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Erbschaftssteuer-Reform
"Wir müssen gerade das Privatvermögen freihalten"

Die Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zur Reform der Erbschaftssteuer stoßen in der CSU auf Ablehnung. Aus Sicht von Hans Michelbach, dem Vorsitzenden der Mittelstandsunion der Partei, gefährden sie in der derzeitigen Form Arbeitsplätze, weil Unternehmen und Erben zu hoch steuerlich belastet würden.

Hans Michelbach im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann | 12.03.2015
    CSU-Vorstandsmitglied Hans Michelbach, aufgenommen am 15.09.2014 vor Beginn der CSU-Vorstandssitzung in Muenchen (Bayern).
    CSU-Vorstandsmitglied Hans Michelbach ist mit den Vorschlägen zur Reform der Erbschaftssteuer bisher nicht zufrieden. (dpa - picture alliance / Andreas Gebert)
    Dirk-Oliver Heckmann: In diesen Tagen hat Finanzminister Wolfgang Schäuble wie erwähnt sie vorgelegt: seine Eckpunkte zur Reform der Erbschaftssteuer, die das Bundesverfassungsgericht verlangt hatte. Wie gesagt, es gibt massive Kritik, auch aus dem eigenen Lager.
    Eigentlich waren wir an dieser Stelle mit dem bayerischen Finanzminister, mit Markus Söder zum Interview verabredet. Er hat uns kurzfristig mitteilen lassen, dass er jetzt doch nicht zur Verfügung steht. Umso dankbarer sind wir, dass wir mit Hans Michelbach sprechen können, dem Vorsitzenden der Mittelstandsunion der CSU. Schönen guten Morgen, Herr Michelbach.
    Hans Michelbach: Guten Morgen, Herr Heckmann.
    Heckmann: Herr Michelbach, erst stellt sich Bayern bei den Stromtrassen stur, dann die Blockade bei der energetischen Gebäudesanierung. Legt sich die CSU jetzt auch bei der Erbschaftssteuer quer?
    Michelbach: Wir haben natürlich immer eigene Vorstellungen von politischer Umsetzung. Die Eckpunkte sind ein Angebot des Bundesfinanzministeriums. Wir sind der Auffassung, dass das ein ganz wichtiges Thema ist. In Deutschland werden in den nächsten fünf Jahren rund 200.000 Betriebe mit rund vier Millionen Arbeitsplätzen vor dem Generationswechsel stehen, und diese Arbeitsplätze dürfen nicht durch falsche gesetzliche Rahmenbedingungen oder gar durch Sozialmarkt gefährdet werden. Es geht um die Erhaltung der Arbeitsplätze, eine stabile Generationenbrücke, und da lohnt es sich natürlich, darüber zu debattieren und dadurch die beste Lösung zu erzielen.
    "Neue Erbschaftssteuer muss verfassungsfest und arbeitsplatzerhaltend gestaltet werden"
    Heckmann: Geht es Ihnen um die Arbeitsplätze, oder geht es Ihnen um den Schutz der Interessen von Erben von großen Unternehmen?
    Michelbach: Nein, überhaupt nicht. Es geht um eine Präferierung, eine Stabilisierung der Generationenbrücke in den Betrieben, und es muss alles an den Arbeitsplätzen festgemacht werden. Unsere Kritik an den Eckpunkten aus dem Ministerium ist ja, dass man sich gerade weniger an den Arbeitsplätzen orientiert, sondern insbesondere an willkürlichen Unternehmenswerten, an einer Million für die Kleinbetriebe, an 20 Millionen für die sogenannten Großbetriebe. Dann stellt man fest, das sind ja im Wesentlichen die mittleren Betriebe, die damit erfasst werden. Die neue Erbschaftssteuer, sie muss einerseits verfassungsfest sein, sie muss aber auch praktisch umsetzbar sein, und vor allem muss sie arbeitsplatzerhaltend und fördernd gestaltet werden. Das ist der Hauptpunkt, den wir erzielen wollen.
