Prominenz, das elegante und erlesene "tout Paris" kommt im Mai 1913 zusammen, um mit Strawinskys "Feuervogel" in der Choreographie von Nijinksy das neue Théatre des Champs-Elysees einzuweihen. Die Komponisten Ravel und Debussy, dazu ein junges Talent namens Marcel Proust, Jean Cocteau – und natürlich die Frauen, Isadora Duncan und Sarah Bernhardt. Nicht zu vergessen die Millionäre: Vanderbilt, Rothschild – und ein gewisser Gulbenkian.
Calouste Gulbenkian, der in der Türkei geborene Armenier mit britischem Pass und französischer Lebensart, fällt mit seinen 1,73 kaum auf – und er scheut die Öffentlichkeit. Mit Öl, dem Treibstoff der kommenden Kriege, wird der Ingenieur und Absolvent des Londoner King’s College zum reichsten Mann der Welt aufsteigen. Als sagenumwobener "Mister Fünfprozent" zieht er stillschweigend und stetig seinen Gewinn aus den Geschäften der Iraq Petroleum Company. Erst als Gulbenkian am 20. Juli 1955 in Lissabon stirbt, gerät sein Name in die Schlagzeilen. Für Friedrich Dürrenmatt der Anlass, die Milliardärswitwe in seinem "Besuch der alten Dame" Zachanassian zu nennen:
"Der Name ist aus Zacharoff, Onassis, Gulbenkian zusammengezogen, es handelt sich bei diesen Herrschaften um einen Rüstungsfabrikanten, einen Großreeder und einen Ölmilliardär."
Damit deckte der Schweizer Dramatiker zwar kein Bankgeheimnis auf, tat dem Armenier aber ein wenig Unrecht: Gulbenkian war anders als die anderen, die gewöhnlichen Millionäre. Das bekam zuerst sein Sohn Nubar zu spüren, der vor Gericht seinen Anteil am väterlichen Geschäft erstreiten musste:
"Der Streit wurde dadurch ausgelöst, dass ich ein gebratenes Hühnchen als Lunch ins Büro mitbrachte. Vater hielt das für Verschwendung und einen Bruch der Bürodisziplin. Nachdem wir drei Tage die schmutzige Wäsche der Gulbenkians in der Öffentlichkeit gewaschen hatten, zahlte Vater mir jährlich 7500 Pfund mehr. Das war das teuerste Hühnchen, das jemals gebraten wurde!"
In Sachen Kunst aber – und das hatte Gulbenkian sogar dem US-Mäzen Paul Getty voraus – wenn es um Tanz und Buchdruck, Gemälde oder Gartenarchitektur ging, ließ sich der ob seiner hartnäckigen Verhandlungen gefürchtete Geschäftsmann nicht lumpen. Noch heute schüttet die nach seinem Tode gegründete "Fundação Calouste Gulbenkian" jährlich an die 100 Millionen Euro aus, hat als internationale Stiftung nicht nur Portugal mit Konzertsälen bedacht und ein landesweites Netz von Bibliotheken aufgebaut, sondern in aller Welt neben der Kunst vor allem die Geisteswissenschaften gefördert.
Der in all seinem Luxus doch spartanisch lebende Gulbenkian zeigte sich spendabel vor allem gegenüber eleganten Frauen. Auch als Sammler ließ sich der Autodidakt,
gestützt auf kunsthistorische Kenntnisse, von dieser persönlichen Vorliebe leiten. Zeitlebens suchte Gulbenkian vor allem nach Frauenporträts – und als ihm 1940 ein Gemälde von Nicolas Lancret angeboten wurde, bedeutete er seinen Kunstagenten:
"Ich bevorzuge Bilder mit Eigenart und einem gewissen Geheimnis. Dieses ist zu alltäglich. Ich erinnere mich an die wunderbaren Lancrets in Potsdam, die haben mich derart beeindruckt, dass mich dieser Londoner Lancret nicht interessiert. Ich mag keine Porträts von verschlafenen oder allzu gekünstelten Frauen."
In der jungen Sowjetunion, die dringend Devisen brauchte, fand Gulbenkian seine Lieblingsfrauen: Eine "Diana" des französischen Bildhauers Houdon und die "Hélène Fourment" von Rubens. Dafür reiste der Sammler selbst nach Leningrad, und sein Berater Kenneth Clark, Direktor der Londoner National Gallery, konstatierte überrascht:
"Gulbenkian entwickelte im Alter eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit gegen den Kunsthandel. Früher war er eine leichte Beute für geschickte Händler gewesen."
Vor allem aber fand Gulbenkian in der Sowjetunion ein Feld, auf dem sich sein Sinn für ökonomische Spekulation, Winkelzüge seiner einflussreichen Privatdiplomatie sowie das Vergnügen an schöner Kunst trefflich mischten. Denn der Ölmillionär war stets mehr als nur Geschäftsmann, wie sein Brief an Georges Piatakoff, den Chef der sowjetischen Staatsbank beweist:
"Kunst, die für Jahre in ihren Museen war, sollte nicht verkauft werden. Sie repräsentiert nicht nur ein nationales Erbe, sondern ist auch die Quelle der Kultur und des Nationalstolzes. Also verkaufen Sie, was Sie wollen – nur keine Museumsbestände. Sollten Sie jedoch dazu gezwungen sein, dann meiden Sie Zwischenhändler und bieten Sie auf dem freien Markt an."
