Dirk Müller: Wir bleiben beim Thema "Internationale Geberkonferenz", die heute in Berlin beginnt. Eine Geberkonferenz für den Globalen Fonds für die Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Am Telefon in Berlin begrüße ich nun den Arzt und Theologen Christoph Benn, zugleich Direktor beim Globalen Fonds. Guten Morgen!
Christoph Benn: Guten Morgen!
Müller: Herr Benn, müssen die Industrieländer jetzt finanziell Farbe bekennen?
Benn: Ja, das müssen sie. Sie haben Erklärungen abgegeben, zum Beispiel beim G8-Gipfel hier in Deutschland. Sie haben sich bereit erklärt, die Prävention und Therapie in den ärmsten Ländern zu finanzieren und allen Menschen weltweit Zugang dazu zu ermöglichen. Und das muss jetzt mit finanziellen Zusagen untermauert werden.
Müller: Es hat, Herr Benn, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder Millionen, insgesamt Milliarden von Investitionen gegeben in Entwicklungsländer, in Hilfsprojekte. Warum soll das diesmal effizienter und besser funktionieren?
Benn: Weil wir in den letzten Jahren schon damit große Erfahrungen gemacht haben. Der Globale Fonds ist ja eine relativ neue Organisation. Die gibt es seit fünf Jahren. Und durch die Investitionen sind jetzt schon zwei Millionen Menschen am Leben, die ansonsten nicht mehr leben würden. Das sind sozusagen die frühen Erfolge gewesen und darauf wollen wir jetzt aufbauen, wenn die Geber ihre Zusagen halten und das tun, was wir hier diese Woche erwarten in Berlin, dann werden wir in der Lage sein, mehrere Millionen Menschen weiter da vor einem vorzeitigen Tod zu bewahren.
Müller: Es geht ja um viele Milliarden, die investiert werden sollen. Wie funktioniert das in der Praxis? Wer entscheidet darüber, wohin das Geld fließt?
Benn: Es ist ein neuartiges Modell. Die Entscheidung, was passiert liegt ganz bei den Ländern. Die stellen die Anträge. Wir haben dann eine unabhängige Kommission, die die Anträge prüft und wir haben ein sehr striktes System, das überwacht, wie die Gelder verwendet werden. Wir haben private Buchprüfungsfirmen eingesetzt, die die Finanzkonzeption überwachen. Wir haben gelegentlich auch eingegriffen, dann, wenn es Anzeichen zur Korruption gab. Insgesamt erreichen die Programme aber etwa 94 Prozent ihrer Ziele.
Müller: Und das können Sie definitiv sagen und bestätigen?
Benn: Das können wir definitiv nachweisen. Da gibt es viele verschiedene Studien. Es gibt externe Evaluationen. Und wie gesagt, wir setzen in jedem unserer 136 Länder, wo wir ein Programm unterstützen, Buchprüfungsfirmen ein. Und es ist tatsächlich ein neuer Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit.
Müller: Es gibt ja immer wieder Berichte und Analysen darüber, dass einige Länder der G8-Staaten Schwierigkeiten haben mit diesen finanziellen Zusagen, die Sie ja jetzt nun auch fordern. Wer hat denn solche Schwierigkeiten?
Benn: Die Schwierigkeiten sind vielfältig. Es gibt Länder, die ihren Schwerpunkt auf Gesundheit haben und hier relativ großzügig sind. Es gibt Länder, die über Zuwächse berichten können in der Entwicklung, im Entwicklungshaushalt. Aber es gibt auch Länder, wie zum Beispiel Japan, wo wir einen nachlassenden Entwicklungshaushalt haben und die haben dann Schwierigkeiten, diese großen Summen aufzubringen.
Müller: Ist der Etat der deutschen Regierung an der Entwicklungspolitik aus Ihrer Sicht angemessen?
Benn: Der Haushalt der Bundesregierung hat zugenommen. Kanzlerin Merkel wird ja auch morgen auf dieser Konferenz sein. Sie hat sich dafür sehr eingesetzt. Auch Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul steht sehr hinter dieser Konferenz und die Deutschen werden mit Sicherheit ihren Beitrag leisten.
Müller: Aber der ist noch nicht hoch genug?
Benn: Ich kann noch nichts zu sagen, was die Deutschen wirklich dann ankündigen werden. Ich bin aber hier sehr zuversichtlich. Denn gerade auch als Gastgeber wissen die Deutschen, dass sie eine besondere Verantwortung haben. Sie haben in diesem Jahr auch die G8-Präsidentschaft und sie haben wirklich die Absicht, hier mit gutem Beispiel voranzugehen.
Müller: Reden wir, Herr Benn, über Moskau und Washington. Haben die den Schwarzen Peter?
