Ein junger Soldat wird in seinem Heimatdorf beerdigt. Vor ein paar Monaten ist er zum Wehrdienst eingezogen worden, nun kehrt er im fahnenbedeckten Sarg zurück. Die Mutter schreit am Grab ihren Schmerz hinaus. Fast täglich sind solche Bilder wieder im türkischen Fernsehen zu sehen, denn fast täglich gibt es wieder Tote im Kampf gegen die kurdische Untergrundorganisation PKK.
Allein in den letzten Tagen starben mehr als ein Dutzend türkische Soldaten bei PKK-Angriffen; die Rebellen selbst behaupten, binnen weniger Tage 33 Soldaten getötet zu haben. Und das sei nur der Auftakt, warnte die PKK diese Woche in einer schriftlichen Erklärung der Führung:
"Da die Türkische Republik unseren einseitigen Verzicht auf Angriffe und die Verhandlungsaufrufe unseres Anführers nur mit Angriffen beantwortet hat, beginnt jetzt eine neue Phase. Hiermit teilen wir mit, dass wir ab dem 1. Juni von unserem Recht auf Vergeltungsschläge Gebrauch machen."
PKK-Chef Abdullah Öcalan hatte schon seit März damit gedroht, die Rebellen loszulassen, wenn die türkische Regierung ihn nicht endlich an den Verhandlungstisch bitte. Der inhaftierte Rebellenchef hatte sich lange Hoffnungen auf eine Amnestie gemacht und deshalb mäßigend auf die PKK eingewirkt. Nun hat er diese Hoffnung offenbar aufgegeben. Von der Gefängnisinsel Imrali aus teilte er letzte Woche mit, er halte sich künftig aus der Angelegenheit heraus:
"Weil ich keinen Gesprächspartner gefunden habe, ziehe ich mich nach dem 31. Mai zurück."
Die Führung der PKK übertrug Öcalan an seine Statthalter Karayilan und Bayik - altgediente Hardliner, die sogleich zum Angriff übergingen. Doch nicht nur radikale Kräfte um Öcalan sind von den jüngsten Entwicklungen frustriert. Auch Aktivisten wie Murat Kizil, der Bezirksvorsitzende der Kurdenpartei BDP im Istanbuler Bezirk Avcilar klagen, dass von der groß angekündigten Kurden-Initiative der türkischen Regierung, der sogenannten "kurdischen Öffnung", auch nach einem Jahr nicht viel zu spüren sei:
Es hat keinerlei Öffnung gegeben. Die Regierungspartei AKP versucht damit nur, die Kurden zu täuschen. Konkret hat sich jedenfalls nichts bewegt. Fast zweitausend unserer Aktivisten sitzen hinter Gittern. Diese Öffnung, von der die AKP spricht, die gibt es nicht.
Die Regierung sieht das freilich anders. Die AKP habe das seit Jahrzehnten geltende Notstandsrecht in den Kurdenprovinzen aufgehoben und die Terrorgesetze gelockert, zählt Innenminister Atalay bei seinen Reisen durch den kurdischen Südosten immer wieder auf.
Auch auf kultureller Ebene habe sich viel getan: So sei das Verbot der kurdischen Sprache aufgehoben, Funk und Fernsehen dürften auf Kurdisch senden und an den Universitäten würden kurdische Lehrstühle gegründet. Per Verfassungsreform bemühe sich die AKP derzeit außerdem, das Verbot von Kurdenparteien zu erschweren, und ein Verbot der Inhaftierung von minderjährigen Steinewerfern werde noch vor der Sommerpause verabschiedet.
Noch viel weiterreichende Reformen ließen sich durchsetzen, wenn die PKK diese nicht mit Angriffen unterlaufen würde, beschwor Atalay kürzlich sein Publikum in der Kurdenstadt Batman. Fast zeitgleich wurden sechs Soldaten bei einem Überfall auf einen Marinestützpunkt im Süden des Landes getötet. Ministerpräsident Erdogan dazu im Parlament:
"Wir haben dieses Projekt der nationalen Versöhnung und des Friedens gestartet, um das Blutvergießen zu stoppen. Aber wann immer die Türkei mehr Demokratie wagt, greift eine dunkle Hand ein und versucht diese Entwicklung zu sabotieren. Wenn wir von Demokratie sprechen, verüben diese Kräfte einen Terroranschlag. Wenn wir über Menschenrechte reden, dann greifen sie mit Waffengewalt an. Wenn wir Recht und Freiheit schaffen, dann vergießen sie Blut. Ich frage Sie: Wer gewinnt dabei, und wer verliert?"
