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Episches Erzählen in TV-Serien

"Besser als Kino?" – unter dieser Überschrift hatte das Filmbüro NW Drehbuchautoren, Regisseure und Produzenten aus der deutschen Film- und Fernsehbranche nach Köln eingeladen. Einen Tag lang diskutierten sie gemeinsam über die Chancen epischer Erzählformen für Fernsehserien.

Von Kerstin Ruskowski |
    "Allein gegen die Zeit" ist der Titel einer Serie für Kinder. Das Besondere daran: die epische Erzählweise. Wobei Epik ja grundsätzlich nicht mehr bedeutet, als dass etwas erzählt wird. Doch im Fachjargon der Film- und Fernsehmacher steht eine "epische Erzählweise" für etwas Besonderes.

    "Der Unterschied ist im Prinzip, ob man eine abgeschlossene Serienfolge erzählt – so wie Derrick oder so – oder ob man eine über eine ganze Staffel, 13 oder 24 Folgen, laufende Handlung erzählt, die durchläuft, die also immer weiter geht von Folge zu Folge","

    erklärt Stephan Brüggenthies, der Vorsitzende des Filmbüros NW. Die meisten erfolgreichen Serien, die mit diesem Muster arbeiten, laufen im amerikanischen Fernsehen: "24", "Lost", "Mad Men" oder "Breaking Bad" sind nur einige Beispiele. "Allein gegen die Zeit" ist für diese Erzählform eines der bisher noch recht seltenen Beispiele im deutschen Fernsehen. Die Serie besteht pro Staffel aus 13 Folgen à 25 Minuten. Nach und nach erfahren die Zuschauer, dass Bens Vater eigentlich gar kein Lehrer, sondern ein Forscher ist, der eine bahnbrechende Entdeckung gemacht hat, die nun wiederum Kriminelle für ihre Zwecke missbrauchen wollen. Was das Storytelling betrifft, bieten sich durch die epische Erzählweise neue Chancen, erklärt Stephan Rick, einer der Drehbuchautoren von "Allein gegen die Zeit".

    ""Was ganz wichtig bei diesem Format ist, dass wir eben ständig neue Enthüllungen über die Figuren erfahren. Und das ist, glaube ich, beim epischen Erzählen etwas, was insgesamt sehr wichtig ist, dass innere Konflikte und Geheimnisse im Laufe der Geschichte einfach ne extrem große Rolle spielen – anders als beim episodenhaften Erzählen, wo die Figuren meistens recht statisch sind und funktional."

    Die Figuren sind komplexer, vielschichtiger. Doch macht das eine Serie auch komplizierter? Teils, teils, sagt Stephan Brüggenthies.

    "Wenn man das als Zuschauer sieht, ist das emotional und toll. Als Autor das zu konzipieren, das ist schwierig."

    Deswegen hat Stephan Rick das Drehbuch für "Allein gegen die Zeit" auch nicht alleine geschrieben. Es gab einen so genannten "Writer’s Room" mit mehreren Drehbuchautoren – darunter auch Silja Clemens. Für sie war diese Art des Drehbuchschreibens eine neue Erfahrung.

    "Also als Drehbuchautor sitzt man oft im stillen Kämmerlein und hat einen Haufen Probleme am Hals. Und so saßen wir zu fünft gemütlich zusammen, haben viel Kaffee getrunken, viel gelacht und hatten irgendwie fünf Gehirne, die denken, und ich glaube, dass das bei einer Serie, die im Ganzen betrachtet eine Geschichte, die sich über 6,5 Stunden zieht, mit so vielen Figuren und so komplexen Handlungssträngen, dass das definitiv die beste und vor allem schönste Art war, das zu erarbeiten."

    In der großzügig bemessenen Zeit sieht auch Benjamin Benedict die größte Chance, die episches Erzählen für das deutsche Fernsehen bietet. Er arbeitet als Produzent für die Produktionsfirma teamworx und steckt gerade in der Schnittphase einer ZDF-Produktion, die ebenfalls auf eine epische Erzählweise setzt: "Unsere Mütter, unsere Väter" ist ein jeweils 90-minütiger Dreiteiler, den Benedict dem Format nach als "Mini-Series" bezeichnet. Was die Kosten angeht, sind episch erzählte Produktionen nicht unbedingt teurer als konventionelle, meint er.

    "Es ist immer aufwändig in der Entwicklung, weil man braucht einfach nicht nur Zeit im Sinne der Erzählung, dass man zehn Mal oder sechs Mal oder zwölf Mal 45 Minuten hat, sondern man braucht einfach Zeit für die Entwicklungsarbeit, für die Arbeit mit den Autoren, später für die Arbeit des Drehens. Und deswegen ist es aufwändiger."

    Auch deshalb sind TV-Produktionen auf die finanzielle Hilfe der Fernsehsender angewiesen. Ein wichtiger Geldgeber ist beispielsweise die Degeto, die Filmeinkaufsorganisation der ARD. Sie hat ihr Budget überzogen – und nun angekündigt, jährlich sieben Millionen Euro weniger auszugeben. Doch Benedict ist hoffnungsfroh, dass die Degeto auch weiterhin deutsche Produktionen fördern wird.

    "Das Entscheidende bei der Produktion ist natürlich, dass wir in der Sendelandschaft, die herausragend ist in Deutschland, weiter diese Möglichkeiten zur vielfältigen Produktion haben, ja, und die Sender weiter beauftragen. Ohne das ist alles andere nichts."