Benn: Washington nicht unbedingt. Präsident Bush hat ja gerade sich im Bereich Aids relativ stark engagiert. Er gibt allerdings das meiste Geld über sein bilaterales, eigenes Programm aus. Also hier ist etwa das Problem, ihn dazu zu überzeugen, in ein multilaterales System einzuzahlen. Bei den Russen gibt es ein sehr interessantes Modell. Russland war zunächst Empfängerland des Globalen Fonds, weil Aids dort ein großes Problem ist. Und sie werden hier in Berlin verkünden, dass sie jetzt von einem Empfängerland zu einem Netto-Geber-Land werden wollen.
Müller: Jetzt gibt es, Herr Benn, die Befürchtung, dass zu viele Investitionen nach Afrika fließen. Da ist das Aidsproblem bekanntlich groß, aber es besteht ja nicht nur in Afrika. Besteht diese Gefahr?
Benn: Etwa 60 Prozent unserer Investitionen gehen nach Afrika und das halten wir auch für angemessen. Denn hier ist in der Tat die Krankheitsbelastung am größten. Und es geht ja in der Tat nicht nur um Aids. Es geht auch um Tuberkulose, Malaria. Fast 90 Prozent der weltweiten Todesfälle an Malaria sind in Afrika. Von daher ist dieses sicherlich durchaus angemessen.
Müller: Wohin fließt das Geld noch?
Benn: Die anderen 40 Prozent fließen dann nach Asien, insbesondere Südasien, also Indien, Sri-Lanka, Bangladesh, diese Region, Pazifik, aber auch in die Karibik. Das ist nach Afrika die von Aids am zweithäufigsten betroffene Region.
Müller: Sie haben dieses Projekt gemeinsam mit Kofi Annan ja angestoßen. Haben Sie das Gefühl, dass die Industrieländer, dass die G8-Staaten, aber auch andere Länder tatsächlich dieses Engagement ernst meinen und vor allem konsequent umsetzen in den kommenden Jahren?
Benn: Man könnte natürlich immer mehr raten. Das ist ganz klar. Aber der Globale Fonds gehört sicherlich zu den wenigen Initiativen der G8-Staaten die tatsächlich praktisch umgesetzt wurden und auch relativ gut finanziert wurden. Wir werden morgen hier in Berlin 30 verschiedene Länder haben. Das ist relativ viel. Alle 30 Länder werden hier finanzielle Zusagen machen, werden auch ihre Beiträge erhöhen. Wir haben zum ersten Mal auch Saudi Arabien mit am Tisch, die eine Zusage machen werden. Wir haben also insofern einen sehr breiten Fächer sozusagen von Ländern, aber auch der Privatwirtschaft. Auch die wird am Tisch sitzen und wird finanziellen Zusagen machen.
Müller: Das war der Arzt und Theologe Christoph Benn, Direktor beim Globalen Fonds. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Benn: Gern!
Christoph Benn: Guten Morgen!
Müller: Herr Benn, müssen die Industrieländer jetzt finanziell Farbe bekennen?
Benn: Ja, das müssen sie. Sie haben Erklärungen abgegeben, zum Beispiel beim G8-Gipfel hier in Deutschland. Sie haben sich bereit erklärt, die Prävention und Therapie in den ärmsten Ländern zu finanzieren und allen Menschen weltweit Zugang dazu zu ermöglichen. Und das muss jetzt mit finanziellen Zusagen untermauert werden.
Müller: Es hat, Herr Benn, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder Millionen, insgesamt Milliarden von Investitionen gegeben in Entwicklungsländer, in Hilfsprojekte. Warum soll das diesmal effizienter und besser funktionieren?
Benn: Weil wir in den letzten Jahren schon damit große Erfahrungen gemacht haben. Der Globale Fonds ist ja eine relativ neue Organisation. Die gibt es seit fünf Jahren. Und durch die Investitionen sind jetzt schon zwei Millionen Menschen am Leben, die ansonsten nicht mehr leben würden. Das sind sozusagen die frühen Erfolge gewesen und darauf wollen wir jetzt aufbauen, wenn die Geber ihre Zusagen halten und das tun, was wir hier diese Woche erwarten in Berlin, dann werden wir in der Lage sein, mehrere Millionen Menschen weiter da vor einem vorzeitigen Tod zu bewahren.
Müller: Es geht ja um viele Milliarden, die investiert werden sollen. Wie funktioniert das in der Praxis? Wer entscheidet darüber, wohin das Geld fließt?
Benn: Es ist ein neuartiges Modell. Die Entscheidung, was passiert liegt ganz bei den Ländern. Die stellen die Anträge. Wir haben dann eine unabhängige Kommission, die die Anträge prüft und wir haben ein sehr striktes System, das überwacht, wie die Gelder verwendet werden. Wir haben private Buchprüfungsfirmen eingesetzt, die die Finanzkonzeption überwachen. Wir haben gelegentlich auch eingegriffen, dann, wenn es Anzeichen zur Korruption gab. Insgesamt erreichen die Programme aber etwa 94 Prozent ihrer Ziele.
Müller: Und das können Sie definitiv sagen und bestätigen?