    Heckmann: Das sieht allerdings auch der Finanzminister so, Wolfgang Schäuble. Der hat die Kritik bereits zurückgewiesen und hat gesagt, wenn jemand einen Betrieb erbt und die Arbeitsplätze dann erhält, dann muss er auf das Betriebsvermögen keine Erbschaftssteuer zahlen, und an diesem Prinzip halte er fest. Wo ist also das Problem?
    Michelbach: Das Problem ist, dass er schon bei einer Freigrenze mit 20 Millionen Unternehmenswert schon keinen Freibetrag macht, sondern wenn der einen Euro über 20 Millionen ist, fällt die gesamte Erbschaftssteuer an. Das heißt, es ist kein Freibetrag, sondern es ist nur eine Grenze festgelegt worden. Das ist natürlich willkürlich festgelegt worden. Ich glaube, dass die Einbeziehung auch des Privatvermögens in eine Art Bedürfnisprüfung gewissermaßen die Krisenanfälligkeit der Betriebe erheblich erhöht. Wir haben gerade in der Finanzmarktkrise das Eigenkapital, die Eigenkapitalerhöhung aus dem Privatvermögen bei den Familienunternehmen gehabt. Das hat die Betriebe gerettet. Wenn man die jetzt in die Besteuerung hineinnimmt, das hieße auch eine Doppelbesteuerung, eine Substanzbesteuerung, dann schade ich den Arbeitsplätzen, wenn es mal eine Krise gibt, und deswegen kann ein solcher Ansatz, eine Bedürfnisprüfung in dieser Form mit Einschluss des Privatvermögens in die Bedürfnisprüfung nicht sachgerecht sein.
    "Wir müssen gerade das Privatvermögen freihalten"
    Heckmann: Um das noch mal genauer zu erklären: Wolfgang Schäuble plant ja, dass die Erben von Unternehmen zur Not auch mit ihrem Privatvermögen diese Erbschaftssteuern zu zahlen haben, wenn nämlich diese erwähnten Freigrenzen überschritten sind. Aber Wolfgang Schäuble weist auch darauf hin, dass die Richter in Karlsruhe eindeutig geurteilt hätten, dass sehr reiche Firmenerben durchaus diese Steuer aus ihrem verfügbaren Privatvermögen leisten könnten. Wo ist das Problem?
    Michelbach: Es ist sehr viel besser der Ansatz, wenn ich zum Beispiel die familiengeprägten Unternehmen, die die Arbeitsplätze erhalten, bei der Generationenbrücke präferiere, zum Beispiel, dass die Anteile von Unternehmen, die in einem Familienunternehmen bestehen, die Bemessungsgrundlage sind. Das heißt, dass die Anteile gehalten werden müssen. Wir haben ja das Problem, dass bei einem Generationenwechsel auch die Gefahr besteht, dass man die Betriebe einfach an Hedgefonds, an große Fonds, die ja auf Einkaufstour aus der ganzen Welt in Deutschland sind, natürlich verkauft, und wir müssen präferieren, dass wir die Wirtschaftsstruktur der familiengeprägten Unternehmen - das ist der große Vorteil des Wirtschaftsstandorts Deutschland - erhalten. Da muss der Ansatz stattfinden, und wir müssen gerade das Privatvermögen freihalten. Das wäre ja auch eine versteckte Vermögenssteuer, die natürlich die Substanz der familiengeprägten Unternehmen doch erheblich belastet.
    Heckmann: Das heißt, Sie werfen dem Finanzminister und der CDU im Prinzip vor, damit ihre Wahlversprechen, nämlich keine neuen Steuererhöhungen, zu brechen?
    Michelbach: Eine Besteuerung des Privatvermögens ist eine Doppelbesteuerung und eine klare Steuererhöhung, eine Vermögenssteuer durch die Hintertür, und wir würden natürlich alle diese Versprechen, keine Steuererhöhungen in dieser Legislaturperiode, fallen lassen. Das kann es nicht sein, und deswegen müssen wir hier ein klares Veto einbringen.
