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Entlassung von FBI-Chef Comey
"Trump will etwas Schlimmeres vermeiden"

In der Entlassung von FBI-Chef James Comey durch US-Präsident Trump sieht Politikwissenschaftler Andrew Denison eine Gefahr für die Demokratie. Es deute darauf hin, dass Trump große Risiken in Kauf nehme, um eine Untersuchung über seine Wahlkampagne und Russland zu vermeiden, sagte er im DLF.

Andrew Denison im Gespräch mit Mario Dobovisek |
    US-Präsident Donald Trump auf dem Weg ins Weiße Haus.
    US-Präsident Donald Trump (picture alliance / Ron Sachs/Consolidated News Photos/Ron Sachs - Pool via CNP)
    Mario Dobovisek: Die Entscheidung traf das politische Washington wie ein Blitz. US-Präsident Donald Trump hat FBI-Chef James Comey mit sofortiger Wirkung entlassen. Das teilte das Weiße Haus in der Nacht mit. Es geht demnach um die Rolle des FBI in der E-Mail-Affäre von Hillary Clinton im Wahlkampf. Doch die Demokraten sehen dafür ganz andere Gründe, nämlich die Ermittlungen um die Russland-Kontakte von Donald Trump und seinem Team im Wahlkampf. Das erwähnt Trump sogar in seinem Entlassungsschreiben an den FBI-Chef.
    Am Telefon begrüße ich Andrew Denison. Er ist Politikwissenschaftler und leitet das Bildungszentrum "Transatlantic Networks". Guten Morgen, Herr Denison.
    Andrew Denison: Einen schönen guten Morgen.
    Dobovisek: Comey sei nicht in der Lage, das FBI effektiv zu leiten, so lautet die offizielle Begründung. Nur ein Vorwand?
    Denison: Ein Vorwand, ja, querbeet durch. Auch der ganze Vorwurf, so ironisch wie das klingt, war ja, dass Comey mit seiner Untersuchung von Hillary Clintons E-Mails falsch umgegangen ist. Also ein Vorwurf, die Wirksamkeit dieses FBI-Direktors, war nach Trump definiert, und er meinte, dieser Mann dient nicht in seinen Interessen, und daher ist er nicht mehr effektiv.
    "Eine Gefahr für die Demokratie"
    Dobovisek: Was steckt genau dahinter?
    Denison: Ja, da rätseln wir alle. Auf jeden Fall ist es sehr Besorgnis erregend. Es hat eine gigantische Reaktion verursacht und jetzt muss Trump damit fertig werden. Es deutet darauf hin, dass Trump große Risiken in Kauf nimmt, um zu vermeiden, dass diese Untersuchung über seine Wahlkampagne und Russland weitergeht.
    Im Januar wurden noch Hände geschüttelt: Donald Trump und James Comey.
    Im Januar wurden noch Hände geschüttelt: Donald Trump und James Comey. (imago/ZUMA Press)
    Dobovisek: Der ehemalige Staatsanwalt Jeffrey Tobin zeigt sich empört. Hören wir, was er gesagt hat:
    "Es ist ein grotesker Machtmissbrauch des US-Präsidenten. So was gibt’s nur in Ländern, die keine Demokratien sind, wenn Ermittlungen in die Nähe eines Staatschefs kommen, dass sie die Leute, die die Untersuchung leiten, feuern."
    Dobovisek: Teilen Sie Tobins Einschätzung, Herr Denison? Ist die Entlassung Comeys einer Demokratie unwürdig?
    Denison: Einer Demokratie unwürdig – das ist natürlich ein breiter Begriff. Aber grundsätzlich ist es eine Gefahr für die Demokratie, wenn der Präsident der Meinung ist, dass unsere Gesetzgebung ihn nicht betrifft und dass er willkürlich eine voll legitime, notwendige Untersuchung von seiner Wahlkampagne und Beziehung zu Russland, wenn er das dann blockiert.
