Archiv

Erdbeben in Italien
Vermutlich zehntausende Menschen obdachlos

In Mittel-Italien werden die Auswirkungen der Beben der vergangenen Tage nur langsam klar. Fest steht, die Zahl der Verletzten hält sich in Grenzen. Fest steht aber auch, dass eine große Zahl von Menschen auf Hilfe angewiesen ist. Die italienische Regierung verspricht ihnen, sie nicht im Stich zu lassen.

Von Nikolaus Nützel |
    Ein zerstörtes Gebäude in L'Aquila nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien am 30. Oktober 2016.
    Ein zerstörtes Gebäude in L'Aquila nach dem erneuten Erdbeben in Mittelitalien. (picture alliance / dpa / Alberto Orsini)
    Nach den Messungen von Seismologen war es ein ausgesprochen heftiges Erdbeben, von dem Mittelitalien erschüttert wurde - mit einer Stärke von 6,5 war es das kräftigste in Italien seit dem Jahr 1980. Es gibt umfangreiche Zerstörungen an Gebäuden, von Toten ist aber nichts bekannt, auch die Zahl der Verletzten ist bislang im zweitstelligen Bereich. Giuseppe Pezzanesi, der Bürgermeister der Ortschaft Tolentino in der Nähe von Norcia, hat eine Erklärung, warum es nur wenige Verletzte gab: Durch die Erdbeben vom vergangenen Mittwoch und vorher am 24. August bei Amatrice seien viele Menschen beunruhigt.
    "Unsere Bevölkerung war schon in einem Alarmzustand. Deshalb haben einige im Freien geschlafen, andere haben im Auto übernachtet, viele in unserem Aufnahmezentrum. Und andere verlassen schon früh ihre Häuser, die sie bis zum 24. August beschützt haben. Leider sind diese Häuser durch das Erdbeben vom 26. und durch das von heute eingestürzt."
    Zehntausende könnten ihr Zuhause verloren haben
    Die Schäden an Gebäuden aber sind beträchtlich. Der Präsident der Region Marken, Luca Ceriscioli, befürchtet, dass zehntausende Menschen ihr Zuhause verloren haben könnten. Die Zahl der Italiener, die Hilfe brauchen, könnte auf bis zu hunderttausend steigen. Viele sind momentan auch von der Versorgung mit Strom und Trinkwasser abgeschnitten.
    Ministerpräsident Matteo Renzi sprach den Betroffenen seine Anteilnahme aus - und er erinnerte daran, dass es nach dem schweren Erdbeben bei Amatrice am 24. August und nach den Erdstößen vom vergangenen Mittwoch bereits das dritte Mal ist, dass die Erde in Mittelitalien bebt: "Wir erleben einen tiefen Schmerz, wir erleben Stress und Ermüdung, die aber nicht zu Resignation führen darf. Es ist schwer für die Bevölkerung, sich nicht davon nicht ergreifen zu lassen - eine Bevölkerung, die schon seit Wochen unter Bedingungen großer Unsicherheit lebt."
    Renzi: "Wir werden alles wieder aufbauen"
    Der Ministerpräsident sicherte den Betroffenen aber auch zu, sie würden nicht im Stich gelassen. Die Regierung werde alles für einen Wiederaufbau unternehmen. "Wir haben vor allem eine Botschaft an die Menschen: Wir werden alles wieder aufbauen: Die Häuser, die Kirchen und die Geschäftsgebäude. Wir sprechen von wunderbaren Regionen, von Regionen, deren Identität Schönheit und Gastfreundschaft ausmacht."
    Italien werde diese Herausforderung bewältigen, sagte Renzi - er sprach aber auch davon, dass der Wiederaufbau etwas ist, das ganz Europa betrifft. Erst vor wenigen Tagen hatte Italiens Regierung gegenüber der EU-Kommission erklärt, dass das Land auch wegen der Erdbebenschäden zusätzliche Milliarden aufwenden müsse. Die Ziele zur Staatsverschuldung, die auf EU-Ebene vereinbart sind, seien deswegen nicht mehr einzuhalten, erklärte Italiens Wirtschaftsminister Carlo Padoan.