    "Man steht fassungslos vor dem Agieren der griechischen Regierung"
    Heckmann: Herr Michelbach, ich möchte zu einem zweiten Thema kommen, nämlich Griechenland. Das hat ja gestern hohe Wellen geschlagen. Die neue Syriza-Regierung in Athen, die will Reparationen und die Rückzahlung eines Zwangskredits aus der Besatzungszeit des Zweiten Weltkriegs, und sie droht notfalls mit der Beschlagnahme von deutschem Besitz in Griechenland. Steuern wir da auf eine neue bilaterale Krise zwischen beiden Ländern zu?
    Michelbach: Das ist alles sehr, sehr schade. Man steht eigentlich fassungslos vor dem Agieren der griechischen Regierung. Man kann eigentlich nicht erwarten, dass man große Kredite gibt, haftet für ein Land, das in Not ist, und gleichzeitig wird man gewissermaßen erpresst und wird letzten Endes eigentlich so vorgeführt. Wir haben bei den Zwei-plus-vier-Verhandlungen ja eine klare Regelung, und das ist juristisch völlig auf tönernen Füßen, was die griechische Regierung hier verlangt, und deswegen können wir natürlich nur sagen, das kann alles nicht sein, und wir müssen natürlich diese Forderungen zurückweisen.
    Heckmann: Da war Griechenland allerdings nicht dabei, bei den Zwei-plus-vier-Verträgen, und es gibt auch Juristen, die sagen, da ist ein Vertrag zulasten Dritter gemacht worden.
    Michelbach: Also es ist so, dass diese Verträge von allen bei der Funktionierung beziehungsweise bei der Etablierung des Vertrages zugestimmt haben. Ich will jetzt nicht in einzelne juristische Winkelzüge gehen. Es geht ja auch darum, dass man eigentlich zahlungsunfähig ist. Man erwartet von den europäischen Partnern, von den Euroländern, dass man geholfen bekommt, und hat gleichzeitig den Aufbau einer Drohkulisse. Das funktioniert eigentlich nie. Das kann man im privaten Leben nicht bringen, das kann man natürlich auch in dieser Form in einer Eurozone, in einer Gemeinschaft nicht bringen.
    "Wollen helfen - aber nicht unter Drohkulissen"
    Heckmann: Die griechische Regierung argumentiert allerdings, dass man auch deswegen so wirtschaftlich am Boden liegt, weil das Land von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg regelrecht ausgeplündert wurde.
    Michelbach: Nein. Das ist ja das Problem der griechischen Regierung, dass sie der eigenen Bevölkerung keinen reinen Wein einschenkt, wie man wieder Wettbewerbsfähigkeit erzielt, sondern immer die Schuld bei den anderen sucht. Wir sind nicht schuld am Niedergang der griechischen Volkswirtschaft, sondern man hat einen Anspruch an sich selbst verfolgt, der durch die Wirtschaftsleistung nicht gedeckt ist. Da müssen die Dinge zusammenkommen und nicht durch Schuldzuweisungen an andere.
    Heckmann: Gibt es denn wenigstens eine moralische Verpflichtung aus Ihrer Sicht von Berlin, dort nachträglich noch eine Kompensation zu leisten?
    Michelbach: Wir haben ja geleistet, und ich glaube, dass die Dinge, wenn sie so verbunden werden, natürlich erst recht nicht verfolgt werden können. Man ist von unserer Seite hilfsbereit. Wir haben immer gesagt, dass wir Griechenland helfen wollen, insbesondere auch im humanen Bereich, aber nicht unter solchen Drohkulissen.
    Heckmann: Der Vorsitzende der Mittelstandsunion der CSU, Hans Michelbach, war das hier live im Deutschlandfunk. Herr Michelbach, ganz herzlichen Dank für das kurzfristig zugesagte Interview.
    Michelbach: Bitte schön, Herr Heckmann.
    Heckmann: Und einen schönen Tag.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.