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Erdbeben in Christchurch vor fünf Jahren
Chance für umweltfreundlichen Neuanfang

Im neuseeländischen Christchurch wütete vor fünf Jahren ein Erdbeben. 80 Prozent der City lagen danach in Trümmern. Die Stadt suchte den Neuanfang - mit mehr Grün und ökologischerem Bauen und Arbeiten.

Von Andreas Stummer |
    Die Kartonage-Kirche des japanischen Architekten Shigeru Ban (rechts im Bild) im neuseeländischen Christchurch.
    Die Kartonage-Kirche des japanischen Architekten Shigeru Ban (rechts im Bild) im neuseeländischen Christchurch. (picture alliance / dpa / ku)
    25 Sekunden genügten und eine funktionierende Großstadt sah aus wie ein Kriegsgebiet. 80 Prozent der City von Christchurch lag in Trümmern, 100.000 Häuser wurden beschädigt, 8.000 abgerissen. Die betroffenen Wohnviertel im Osten der Stadt wurden für unbewohnbar erklärt und dem Erdboden gleichgemacht, nur noch die Straßen sind übrig. Natur eins - Zivilisation null. Diese sogenannte "rote Zone" soll jetzt Christchurchs grüne Lunge werden.
    "Wir arbeiten daran, den natürlichen Lebensraum entlang des Flusses wiederherzustellen", erklärt Evan Smith von der Stadtverwaltung, "an einem Netzwerk aus Parks, Fuß- und Fahrradwegen. Wir nennen es unseren Großstadt-Dschungel. Die Anwohner werden wieder ungehinderten Zugang zum Fluss haben und die Gegend wiederbeleben, so wie es langsam auch in der City passiert."
    Mehr flache Häuser
    Die Skyline von Christchurch bestimmen Kräne und Baugerüste. Weniger hohe Häuser, lieber flacher, lebenswerter und erdbebensicherer: Es wird leichter gebaut, mit flexibleren Wand- und Deckenkonstruktionen, statt nur mit Beton. Und mit umweltverträglicheren Materialien. Alt-Oberbürgermeister Bob Parker half mit, das neue Christchurch zu planen. Das Comeback der Stadt, schätzt er, wird noch Jahre brauchen und mehr als 30 Milliarden Euro kosten.
    "Wir haben die Gelegenheit, etwas Einmaliges zu schaffen: eine Stadt des 21. Jahrhunderts, grün und umweltbewußt. Eine attraktive, moderne Stadt, in der auch junge Menschen leben möchten."
    Mehr Natur auch in der Stadt
    Zurück zu mehr Natur. Überall in der Stadt wachsen buchstäblich Gemeindegärten. Farmer bringen Städtern bei, dass frisches Obst und Gemüse nicht unbedingt aus dem Supermarkt kommen müssen.
    Sam Crofskey gehört das neue C-One-Café in der City. Das alte hat das Erdbeben nicht überlebt. Sam musste umziehen und umdenken. "Wer sich auf andere verlässt, der ist verlassen", sagt er. Jetzt erntet Sam seine halbe Speisekarte aus einem Küchengarten vor dem Café, oben, auf dem Flachdach, hat er Solarzellen, Bienenstöcke, Weinreben, Teepflanzen und Zitronenbäume.
    "Unsere gesamte Inneneinrichtung ist recyceltes Material aus dem alten, eingestürzten Café oder von Abbruchhalden. Wir heizen mit der überschüssigen Hitze der Küche und haben Brauchwasserwiederaufbereitung. Vor dem Erdbeben hätte man uns für eine Bande Hippies gehalten. Jetzt aber haben die Leute begriffen, dass es keinen anderen Weg gibt, als selbstversorgend zu sein."
    Das verheerende Erdbeben vor fünf Jahren hat Christchurch wiederbelebt. Man denkt um, improvisiert. Die eingestürzte Kathedrale wurde durch eine schadstoffneutrale Behelfskirche aus Hartkarton ersetzt. Aus alt mach neu, weniger ist heute mehr in Christchurch. Die Einwohner haben gelernt, dass mehr Umweltbewusstsein oder ein grünerer Zeitgeist kein Schreckgespenst sein müssen.