Besser hätte die Saison in Stuttgart nicht enden können. Jossi Wieler und Sergio Morabito, das scheidende Chefduo der Staatsoper, inszeniert ein neues Stück des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa.
"Erdbeben.Träume" nimmt Heinrich von Kleists Novelle "Das Erdbeben in Chili" zum Ausgangspunkt für ein phänomenales Musiktheater. Die tragisch endende Liebesgeschichte eines Paars wird bei Librettist Marcel Beyer zur Reflexion über innere und äußere Katastrophen. Erzählt beziehungsweise geträumt wird die Geschichte im Rückblick vom überlebenden Kind des Paares.
Betonruine als Bühnenbild
Das Erdbeben von Fukushima spielt dabei eine zentrale Rolle. Es zerstört nicht nur Gebäude, sondern auch die innere Ordnung eines Sozialgefüges. Anna Viebrocks Bühnenbild ist eine sich im Laufe des Abends immer wieder verändernde Betonruine.
Generalmusikdirektor Sylvain Cambreling bringt die teils gewaltig-gewalttätige Musik Hosokawas zum Leuchten. Stark das Solistenensemble rund um Esther Dierkes und Dominic Große als vom Mob gelynchtes Paar Josephe und Jeronimo.
Ergreifend ist die japanische Schauspielerin und Tänzerin Sachiko Hara in der Rolle des Sohns, der stumm das Geschehen beobachtet und es mit vorwiegend sanfter Körpersprache kommentiert. Großartig zudem die von Christoph Heil einstudierten Chöre.
Das scheidende Chefduo hat am Stuttgarter Opernhaus ein Musiktheater etabliert, das intellektuelle Sinnlichkeit verströmte. Ein Erfolgskonzept, das auch bei der Premiere von "Erdbeben.Träume" zu erleben war.