Für die sonst sehr nüchterne Wirtschaftszeitung "Referans" steht jedenfalls schon jetzt fest: Im Kurdenkonflikt beginne jetzt eine Phase der Gewalt, die selbst die schlimmsten Kriegsjahre in den Schatten stellen werde.
Allein in den letzten Tagen starben mehr als ein Dutzend türkische Soldaten bei PKK-Angriffen; die Rebellen selbst behaupten, binnen weniger Tage 33 Soldaten getötet zu haben. Und das sei nur der Auftakt, warnte die PKK diese Woche in einer schriftlichen Erklärung der Führung:
"Da die Türkische Republik unseren einseitigen Verzicht auf Angriffe und die Verhandlungsaufrufe unseres Anführers nur mit Angriffen beantwortet hat, beginnt jetzt eine neue Phase. Hiermit teilen wir mit, dass wir ab dem 1. Juni von unserem Recht auf Vergeltungsschläge Gebrauch machen."
PKK-Chef Abdullah Öcalan hatte schon seit März damit gedroht, die Rebellen loszulassen, wenn die türkische Regierung ihn nicht endlich an den Verhandlungstisch bitte. Der inhaftierte Rebellenchef hatte sich lange Hoffnungen auf eine Amnestie gemacht und deshalb mäßigend auf die PKK eingewirkt. Nun hat er diese Hoffnung offenbar aufgegeben. Von der Gefängnisinsel Imrali aus teilte er letzte Woche mit, er halte sich künftig aus der Angelegenheit heraus:
"Weil ich keinen Gesprächspartner gefunden habe, ziehe ich mich nach dem 31. Mai zurück."
Die Führung der PKK übertrug Öcalan an seine Statthalter Karayilan und Bayik - altgediente Hardliner, die sogleich zum Angriff übergingen. Doch nicht nur radikale Kräfte um Öcalan sind von den jüngsten Entwicklungen frustriert. Auch Aktivisten wie Murat Kizil, der Bezirksvorsitzende der Kurdenpartei BDP im Istanbuler Bezirk Avcilar klagen, dass von der groß angekündigten Kurden-Initiative der türkischen Regierung, der sogenannten "kurdischen Öffnung", auch nach einem Jahr nicht viel zu spüren sei:
Es hat keinerlei Öffnung gegeben. Die Regierungspartei AKP versucht damit nur, die Kurden zu täuschen. Konkret hat sich jedenfalls nichts bewegt. Fast zweitausend unserer Aktivisten sitzen hinter Gittern. Diese Öffnung, von der die AKP spricht, die gibt es nicht.
Die Regierung sieht das freilich anders. Die AKP habe das seit Jahrzehnten geltende Notstandsrecht in den Kurdenprovinzen aufgehoben und die Terrorgesetze gelockert, zählt Innenminister Atalay bei seinen Reisen durch den kurdischen Südosten immer wieder auf.
Auch auf kultureller Ebene habe sich viel getan: So sei das Verbot der kurdischen Sprache aufgehoben, Funk und Fernsehen dürften auf Kurdisch senden und an den Universitäten würden kurdische Lehrstühle gegründet. Per Verfassungsreform bemühe sich die AKP derzeit außerdem, das Verbot von Kurdenparteien zu erschweren, und ein Verbot der Inhaftierung von minderjährigen Steinewerfern werde noch vor der Sommerpause verabschiedet.
Noch viel weiterreichende Reformen ließen sich durchsetzen, wenn die PKK diese nicht mit Angriffen unterlaufen würde, beschwor Atalay kürzlich sein Publikum in der Kurdenstadt Batman. Fast zeitgleich wurden sechs Soldaten bei einem Überfall auf einen Marinestützpunkt im Süden des Landes getötet. Ministerpräsident Erdogan dazu im Parlament:
"Wir haben dieses Projekt der nationalen Versöhnung und des Friedens gestartet, um das Blutvergießen zu stoppen. Aber wann immer die Türkei mehr Demokratie wagt, greift eine dunkle Hand ein und versucht diese Entwicklung zu sabotieren. Wenn wir von Demokratie sprechen, verüben diese Kräfte einen Terroranschlag. Wenn wir über Menschenrechte reden, dann greifen sie mit Waffengewalt an. Wenn wir Recht und Freiheit schaffen, dann vergießen sie Blut. Ich frage Sie: Wer gewinnt dabei, und wer verliert?"
Für die sonst sehr nüchterne Wirtschaftszeitung "Referans" steht jedenfalls schon jetzt fest: Im Kurdenkonflikt beginne jetzt eine Phase der Gewalt, die selbst die schlimmsten Kriegsjahre in den Schatten stellen werde.