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Ergebnisse des G20-Gipfels
"Da sind signifikante Fortschritte gemacht worden"

Die G20 sei jetzt auf Wohlergehen und Wohlstand des Menschen ausgerichtet, lautet das Resümee des Chefs des Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower im Dlf. In der Abschlusserklärung ginge es nun auch darum, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards sowie Menschenrechten in Einklang mit internationalen Wertschöpfungsketten zu bringen.

Denis Snower im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Bundeskanzlerin Angela Merkel steht mit den teilnehmenden Staats- und Regierungschefs (7.7.17) in Hamburg beim G20-Gipfel zusammen für ein Familienfoto. G20-Gipfel - Familienfoto
    Bundeskanzlerin Angela Merkel steht mit den teilnehmenden Staats- und Regierungschefs (7.7.17) in Hamburg beim G20-Gipfel zusammen für ein Familienfoto. (dpa / Michael Kappeler)
    Jasper Barenberg: Die Glut schwelt noch in einem ausgebrannten Supermarkt im Hamburger Schanzenviertel, auf den Straßen Pflastersteine und kaputte Flaschen, verbrannte Barrikaden kokeln vor sich hin am Tag nach dem Gipfel, wo ein gewalttätiger Mob marodiert hat und die Anwohner wütend und fassungslos zurückbleiben. Lohnen da Treffen der Mächtigsten der Welt überhaupt noch, zumal viele das Ergebnis für einen eher dürftigen Formelkompromiss halten? Darüber können wir jetzt mit Dennis Snower sprechen, dem Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. Schönen guten Morgen dorthin!
    Dennis Snower: Guten Morgen!
    Barenberg: Viele Beobachter sind sich ja einig: Etwas mehr als nichts ist ungefähr das Ergebnis des Gipfels. Sind Sie auch ernüchtert?
    Snower: Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, es sind signifikante Fortschritte gemacht worden und es ist wichtig, die Folgen zu haben. Das erste ist, der Fokus auf Wachstum und Finanzstabilität hat jetzt einen weiteren Rahmen bekommen, und das ist etwas, was den Globalisierungsgegnern zu denken geben wird. Jetzt ist die G20 auf Wohlergehen und Wohlstand des Menschen ausgerichtet. Es steht in der Regierungserklärung, dass die G20 entschlossen ist, die Globalisierung zum Wohl aller Menschen zu gestalten, und das ist eine neue Art und Weise, die G20 zu betrachten, und unter dieser Hinsicht, glaube ich, kann man viele soziale Probleme, die mit den Ökonomischen zusammenhängen, in den Griff bekommen.
    "Nachhaltige globale Lieferketten"
    Barenberg: Sie hatten ja im Vorfeld zusammen mit anderen Organisationen genau das gefordert, den Fokus stärker auf die sozialen Bedürfnisse der Menschen zu lenken, auf Umweltschutz und Klimaschutz auch. Wo sehen Sie dann in den Ergebnissen konkret, dass dem Rechnung getragen wurde?
    Snower: Konkret wurde dem in der ganzen Erklärung Rechnung getragen. Zum Beispiel, wann es um nachhaltige globale Lieferketten ging, war es nicht einfach die Rede, dass diese Lieferketten dem Wachstum allein dienen sollen. Es war, auch die G20 darum zu verpflichten, die Umsetzung von Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards sowie Durchsetzung von Menschenrechten in Einklang mit internationalen Wertschöpfungsketten zu bringen, und das ist ein großer Fortschritt, denn man kümmert sich um das Soziale und die Umwelt zusammen mit der Wirtschaft.
    "Bis jetzt hat die G20 immer im Konsens gehandelt"
    Barenberg: Dann verstehe ich Sie richtig, die Fortschritte sind aus Ihrer Sicht eher im Kleingedruckten zu erkennen beziehungsweise in dieser allgemeinen Absichtserklärung, den Fokus zu weiten und das Bild zu weiten. Wie wird sich die Wirkungsmacht dieser Stoßrichtung sozusagen, wie wird sie sich entfalten in den nächsten Monaten und Jahren?
    Snower: Ich glaube, die G20 kann auf zwei Ebenen gesehen werden. Erstens ist es die Ebene der Regierungschefs und da sind die großen schwierigen Themen besprochen, Knackpunkte wie Klima und Handel, die sehr schwierig zu lösen sind. Und dann ist die zweite Ebene der Arbeitsgruppen der Ministerien, wo viel vorangetrieben wird, zum Beispiel digitale Sicherung oder Sicherung unserer Gesundheitssysteme, und da gibt es große Fortschritte und da sind wir stark involviert. Aber zuzüglich gab es noch eine ganz wichtige Nachricht, und das ist: Bis jetzt hat die G20 immer im Konsens gehandelt. Und daher: Wenn ein Land wie die Vereinigten Staaten beim Klima ausscherten, dann musste das ganze Thema fallen gelassen werden. Jedes Land hatte sozusagen ein Vetorecht, über was entschieden worden ist. Aber dieses Mal war das nicht der Fall. Man hat gesagt, obwohl Trump ausgestiegen ist vom Pariser Klimaabkommen, sind die anderen 19 Länder noch immer dabei, und das bedeutet, dass sie sich weiterhin verpflichten und dass diesbezüglich zumindest das Ärgste von den Auswirkungen von Trumps Entscheidungen gedämmt werden kann.
    Barenberg: Aber, Herr Snower, was ist denn gewonnen, wenn die Uneinigkeit der mächtigsten 20 jetzt auch schwarz auf weiß nachzulesen ist?
    Snower: Wir haben zwei Alternativen. Entweder Klimawandel überhaupt nicht unter die Lupe zu nehmen und voranzutreiben, oder ein Land, was sich nicht verantwortungsvoll verhalten hat, zu identifizieren und klar zu machen, dass die anderen Länder weiterhin geradestehen in der Bekämpfung von Klimawandel. Und ich glaube, das zweite ist ein großer Fortschritt, relativ zum Konsensverhalten, was wir bisher hatten.
    "Proteste sind extrem bedauerlich"
    Barenberg: Und Sie verteidigen auch das Format gegen die vielfältige Kritik über den Aufwand, die Kosten und die Schäden, die wir auch registriert haben?
    Snower: Ich glaube, Proteste sind extrem bedauerlich und man muss versuchen, das in der Zukunft so gut wie möglich zu vermeiden. Aber wir haben in dieser Welt viele globale Probleme und die lassen sich nur multilateral lösen, und dazu braucht man die Möglichkeit, dass sich Staatschefs treffen und zur gleichen Zeit Experten von den Ministerien, Arbeitsgruppen und so weiter. Das ermöglicht die G20 und es gibt kein anderes Forum, die flexibel genug ist, wo es persönlichen Kontakt zwischen den Staatschefs geben kann und zugleich sich die Experten austauschen können.
    Barenberg: … sagt der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Dennis Snower. Vielen Dank für das Gespräch heute Morgen.
    Snower: Vielen Dank! Auf Wiederhören!
    Barenberg: Auf Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.