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Erdgasversorgung
Deutschland nutzt seine Potenziale nicht

Bei 42 Millionen Deutschen wärmt Erdgas die Wohnung. Es wird meistens von kommunalen Unternehmen geliefert. Deren Verband, der VKU, hat heute Vorschläge gemacht, wie sich Erdgas sonst noch nutzen lässt. Er kritisiert, dass die Potenziale der Gasinfrastruktur von der Regierung zu wenig beachtet würden.

Von Daniela Siebert |
    Blick auf ein Leitungssystem auf das Erdgasspeichergelände im niedersächsischen Rehden
    Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) kritisiert die Energiepolitik der Regierung. (picture alliance / dpa)
    Die Botschaft des Verbandes kommunaler Unternehmen VKU lautet kurz gefasst: Die Potenziale der Gasinfrastruktur werden zu wenig beachtet. Und zwar durch die Bundesregierung im Kontext der Klima- und Energiepolitik.
    Kommunale Unternehmen sind selbst zentrale Akteure im Gasbereich. Sie haben nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 56 Prozent in der Versorgung von Industrie und Haushalten mit Gas. Und all die Potenziale, die die Gasinfrastruktur für die Gestaltung der Energiewende bietet, die würden zu wenig gehoben, speziell in puncto Energiespeichern, sagt Katherina Reiche, die Hauptgeschäftsführerin des VKU.
    "Die 519.000 Kilometer Erdgasleitungen in Deutschland bieten a) eine perfekte Ergänzung zur volatilen Stromerzeugung und bieten zum Zweiten Puffer, Speicher und Wärmekonzepte, also das, was momentan noch fehlt."
    Kritik an der Energiepolitik der Regierung
    Die Bundesregierung sieht aber nicht nur diese Möglichkeiten nicht, kritisiert der VKU, sie behindert sogar aktiv deren Gedeihen, vor allem durch ihre ständigen Neuregulierungen und Änderungen etwa im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Biogasanlagen und Anlagen zur Kraftwärmekopplung seien wichtige Faktoren, um das Gasnetz im Sinne der Energiewende zu nutzen, doch diese Märkte wurden zuletzt stark verunsichert, was natürlich den Bau von neuen Anlagen und Investitionen bremst.
    Im Bereich Kraftwärmekopplung gebe es, nicht zuletzt durch neue Ausschreibungsmodelle, eine Stagnation, bedauert Katherina Reiche. Auch bei kommunalen Unternehmen. Der Unmut über die Energiepolitik des Bundes scheint riesig:
    "Der wirkliche Gipfel des Ganzen war der Klimaschutzplan, der in seinem Rohentwurf schon gar nicht mehr vorsah, dass man überhaupt noch auf Wärme, Gas, es kann ja auch Biogas sein, auf Wasserstoff, also auf eine ganze Bandbreite an Lösungsmöglichkeiten setzt, sondern nur noch auf eins: auf Strom, Kupferplatte, den Tauchsieder. Ein anderer Bereich, der nicht dabei ist, ist die Mobilität. Erdgasmobilität, Wasserstoffmobilität, als wichtiger Komplementär eines CO2-freien Konzeptes in Deutschland."
    Energieversorgung mit Gas ist nicht unkompliziert
    Allerdings ist die Energieversorgung via Gas auch nicht so einfach und unkompliziert wie das der VKU skizziert. Die Umwandlung von Energie aus erneuerbaren Quellen wie z. B. Mais oder Windkraft in Gas ist selbst energieaufwendig, die Effizienzdefizite sind erheblich, weil aus diesen Quellen erst Wasserstoff oder Methan erzeugt werden muss, um sie ins Gasnetz einspeisen zu können. Das kostet. Aber Katherina Reiche macht eine Gegenrechnung auf. Derzeit zahlten vor allem die Verbraucher unnötig.
    "Momentan tun wir Folgendes: Teuer erzeugter regenerativer Strom, wenn er nicht gebraucht wird, wird quasi über die Grenze verschenkt. Verluste ohne Ende. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen das aber trotzdem. Ist dann noch zuviel Strom im Netz, werden die Anlagen abgeregelt, aber die Anlagenbetreiber bekommen trotzdem Geld dafür. Zahlen wieder alle Verbraucher. Und wir brauchen außerdem ein Signal, weiter forschen und daran entwickeln zu dürfen, dann bin ich mir sehr sicher, werden wir auch bessere Effizienzen hinbekommen."
    Beim VKU hätte man sich eine Befreiung von Energiespeichern von Umlagezahlungen gewünscht, konnte die aber nicht durchsetzen. Was Kosten und Effizienz angeht, könnte es schon bald eine interessante neue Lösung geben: gasgespeiste Brennstoffzellen in Neubauten, die weitaus effizienter sein sollen als herkömmliche Heizquellen, sagen die Gas-Lobbyisten der Organisation Zukunft Erdgas. Zum Status quo lautet die Botschaft: Das Gasnetz in Deutschland ist hocheffizient und sicher, nur man könnte eben noch mehr daraus machen.