Zu Zeiten von Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt wurde die Welt mit Geräten vom Boden aus vermessen. Heutzutage haben Satelliten im Weltall diese Aufgabe übernommen. Sie können in kurzer Zeit große Areale überfliegen und Aufnahmen machen, etwa von ausgedehnten Waldflächen wie dem Amazonasgebiet.
"Man weiß aber, dass diese optischen Methoden, die optischen Satelliten, die funktionieren so ähnlich wie eine Kamera, dass sie Probleme haben, wenn man versucht, sehr dichte Wälder zu vermessen. Obendrein gibt es in den Tropen Riesenprobleme, weil dort die Wolkenbedeckung sehr hoch ist – 80 Prozent im Jahr sind die Landflächen von Wolken überdeckt im Mittel", erklärt Andreas Huth vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Seit einigen Jahren setzen Wissenschaftler deshalb verstärkt auf Radarsysteme.
Radarverfahren bieten mehr Infos als optische Satelliten
"Das Interessante an den Radarverfahren ist, dass sie vollständig unabhängig sind von der Wolkenbedeckung, also immer durch die Wolken hindurchgehen können und man durch geschickte Auswertung von diesen Radardaten nun ähnliche Informationen, sogar noch mehr Informationen, als eben mit diesen optischen Satelliten, herausholen kann."
Seit nunmehr sieben Jahren können der Biophysiker und seine Kollegen auf Daten zurückgreifen, die die beiden Satelliten Terrasar-X und Tandem-X gesammelt haben. Sie fliegen nebeneinander um die Erde und benötigen ein Jahr, um sie komplett zu kartieren. Das X hinter dem Namen der Satelliten verrät, dass sie ein Radarsystem an Bord haben, das eine Wellenlänge im X-Band nutzt, also mit etwa drei Zentimetern Wellenlänge. Es eigne sich hervorragend, so Andreas Huth, um digitale Geländemodelle der gesamten Erde zu erstellen. Doch die kurze Wellenlänge dringt kaum durch Baumkronen hindurch. Abhilfe soll eine neue Satelliten-Mission schaffen mit Namen Tandem-L – wieder mit zwei Satelliten, die in nur acht Tagen die gesamte Erdoberfläche abtasten könnten.
Rolle des Waldes im globalen Kohlenstoffkreislauf
"Zwei Satelliten, die in einer engen Formation zueinander sind – einer sendet, beide empfangen. Das ist dann eine gleichzeitige Aufnahme der Szene aus zwei leicht unterschiedlichen Blickwinkeln. Und die Auswertung dieser Daten erlaubt eine dreidimensionale Rekonstruktion des Waldes in diesem Fall", erläutert Kostas Papathanassiou vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen.
Im L-Band können die elektromagnetischen Wellen durch die Baumkronen hindurch bis auf den Boden dringen und werden dann zurückgeworfen. Andreas Huth:
"Wir kriegen ja vertikale Strukturinformationen über den Wald, also wir können auch unter der Hauptkrone des Waldes detektieren, ob da keine Bäume stehen oder ob da weitere Bäume stehen, und das sind sehr wichtige Informationen, zu entscheiden, ob der Wald gestört ist oder nicht gestört ist und damit entscheidet sich auch letztendlich, welche Rolle der Wald im globalen Kohlenstoffkreislauf spielt."
Dass die L-Band-Radar-Technologie diesen Aufgaben gewachsen ist, haben mehrere Forschungsflüge mit einem Flugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt bewiesen. Die Wissenschaftler konnten damit bereits Wälder in Europa, Indonesien und Afrika untersuchen, deren dreidimensionale Struktur dokumentieren und die oberirdische Biomasse sehr gut abschätzen.
Veränderungen noch besser erfassen
Die auf zehn Jahre angelegte Tandem-L-Mission hat aber mehrere Ziele, erläutert Kostas Papathanassiou:
"Es wird abwechselnd saisonal zwei Mal im Jahr die Waldstruktur erfasst. Aber ein wichtiger Schwerpunkt ist auch die Beschreibung der vertikalen Struktur von Eisschichten in Grönland und wie schnell dort die Eisstruktur sich ändert aufgrund von klimatischen Bedingungen. Ein anderes wichtiges Projekt ist die Bodenfeuchte mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung und wie man dann diese Bodenfeuchtemessungen integriert in regionale Modelle."
Fliegen die Tandem-L-Satelliten zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr über denselben Wald, können Veränderungen besser erfasst werden, als dies mit Tandem-X möglich ist. Außerdem haben Terrasar-X und Tandem-X das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Andreas Huth und Kostas Papathanassiou setzen nun auf das Tandem-L-Projekt. Ob es bewilligt wird, soll sich im Sommer entscheiden.