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Erinnerung an die bahnbrechende Rolle der Kölner Band Can

Vor 40 Jahren erschien die LP "Tago Mago" der Avantgarde-Band Can, die von Popkritikern als das fundamentale Werk der Kölner Gruppe gepriesen wurde. Dieses Jubiläum ist Ausgangspunkt für die Ausstellung "Halleluwah! Hommage à CAN".

Von Helga Spannhake |
    "Eigentlich passten wir gar nicht zueinander. Wir waren ja nicht, wie das meistens passiert, Freunde gewesen, die eine Gruppe gründen, weil sie alle dieselbe Musik machen. Eigentlich ist es für mich immer noch ein ziemliches Wunder, das aus uns Can geworden ist."

    Geräusche einer Strickmaschine dringen aus einem kreisrunden Lautsprecher. Direkt unter ihm hängt ein grauer Pullover mit einem zackigen schwarzen Streifenmuster – eine Arbeit des Berliner Musikers und bildenden Künstlers Robert Lippok, so Ausstellungskurator Christoph Tannert:

    "Der hat einen Song von Can in seinen Computer eingegeben, und die dann bei einer Visualisierung der Musikspur sichtbare Kurve, wiederum weitergegeben an eine Strickmaschine. Und die Strickmaschine hat einen Pullover genau mit diesem grafischen Bild entwickelt."

    Es ist ein durchweg gegenwärtiger künstlerischer Blick – mehr als 50 Maler und Bildhauer bereichern die Ausstellung mit ihren Werken. Ganz unterschiedlich ist ihr Zugang zu Can. Sie widmen sich der Musik, den Covern der LPs oder forschen allgemein der Arbeitsmethode der Band nach:

    "Es gibt beispielsweise Werke, die sind quasi so in psychedelischer Kiffermanier entstanden. Man hört sich Can Musik an und dann weiten sich die Horizonte und die Pupillen werden irgendwie starr. Und dann entstehen solche merkwürdig wilden oder auch psychedelischen Muster. Oder bei Norbert Bisky zum Beispiel ist es so, dass nach Genuss des Can-Titels, dann der Kopf zu explodieren beginnt. Und diese explosive Form vor schwarzem Grund sieht natürlich zauberhaft aus. Wobei sie sich neben einer zerschredderten Skulptur zweier Fender-Gitarren von Sven Drühl befindet."

    Der größte Coup ist sicher die Verpflichtung von Daniel Richter, dem Hamburger Superstar der neuen deutschen Malerei. Sein Ölbild "Can you can" fängt farbkompositorisch beeindruckend musikalische Strukturen ein. Eine Überraschung ist auch, dass Yello-Sänger Dieter Meier zu seinen Anfängen als Künstler zurückkehrt. Seine signierte Fotomontage zum Cover der ruhmreichen LP "Tago Mago" ist übrigens auch das Lieblingsstück der Galeristin Karin Abt-Straubinger - und gleichzeitig das günstigste Werk der Ausstellung:

    "Da gibt es Dinge für 400 Euro bis 60.000 hoch. Und da denke ich schon, dass die entsprechenden Fans kommen werden."

    Ob Videoinstallation mit Bildern des Gründungsmitglieds und Sängers Malcolm Mooney, einem Mobile aus silbrig-glänzender Alufolie zum Song "She Brings The Rain" oder meterhohem filigranen Fächer aus dunklen Haaren – die Verbildlichung von Musik gelingt in dieser Ausstellung überraschend gut. Und Kurator Christoph Tannert findet, dass die von ihm eingeladenen Künstler sich mit dem Gegenstand Can ebenso respektvoll wie neugierig auseinandergesetzt haben:

    "Wir haben es hier einerseits mit diesen Formen des Niederkniens vor Can zu tun, aber die Ausstellung ist auch an bestimmten Punkten bizarr und merkwürdig. Aber was eigentlich alle Künstler eint, ist dieses Verständnis von Can als einer frühen Avantgarde-Band, die mit dem zufälligen und dem Aufgesammelten und dem Experiment und dem Unerwarteten und auch dem Interesse an dem Chaotischen spielt."

    "Diese Konstellation von Leuten mit völlig verschiedener musikalischer Erfahrung und auch ganz gegensätzlichen Lebensvorstellungen war in mancher Hinsicht doch eine Kopfgeburt. Aber bei all den irrsinnigen Spannungen, die daraus entstanden, gab es eine gemeinsame geheimnisvolle Leidenschaft, die uns zusammenhielt. Es war die Erfahrung, dass man in glücklichen Momenten beim Spielen ein einziges Wesen, ein mächtiger pulsierender Organismus wurde. Unsere ganze Musik ist der immer wieder neue Anlauf diesen Zustand herzustellen."