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Erbitterter Streit ums Kleingedruckte

Oft ist die Ratenzahlung einer Versicherung angenehmer, weil das Konto nicht auf einmal mit einer großen Summe belastet wird. Für diesen Zahlungsweg verlangen Versicherungen jedoch einen Zuschlag. Verbraucherschützer fordern wiederum, dass der Versicherungskunde anhand seiner Police erkennen kann, wie viel Mehrkosten dieser Zuschlag verursacht.

Von Jochen Steiner | 28.12.2011
    Darum geht's: Fast alle Versicherer bieten ihren Kunden an, die Prämie entweder jährlich im Voraus oder monatlich, vierteljährlich oder in Halbjahresraten zu zahlen. Weil die Versicherung noch nicht über die gesamte Prämie verfügen kann, erhebt sie bei Ratenzahlung einen Zuschlag. Das ist rechtens.

    Verbraucherschützer kritisieren jedoch, dass in den Versicherungspolicen nicht klar wird, was dieser Zuschlag aufs Jahr betrachtet an Mehrkosten verursacht. Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg:

    "Wir meinen, dass der Preis für diesen Zuschlag als Effektivzins angegeben werden muss, die Versicherungswirtschaft meint, das muss sie nicht, und darum geht der Streit."

    Betroffen sind vor allem Sach- und beispielsweise auch Risikolebensversicherungen. Verbraucher sollten ins Kleingedruckte schauen, meist vorne unter Paragraf 2 oder 3 steht etwas über die Fälligkeit der Jahresprämie und mögliche Ratenzahlungszuschläge. Was die Versicherer dagegen gerne verschweigen, ist der Effektivzins:

    "Der Effektivzins wird deswegen nicht angegeben, weil er zu hoch ist und die Leute abschrecken würde. Und durch das Verschweigen dieser wichtigen Zahl machen die Versicherer ein enormes Zusatzgeschäft."

    Die Versicherer sehen das natürlich anders. Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV:

    "Die Angabe des Effektivzinses ist in diesen Fällen, wo ein Versicherungsvertrag vorliegt, nicht notwendig, weil es sich nicht um ein Kreditgeschäft handelt. Das haben eine Reihe von Oberlandesgerichten so gesagt."

    Folgerichtig nennen die Versicherer auch entweder gar keinen Prozentsatz oder geben nur den Nominalzins von drei, vier oder fünf Prozent an, bestätigt auch Verbraucherschützerin Castello.

    "Der Kunde denkt, das ist ja nicht viel, wenn man das aber als Effektivzins umrechnet, dann kommen da Werte bis zu 14 Prozent raus."

    Trotz des fehlenden Effektivzinses in den Versicherungspolicen könne von einem uninformierten Verbraucher keine Rede sein, so Hasso Suliak vom GDV.

    #ä#"Natürlich weiß der Versicherte, was er spart, wenn er statt in beispielweise monatlichen Raten mit einer Jahresrate bezahlt, das ist leicht ersichtlich. Und das kann er auch beim Versicherer, wenn ihm das im Vertrag zu kompliziert zu sein scheint, kann er das auch unproblematisch vor Vertragsabschluss erfahren."

    Kompliziert oder nicht – die Verbraucherschützer pochen auf mehr Klarheit in den Verträgen. Wenn wichtige Angaben wie der Effektivzins nicht angegeben würden, könne die entsprechende Klausel als unwirksam erklärt werden, sagt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. Es gebe dann für den Versicherer keinen Anspruch mehr, diesen Zuschlag zu kassieren.

    "Das hat nach unserer Auffassung zwei mögliche Folgen. Das eine ist, dass der Kunde auch über Jahre rückwirkend noch eine Reduzierung seines Zuschlags fordern kann. Entweder auf den gesetzlichen Zinssatz von vier Prozent oder auf gar nichts. Die zweite Möglichkeit ist, wenn dieser Effektivzins nicht angegeben ist, so ist das ein Formfehler und diese Formfehler berechtigen den Kunden zum Widerruf des Vertrages und zwar zum Widerruf des gesamten Versicherungsvertrages."

    Dies gelte jedenfalls für Verträge, die ab 2002 abgeschlossen wurden. Die Verbraucher könnten einige Hundert, im Einzelfall sogar mehrere Tausend Euro zurückbekommen. Doch noch ist es nicht so weit. Nach Lage der Dinge werden Verbraucherschützer und Versicherer ihren Streit über Klarheit und Wahrheit in den Verträgen bis vor den Bundesgerichtshof bringen. Für die Versicherten heißt es also – abwarten mindestens bis 2012.