"Ein Kind als Indexfall: Da muss irgendwie was falsch sein. Der Indexfall sollte ein Jäger sein. Das müsste eigentlich immer ein Mann sein und ein Jäger. Das war in dem Fall aber ziemlich eindeutig nicht so."
Fabian Leendertz war verwundert, als er im April 2014 durch die Wälder in Guinea zog, auf der Suche nach Tieren, die das Ebola-Virus auf den Menschen übertragen haben könnten.
"Das ist das Klassische: Im Kongo, in Gabun, der Großteil der Ausbrüche dort ist darauf zurückzuführen, dass es eine Epidemie gibt bei Menschenaffen, vor allem Schimpansen, Gorillas, aber auch so Waldantilopen. Und die liegen dann tot im Wald rum. Und die Jäger, die in den Wald gehen, finden die Tiere, fassen sie an, nehmen sie mit nach Hause, wenn sie frisch genug tot sind. Und so geht eben die Epidemie los."
Doch in den Wäldern sind Leendertz und seine Kollegen nicht über Kadaver von Menschenaffen gestolpert. Und in der Zwischenzeit war eben bekanntgeworden: Ein zweijähriger Junge war wohl der allererste, der in Westafrika an Ebola erkrankt und auch gestorben ist.
Daraufhin hat sich das Forscher-Team aufgeteilt: Ein paar Ökologen durchkämmten weiter zwei Waldschutzgebiete, um Spuren von Menschenaffen zu sammeln. Fabian Leendertz selbst reiste mit drei Tierärzten vom Robert-Koch-Institut und einer Anthropologin weiter nach Meliandou. In diesem Dorf nahe Guéckédou in Guinea hatte der Junge gelebt. Im Fachmagazin "EMBO Molecular Medicine" berichtet Leendertz mit Kollegen nun:
"Was besonders ist an Meliandou, ist, dass es einen großen Baum gab, 50 Meter entfernt von der Hütte, wo eben der Indexfall mit seiner Familie gelebt hat. Das war ein großer, hohler Baum und der war direkt an dem Weg zum Wasserloch, zum Wasserflüsschen, wo die Frauen zum Waschen hingehen. Und die Frauen gingen da lang mit ihren Kindern, und die Kinder waren da dann auf diesem "Spielplatz", auf diesem afrikanischen Spielplatz eben in und um diesen Baum drum herum."
Kein zweifeslfreier Beweis
In diesem Baum gab es wohl eine riesige Kolonie von Fledermäusen. Die Beschreibungen der Dorfbewohner passten gut zur Art Mops condylurus. Diese Fledermaus-Art ist nur wenige Zentimeter groß, weit verbreitet in Sub-Sahara-Afrika - und wurde schon einmal verdächtigt, eine Ebola-Epidemie ausgelöst zu haben.
In dem Baum in Meliandou sollen Tausende Fledermäuse gelebt haben. Aber einige einfangen und untersuchen - das ging nicht:
"Ein paar Tage, bevor wir gekommen sind, haben die Dörfler - wahrscheinlich aus Versehen - den Baum angezündet. Und dann hat es angefangen, Fledermäuse zu regnen. Das heißt, wir konnten diese Kolonie leider nicht beproben. Das ist sehr ärgerlich."
Dafür wurden Proben von der Erde und der Asche im und um den Baumstumpf herum genommen. Später, zurück in den Laboren in Deutschland, stellte sich heraus: Ja, in den Proben war Erbmaterial von der Fledermaus-Art Mops condylurus.
Damit ist zwar nicht zweifelsfrei bewiesen, dass die Ebola-Epidemie in Westafrika auf diese kleine Fledermaus-Art in diesem einen Baum zurückgeht - wahrscheinlich ist es aber durchaus.
Dabei waren zwei andere Quellen verdächtigt worden für den Übersprung des Ebola-Virus' von Tier zu Mensch: nämlich Flughunde und Menschenaffen. Dass die ausgeschlossen werden können, haben noch mehr Daten von Leendertz' Reise ergeben. Flughunde jagen die Erwachsenen nur, wenn es nötig ist; zumal es in Meliandou nur ein paar einzelne Flughunde gibt. Und es leben sogar mehr Schimpansen vor Ort als vor ein paar Jahren. Außerdem wurde unter den Menschenaffen keine Ebola-Epidemie entdeckt.