Benn: Das können wir definitiv nachweisen. Da gibt es viele verschiedene Studien. Es gibt externe Evaluationen. Und wie gesagt, wir setzen in jedem unserer 136 Länder, wo wir ein Programm unterstützen, Buchprüfungsfirmen ein. Und es ist tatsächlich ein neuer Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit.
Müller: Es gibt ja immer wieder Berichte und Analysen darüber, dass einige Länder der G8-Staaten Schwierigkeiten haben mit diesen finanziellen Zusagen, die Sie ja jetzt nun auch fordern. Wer hat denn solche Schwierigkeiten?
Benn: Die Schwierigkeiten sind vielfältig. Es gibt Länder, die ihren Schwerpunkt auf Gesundheit haben und hier relativ großzügig sind. Es gibt Länder, die über Zuwächse berichten können in der Entwicklung, im Entwicklungshaushalt. Aber es gibt auch Länder, wie zum Beispiel Japan, wo wir einen nachlassenden Entwicklungshaushalt haben und die haben dann Schwierigkeiten, diese großen Summen aufzubringen.
Müller: Ist der Etat der deutschen Regierung an der Entwicklungspolitik aus Ihrer Sicht angemessen?
Benn: Der Haushalt der Bundesregierung hat zugenommen. Kanzlerin Merkel wird ja auch morgen auf dieser Konferenz sein. Sie hat sich dafür sehr eingesetzt. Auch Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul steht sehr hinter dieser Konferenz und die Deutschen werden mit Sicherheit ihren Beitrag leisten.
Müller: Aber der ist noch nicht hoch genug?
Benn: Ich kann noch nichts zu sagen, was die Deutschen wirklich dann ankündigen werden. Ich bin aber hier sehr zuversichtlich. Denn gerade auch als Gastgeber wissen die Deutschen, dass sie eine besondere Verantwortung haben. Sie haben in diesem Jahr auch die G8-Präsidentschaft und sie haben wirklich die Absicht, hier mit gutem Beispiel voranzugehen.
Müller: Reden wir, Herr Benn, über Moskau und Washington. Haben die den Schwarzen Peter?
Benn: Washington nicht unbedingt. Präsident Bush hat ja gerade sich im Bereich Aids relativ stark engagiert. Er gibt allerdings das meiste Geld über sein bilaterales, eigenes Programm aus. Also hier ist etwa das Problem, ihn dazu zu überzeugen, in ein multilaterales System einzuzahlen. Bei den Russen gibt es ein sehr interessantes Modell. Russland war zunächst Empfängerland des Globalen Fonds, weil Aids dort ein großes Problem ist. Und sie werden hier in Berlin verkünden, dass sie jetzt von einem Empfängerland zu einem Netto-Geber-Land werden wollen.
Müller: Jetzt gibt es, Herr Benn, die Befürchtung, dass zu viele Investitionen nach Afrika fließen. Da ist das Aidsproblem bekanntlich groß, aber es besteht ja nicht nur in Afrika. Besteht diese Gefahr?
Benn: Etwa 60 Prozent unserer Investitionen gehen nach Afrika und das halten wir auch für angemessen. Denn hier ist in der Tat die Krankheitsbelastung am größten. Und es geht ja in der Tat nicht nur um Aids. Es geht auch um Tuberkulose, Malaria. Fast 90 Prozent der weltweiten Todesfälle an Malaria sind in Afrika. Von daher ist dieses sicherlich durchaus angemessen.
Müller: Wohin fließt das Geld noch?
Benn: Die anderen 40 Prozent fließen dann nach Asien, insbesondere Südasien, also Indien, Sri-Lanka, Bangladesh, diese Region, Pazifik, aber auch in die Karibik. Das ist nach Afrika die von Aids am zweithäufigsten betroffene Region.
Müller: Sie haben dieses Projekt gemeinsam mit Kofi Annan ja angestoßen. Haben Sie das Gefühl, dass die Industrieländer, dass die G8-Staaten, aber auch andere Länder tatsächlich dieses Engagement ernst meinen und vor allem konsequent umsetzen in den kommenden Jahren?
Benn: Man könnte natürlich immer mehr raten. Das ist ganz klar. Aber der Globale Fonds gehört sicherlich zu den wenigen Initiativen der G8-Staaten die tatsächlich praktisch umgesetzt wurden und auch relativ gut finanziert wurden. Wir werden morgen hier in Berlin 30 verschiedene Länder haben. Das ist relativ viel. Alle 30 Länder werden hier finanzielle Zusagen machen, werden auch ihre Beiträge erhöhen. Wir haben zum ersten Mal auch Saudi Arabien mit am Tisch, die eine Zusage machen werden. Wir haben also insofern einen sehr breiten Fächer sozusagen von Ländern, aber auch der Privatwirtschaft. Auch die wird am Tisch sitzen und wird finanziellen Zusagen machen.
Müller: Das war der Arzt und Theologe Christoph Benn, Direktor beim Globalen Fonds. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Benn: Gern!