das müssen wir. Denn das kann ja auch wiederkommen in 2018, übrigens auch zu euren Gunsten, dass wir auch das mal rauskriegen, weil das könnte auch euch passieren.
    Kapern: Sie sprechen jetzt über die Beeinflussung des Wahlergebnisses aus Russland?
    Janes: Ja. Und ich glaube, das ist eine gegebene Tatsache. Daran zweifelt keiner eigentlich, der wirklich gut informiert ist. Die Frage ist, wie können wir das jetzt am besten hier weiter erforschen, sodass wir wissen, auch wie man damit umgehen kann, weil das wird nicht aufhören.
    Kapern: Wie steht Donald Trump eigentlich jetzt da? Es steht dieser Verdacht im Raum, er ist Präsident gewissermaßen von Moskaus Gnaden, weil dort die Wahlen beeinflusst worden sind, und er selbst bestreitet dies vehement – kann man sogar verstehen, weil dies doch einen mindestens schweren Schatten auf seine Präsidentschaft werfen würde. Wie stehen eigentlich Trumps Anhänger dazu?
    Janes: Momentan stehen sie dazu. Das heißt, die stehen zu ihm, und ich glaube nicht, dass die richtigen Stammwähler bei Trump dieses Problem richtig wahrnehmen wollen. Viele Leute sagen, ach, das sind alles dann Fake News, das kommt ja eigentlich von dem Gegner von Trump. Eigentlich für diejenigen Leute ist dieses Problem nicht momentan unmittelbar wichtig. Sie haben ja auch andere Probleme. Sie haben die Auseinandersetzung momentan über die anderen Gesundheitsreform-Pläne. Da sind sie näher dran, die meisten Stammwähler von Trump. Insofern ist es noch nicht so durchdrungen, sodass sie dann Sorgen machen, aber das kann ja kommen, wer weiß.
    Absetzungsverfahren ist "schon etwas weit weg momentan"
    Kapern: Wie weit ist Donald Trump von einem Impeachment-, von einem Absetzungsverfahren noch entfernt?
    Janes: Oh, ziemlich weit. Wenn wir dabei von Watergate reden – damals war eigentlich die demokratische Mehrheit im Stande, das in Gang zu bringen gegen einen republikanischen Präsidenten. In diesem Staat, wo ich jetzt lebe, ist der republikanische Präsident mit zwei Mehrheiten ziemlich abgesichert in beiden Häusern, also Senat und im Haus. Insofern: Eine Mehrheit, das umzuändern, da müsste eigentlich in 2018 eine ziemliche Lawine passieren für die Demokraten. Das sehe ich nicht kommen. Insofern: Ich glaube, dass das mit dem Impeachment schon etwas weit weg ist momentan.
    (*) Anm. der Red.: Hier hat sich Jackson Janes offenbar versprochen. Die sogenannte Watergate-Affäre hatte im Jahr 1974 mit dem Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon ihren Höhepunkt, also vor 43 Jahren.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.