"Ich bin made in Germany mit türkischem Bauplan."
Das sagte gestern die Regisseurin Yasemin Samdereli auf der Pressekonferenz über ihren heiteren Film "Alemanya", eine Migrationsgeschichte im globalen Dorf. Neuigkeiten aus dem globalen Dorf will die Berlinale ja immer liefern. So witzig wie in "Alemanya" geht es dabei leider selten zu. Wer, wo und wie Politik macht und mit welchen Folgen, ist ja auch eine ernste Sache.
Begonnen hatte es mit dem Western "True Grit" von den Coen-Brüdern. Dieser Wildwestfilm sagt mehr über die USA von heute als mancher realistische Gegenwartsstreifen. Der versoffene Revolverheld haust im Hinterzimmer eines chinesischen Kaufladens. Die USA als Hinterhof der aufstrebenden Weltmacht China.
Mit dem Abstieg der USA hatte auch der zweite Film des Wettbewerbs zu tun. "Margin Call" von JC Chandor berichtet von der Nacht vor dem Finanz- und Börsencrash 2008. Mit allzu bekannten stilistischen Mitteln eines New-York-Thrillers zeigt er allerdings wenig Neues aus dem Finanzdschungel.
Nachrichten aus einem ganz anderen Urwald hatte der deutsche Regisseur Ulrich Köhler in seinem Film "Schlafkrankheit" zu bieten. Es ist der Regenwald mitten in Afrika, in Kamerun. Dort leitet ein deutscher Entwicklungshelfer als Arzt ein internationales Projekt, um die Schlafkrankheit einzudämmen. Vor allem aber muss der Arzt sich gegen die Korruption wehren. Die finanziellen Mittel fließen gerne mal in die Taschen der einheimischen Verantwortlichen vor Ort. Regisseur Ulrich Köhler:
"Was definitiv der Fall ist, ist, dass nach 50 Jahren die Entwicklungshilfe relativ wenige Früchte getragen hat."
Am Ende versinkt der Weiße im Sumpf von Kameruns Vetternwirtschaft und im Dickicht des Waldes, im Herzen der Finsternis. Den unheimlichen Sog der Natur und die eigendynamische Kraft einer fremden Kultur lässt der Film in schwermütigen und bedrohlichen Landschaftsbildern aufscheinen. Das nüchterne Fazit: Stoppt alle gut gemeinten Entwicklungsprojekte, die letztlich Eigenverantwortung und Demokratie verhindern. So illusionslos und pessimistisch kann der Blick der Berlinale aufs globale Dorf sein. Glücklicherweise tauchte dann Yasemin Samderelis Film "Alemanya" auf.
Er entwirft ein humorvolles und komisches Porträt einer türkischen Einwandererfamilie. Es umfasst den Zeitraum der 1950er-Jahre in Anatolien, die Ausreise der Gastarbeiter nach Deutschland in den 60ern bis in die Gegenwart. Als einemillionunderster Gastarbeiter wird der Großvater von Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Schloss Bellevue eingeladen und probt seine erste Rede:
"Sehr geehrte Bundeskanzlerin, liebe Mitbürger. Ich danke Ihnen viel, dass Sie mich hier eingeladen!"
Aus der Rede wird nichts, weil der Großvater kurz zuvor auf einer Reise der gesamten Familie ins Heimatdorf stirbt. Eingeblendet in diese Reise werden satirische und poetische Episoden der Einwanderung. Regisseurin Yasemin Samdereli:
"Es war ein starker Wunsch nach einer Reihe von Dramen über Migrationsgeschichten, wo es um Extremfälle geht, um Ehrenmorde, eine Perspektive aufzuzeigen, der wir uns viel näher fühlen. Und das sind die vielen Geschichten, die das Leben spinnt, die sich in einem sehr schönen Bereich abspielen. Dieses erste Aufeinandertreffen damals von türkischen Menschen hier in Deutschland hatte viel Groteskes und Komisches."
Das hat ihr Film unbedingt. Anatolien in Deutschland und die Wanderungen im globalen Dorf können lustig und schön sein.