Calouste Gulbenkian, der in der Türkei geborene Armenier mit britischem Pass und französischer Lebensart, fällt mit seinen 1,73 kaum auf – und er scheut die Öffentlichkeit. Mit Öl, dem Treibstoff der kommenden Kriege, wird der Ingenieur und Absolvent des Londoner King’s College zum reichsten Mann der Welt aufsteigen. Als sagenumwobener "Mister Fünfprozent" zieht er stillschweigend und stetig seinen Gewinn aus den Geschäften der Iraq Petroleum Company. Erst als Gulbenkian am 20. Juli 1955 in Lissabon stirbt, gerät sein Name in die Schlagzeilen. Für Friedrich Dürrenmatt der Anlass, die Milliardärswitwe in seinem "Besuch der alten Dame" Zachanassian zu nennen:
"Der Name ist aus Zacharoff, Onassis, Gulbenkian zusammengezogen, es handelt sich bei diesen Herrschaften um einen Rüstungsfabrikanten, einen Großreeder und einen Ölmilliardär."
Damit deckte der Schweizer Dramatiker zwar kein Bankgeheimnis auf, tat dem Armenier aber ein wenig Unrecht: Gulbenkian war anders als die anderen, die gewöhnlichen Millionäre. Das bekam zuerst sein Sohn Nubar zu spüren, der vor Gericht seinen Anteil am väterlichen Geschäft erstreiten musste:
"Der Streit wurde dadurch ausgelöst, dass ich ein gebratenes Hühnchen als Lunch ins Büro mitbrachte. Vater hielt das für Verschwendung und einen Bruch der Bürodisziplin. Nachdem wir drei Tage die schmutzige Wäsche der Gulbenkians in der Öffentlichkeit gewaschen hatten, zahlte Vater mir jährlich 7500 Pfund mehr. Das war das teuerste Hühnchen, das jemals gebraten wurde!"
In Sachen Kunst aber – und das hatte Gulbenkian sogar dem US-Mäzen Paul Getty voraus – wenn es um Tanz und Buchdruck, Gemälde oder Gartenarchitektur ging, ließ sich der ob seiner hartnäckigen Verhandlungen gefürchtete Geschäftsmann nicht lumpen. Noch heute schüttet die nach seinem Tode gegründete "Fundação Calouste Gulbenkian" jährlich an die 100 Millionen Euro aus, hat als internationale Stiftung nicht nur Portugal mit Konzertsälen bedacht und ein landesweites Netz von Bibliotheken aufgebaut, sondern in aller Welt neben der Kunst vor allem die Geisteswissenschaften gefördert.
Der in all seinem Luxus doch spartanisch lebende Gulbenkian zeigte sich spendabel vor allem gegenüber eleganten Frauen. Auch als Sammler ließ sich der Autodidakt,
gestützt auf kunsthistorische Kenntnisse, von dieser persönlichen Vorliebe leiten. Zeitlebens suchte Gulbenkian vor allem nach Frauenporträts – und als ihm 1940 ein Gemälde von Nicolas Lancret angeboten wurde, bedeutete er seinen Kunstagenten:
"Ich bevorzuge Bilder mit Eigenart und einem gewissen Geheimnis. Dieses ist zu alltäglich. Ich erinnere mich an die wunderbaren Lancrets in Potsdam, die haben mich derart beeindruckt, dass mich dieser Londoner Lancret nicht interessiert. Ich mag keine Porträts von verschlafenen oder allzu gekünstelten Frauen."
In der jungen Sowjetunion, die dringend Devisen brauchte, fand Gulbenkian seine Lieblingsfrauen: Eine "Diana" des französischen Bildhauers Houdon und die "Hélène Fourment" von Rubens. Dafür reiste der Sammler selbst nach Leningrad, und sein Berater Kenneth Clark, Direktor der Londoner National Gallery, konstatierte überrascht:
"Gulbenkian entwickelte im Alter eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit gegen den Kunsthandel. Früher war er eine leichte Beute für geschickte Händler gewesen."
Vor allem aber fand Gulbenkian in der Sowjetunion ein Feld, auf dem sich sein Sinn für ökonomische Spekulation, Winkelzüge seiner einflussreichen Privatdiplomatie sowie das Vergnügen an schöner Kunst trefflich mischten. Denn der Ölmillionär war stets mehr als nur Geschäftsmann, wie sein Brief an Georges Piatakoff, den Chef der sowjetischen Staatsbank beweist:
"Kunst, die für Jahre in ihren Museen war, sollte nicht verkauft werden. Sie repräsentiert nicht nur ein nationales Erbe, sondern ist auch die Quelle der Kultur und des Nationalstolzes. Also verkaufen Sie, was Sie wollen – nur keine Museumsbestände. Sollten Sie jedoch dazu gezwungen sein, dann meiden Sie Zwischenhändler und bieten Sie auf dem freien Markt an."