Dass Balten und Polen nichts von dem Projekt halten, sagen sie ganz offen. Dänemark tut sich da schwerer. Kopenhagen hatte seine Zustimmung zu Nord Stream 2 nach langem Zögern zwar vor knapp einem Jahr gegeben, bleibt aber wenig begeistert und steht auf der Bremse.
Die Arbeiten am letzten noch ausstehenden Teilstück der Pipeline, es sind rund 120 Kilometer im Seegebiet südöstlich der dänischen Insel Bornholm, ruhen seit dem vergangenen Dezember. Grund: Hauptsächlich angedrohte US-Sanktionen, aber eben auch Vorgaben der dänischen Seite. Erst war es die inzwischen beendete Suche nach gefährlicher Weltkriegsmunition auf dem Meeresboden, die eine Gefahr für ankernde Rohrverlegeschiffe hätten sein können.
Fischfang und Sanktionsdrohungen
Aktuell und noch bis zum 1. Oktober ist es nun der Naturschutz, konkret geht es um laichende Dorsche. Mehr ist offiziell von der jetzt sozialdemokratischen Regierung nicht zu hören. Aber es ist kein Geheimnis, dass Ministerpräsidentin Mette Frederiksen wie schon ihr liberal-konservativer Vorgänger Lars Løkke Rasmussen das Projekt und damit auch dessen deutsche Unterstützung äußerst kritisch sahen und sehen.
Gründe sind sicherheitspolitische Bedenken, aber auch potentiell negative Auswirkungen für die Ukraine, deren Position als Gas-Transitland weiter geschwächt würde, und energiepolitische Überlegungen. Dementsprechend deutlich kommentierte Martin Lidegaard, Ex-Außenminister der linksliberalen Radikale Venstre, im vergangenen Oktober die Aufgabe des Widerstandes gegen Nord Stream 2:
"Es ist eine unvermeidliche, aber unglückliche Entscheidung. Sie gibt Putin eine Trumpfkarte und konterkariert unsere grüne Energiewende."
Etwas pragmatischer sah es Michael Aastrup Jensen von der bis zum vergangenen Sommer regierenden liberalkonservativen Venstre: "Das macht mich traurig", sagte er, "Kein Zweifel, aber auch ich muss sehen, dass es unsere einzige Option war."
Dänemark in der Klemme
Seither ist wenig zu hören über das ungeliebte Projekt. Gespräche mit US-Außenminister Pompeo führte die dänische Regierung hinter verschlossenen Türen. Warum? Weil die Sache eben sehr delikat sei für das kleine Dänemark, so Charlotte Flindt Pedersen, Direktorin der Dänischen Gesellschaft für Außenpolitik…
"Den USA geht es um Sicherheit, Deutschland um die Wirtschaft. Das ist unser Problem: Wir sind in der Klemme zwischen Geo- und Handelspolitik."
Das Land hat nach ihrer Meinung aber mehr Sympathien für die amerikanische Sichtweise…
"Es gibt hier wenig Verständnis für die deutsche Entscheidung, den Russen in die Hand zu spielen und von russischem Gas abhängig zu werden. Es hat auch was mit Gerhard Schröder zu tun und seiner Rolle in der Angelegenheit; dass man in Deutschland handelspolitische Interessen über sicherheitspolitische Interessen stellt. Man hätte sich hier einen intensiveren Dialog mit den Nachbarländern gewünscht. Soviel ist sicher."
Heimliche Hoffnung
Doch dafür sei es jetzt wohl zu spät, meint Charlotte Flindt Pedersen. Wie überhaupt das ganze Thema schon lange nicht mehr auf der öffentlichen Agenda in Dänemark stehe. Sicher auch, um eine schwierige Lage für das Land nicht noch schwieriger zu machen. Stattdessen – der dänische Weg:
"Es hat hier ganz wenig Diskussion über Nord Stream 2 gegeben. Ich glaube, niemand wollte Öl ins Feuer gießen. Das Problem wurde also totgeschwiegen."
Und es bleibt ja Kritikern und Gegnern der Pipeline die heimliche Hoffnung, dass das Projekt am Ende doch noch scheitern könnte, obwohl es inzwischen fast fertig ist. Fachleute eben auch in Dänemark rechnen fest damit, dass die USA noch aggressiver versuchen werden, die Wiederaufnahme der Arbeiten an den letzten Kilometern zu verhindern. Spätestens, wenn in einem Monat die Schonfrist für laichende Dorsche abgelaufen ist.