Das sagte gestern die Regisseurin Yasemin Samdereli auf der Pressekonferenz über ihren heiteren Film "Alemanya", eine Migrationsgeschichte im globalen Dorf. Neuigkeiten aus dem globalen Dorf will die Berlinale ja immer liefern. So witzig wie in "Alemanya" geht es dabei leider selten zu. Wer, wo und wie Politik macht und mit welchen Folgen, ist ja auch eine ernste Sache.
Begonnen hatte es mit dem Western "True Grit" von den Coen-Brüdern. Dieser Wildwestfilm sagt mehr über die USA von heute als mancher realistische Gegenwartsstreifen. Der versoffene Revolverheld haust im Hinterzimmer eines chinesischen Kaufladens. Die USA als Hinterhof der aufstrebenden Weltmacht China.
Mit dem Abstieg der USA hatte auch der zweite Film des Wettbewerbs zu tun. "Margin Call" von JC Chandor berichtet von der Nacht vor dem Finanz- und Börsencrash 2008. Mit allzu bekannten stilistischen Mitteln eines New-York-Thrillers zeigt er allerdings wenig Neues aus dem Finanzdschungel.
Nachrichten aus einem ganz anderen Urwald hatte der deutsche Regisseur Ulrich Köhler in seinem Film "Schlafkrankheit" zu bieten. Es ist der Regenwald mitten in Afrika, in Kamerun. Dort leitet ein deutscher Entwicklungshelfer als Arzt ein internationales Projekt, um die Schlafkrankheit einzudämmen. Vor allem aber muss der Arzt sich gegen die Korruption wehren. Die finanziellen Mittel fließen gerne mal in die Taschen der einheimischen Verantwortlichen vor Ort. Regisseur Ulrich Köhler:
"Was definitiv der Fall ist, ist, dass nach 50 Jahren die Entwicklungshilfe relativ wenige Früchte getragen hat."
Am Ende versinkt der Weiße im Sumpf von Kameruns Vetternwirtschaft und im Dickicht des Waldes, im Herzen der Finsternis. Den unheimlichen Sog der Natur und die eigendynamische Kraft einer fremden Kultur lässt der Film in schwermütigen und bedrohlichen Landschaftsbildern aufscheinen. Das nüchterne Fazit: Stoppt alle gut gemeinten Entwicklungsprojekte, die letztlich Eigenverantwortung und Demokratie verhindern. So illusionslos und pessimistisch kann der Blick der Berlinale aufs globale Dorf sein. Glücklicherweise tauchte dann Yasemin Samderelis Film "Alemanya" auf.
Er entwirft ein humorvolles und komisches Porträt einer türkischen Einwandererfamilie. Es umfasst den Zeitraum der 1950er-Jahre in Anatolien, die Ausreise der Gastarbeiter nach Deutschland in den 60ern bis in die Gegenwart. Als einemillionunderster Gastarbeiter wird der Großvater von Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Schloss Bellevue eingeladen und probt seine erste Rede:
"Sehr geehrte Bundeskanzlerin, liebe Mitbürger. Ich danke Ihnen viel, dass Sie mich hier eingeladen!"
Aus der Rede wird nichts, weil der Großvater kurz zuvor auf einer Reise der gesamten Familie ins Heimatdorf stirbt. Eingeblendet in diese Reise werden satirische und poetische Episoden der Einwanderung. Regisseurin Yasemin Samdereli:
"Es war ein starker Wunsch nach einer Reihe von Dramen über Migrationsgeschichten, wo es um Extremfälle geht, um Ehrenmorde, eine Perspektive aufzuzeigen, der wir uns viel näher fühlen. Und das sind die vielen Geschichten, die das Leben spinnt, die sich in einem sehr schönen Bereich abspielen. Dieses erste Aufeinandertreffen damals von türkischen Menschen hier in Deutschland hatte viel Groteskes und Komisches."
Das hat ihr Film unbedingt. Anatolien in Deutschland und die Wanderungen im globalen Dorf können lustig und schön sein.