    Dobovisek: Und er geht diese Gefahr bewusst ein, sagen Sie, damit nicht ermittelt wird, weil er darin eine größere Gefahr sieht?
    Denison: Das kann man daraus schließen. Leider wissen wir nicht, wie Trump denkt und was seine endgültigen Motive sind, aber das ist die beste Erklärung, die wir sehen. Er will was Schlimmeres vermeiden. Und das ist auch gleich der Grund, warum so viele auch Republikaner jetzt sagen, dass eine Untersuchung unabhängig sein muss. Es gab zu viel politische Intervention in dieser Untersuchung bisher und das war dann der ultimative Verstoß oder Unterbrechung dieser Untersuchung.
    Absichtlich Hilfe von Russland angenommen?
    Dobovisek: Wie wahrscheinlich ist es damit für Sie, Herr Denison, dass Russland die Wahlen in den USA beeinflusst hat?
    Denison: Das ist eindeutig und Trump hat das sogar zugegeben. Er sagte zumindest, die haben angegriffen, die haben versucht, die zu beeinflussen. Es stimmt, es ist nicht einfach zu sagen, ob ohne diesen Angriff auf unsere Informationssouveränität Trump der Verlierer wäre. Das wird man auch untersuchen, auch wie man das in der Zukunft verhindern kann. Allerdings ein Element – und das ist genauso wichtig und vielleicht auch mehr geladen mit Krisenpotenzial – ist, ob Donald Trump und seine Leute absichtlich Hilfe von Russland angenommen haben.
    Dobovisek: Unser Korrespondent berichtet aus Washington, die Schlinge um Trumps Hals, sie zöge sich immer weiter zu. Es werden schon Vergleiche gezogen zu Watergate und Nixon in den 70er-Jahren, der ja letztlich über das Absetzen eines Sonderermittlers stürzte. Kann die Comey-Entlassung Trumps Ende bedeuten?
    Denison: Es ist zu früh, das zu sagen. Gott sei Dank haben wir die Erfahrung mit Watergate und können das als Maßstab benutzen, um dieses Chaos ein bisschen besser zu verstehen. Aber es ist noch nicht das Ende von Trump. Was man sagen kann ist aber, dass ein Präsident sich auf diese Weise noch nicht gefährdet hat.
    Dobovisek: Was muss Trump tun, um all das jetzt wieder aufzuräumen?
    Denison: Was muss er tun? – Er muss Vertrauen wiederherstellen, dass eine legitime Untersuchung Russlands Intervention in unseren Wahlkampf vorangehen kann, ohne dass er versucht, das zu blockieren. Er muss auch Vertrauen wiederherstellen, dass er nichts mit diesem Versuch zu tun hatte. Und der einzige Weg, wie er das machen kann, ist eine volle, offene, schnelle Untersuchung und dann Veröffentlichung der Beziehung und dann kann man ihm einen halbwegs Unschuldigenschein geben. Aber dieser Präsident ist von Russlands Intervention auch geschwächt. Das war Absicht der Intervention.
    Trump ist vielleicht sauer darüber, er kann nichts dagegen tun, aber es ist eine neue Krise für die USA auch in der Beziehung zu Russland. Wir hatten das noch nicht.
    "Dann machen die Russen das wieder"
    Dobovisek: Eine gefährliche Krise?
    Denison: Ich denke schon, denn auch wenn Trump fällt oder nicht, man kann den Russen nicht den Eindruck geben, dass sie Vorteile durch solche Angriffe mitnehmen können, dass es keinen Preis dafür gibt. Dann machen die das wieder. Die bestehenden Interessen, Trump hin und her, sagen, es muss den Russen klar sein, dass das denen mehr kostet, als es ihnen bringt.
    Dobovisek: Der Politikwissenschaftler Andrew Denison über die überraschende Entlassung des FBI-Chefs in den USA. Vielen Dank, Herr Denison.
    Denison: Ja, mein Vergnügen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.