Wie die Sache ausgeht, ist völlig ungewiss. Entweder stürzen sich nun diverse Häuser darauf, oder Mieczyslaw Weinbergs (1919 – 1996) Oper verschwindet wieder in den Archiven der Musikgeschichte. Es ist wohl eher Letzteres zu befürchten, was allerdings überhaupt nicht an der Qualität des Stücks liegt, sondern schlicht am puren Aufwand. "Der Idiot" sprengt – inklusive einer knappen Pause – die Vierstundengrenze. Es handelt sich um Weinbergs letzte Oper aus dem Jahr 1986, erst jetzt wurde in Mannheim die vollständig orchestrierte Fassung uraufgeführt.
Weinbergs Librettist Alexander Medwedjew komprimierte Fjodor Dostojewskis ausufernden Roman, im Zentrum steht die ambivalente Beziehung zwischen Myschkin und Rogoschin sowie ihre tragisch endende Liebe zu Nastassja. Myschkins 'Idiotie' besteht einerseits in seinem naiven Humanismus, andererseits leidet er an Epilepsie. Rogoschin ist gleichsam sein düsteres Alter Ego, ein unangenehmer Zeitgenosse, der schlussendlich aus dunkler Leidenschaft Nastassja tötet. Myschkin kann oder will sie nicht retten, außerdem verliebt er sich auch noch in die junge Aglaja, steht also zwischen zwei Frauen. Ein böser Spielführer namens Lebedjew treibt dieses Geschehen an und wirft immer wieder Kommentare ein.
Es gibt noch eine Vielzahl von Nebenfiguren, die Mannheims frühere Intendantin Regula Gerber in ihrer Inszenierung mittels Drehbühne und variabler Räume (Stefan Mayer) exzellent integriert. Durch den sparsamen, wirkungsvollen Einsatz von Videos (Thilo David Heins) werden Zugreisen, Landpartien oder Kirchenbesuche imaginiert. Gerber gelingt eine ungemein intensive Arbeit, es werden Kraftlinien zwischen den Protagonisten sowie ihre nicht immer offenbarten Wünsche, Hoffnungen und Traumata freigelegt.
Dmitry Golovnin singt die Kräfte zehrende Partie des Myschkin mit unangestrengtem, warmem Timbre, Ludmila Slepneva verleiht Nastassja schöne Töne zwischen Selbstbewusstsein und Zerbrechlichkeit. Hervorragend auch Anne-Theresa M¸ller als Aglaja sowie Lars M¸ller als Lebedjew. Steven Schescharegs Rogoschin hat schlicht Weltklasse. Tilman Michael sorgte für sehr gut einstudierte Chöre. Doch ohne den tatkräftigen Einsatz von Souffleur Günther Michelsen wäre ein Gutteil des Ensembles vermutlich verloren gewesen.
Schleierhaft bleibt, wie ein mittelgroßes Opernhaus solch ein Werk in dieser Qualität stemmen kann. In die Probenpläne und ins Disponentenbüro möchte man da wohl lieber nicht blicken. Am Pult des Mannheimer Orchesters stand Thomas Sanderling, der wirklich jedes Detail der Partitur formschön und klar zum Klingen brachte. Sanderling agiert mit Erfolg schon länger als Sachwalter des viel zu wenig gespielten Weinberg. Diese Aufführung nun krönt all seine Bemühungen.
Obwohl Weinberg ein enger Freund und Weggefährte von Dmitri Schostakowitsch war (und diesem seine letzte Oper widmete), besitzt seine Musik einen hohen Grad an Eigenständigkeit und findet für jede einzelne Szene und jeden Charakter ein adäquates Kolorit. Den zentralen Personen sind Leitmotive zugeordnet, die jedoch zum Teil versteckt oder miteinander verschränkt auftauchen. Der Orchestersatz ist dicht gewoben, auch bei exaltierten Blechfiguren herrscht erstaunliche Transparenz. Weitere Elemente sind ein oft sanft pulsierendes Streicherbett sowie das zum Tanz (Walzer) aufspielende Solo-Klavier.
Nach Tilman Knabes gewagter, aber gelungener "Fanciulla del West" und Achim Freyers formidablem Nibelungen-Ring hat Mannheim nun ein weiteres Ass im Ärmel und manch größeres Haus – zum Beispiel an Isar oder Alster – müsste eigentlich vor Neid erblassen.
Weinbergs Librettist Alexander Medwedjew komprimierte Fjodor Dostojewskis ausufernden Roman, im Zentrum steht die ambivalente Beziehung zwischen Myschkin und Rogoschin sowie ihre tragisch endende Liebe zu Nastassja. Myschkins 'Idiotie' besteht einerseits in seinem naiven Humanismus, andererseits leidet er an Epilepsie. Rogoschin ist gleichsam sein düsteres Alter Ego, ein unangenehmer Zeitgenosse, der schlussendlich aus dunkler Leidenschaft Nastassja tötet. Myschkin kann oder will sie nicht retten, außerdem verliebt er sich auch noch in die junge Aglaja, steht also zwischen zwei Frauen. Ein böser Spielführer namens Lebedjew treibt dieses Geschehen an und wirft immer wieder Kommentare ein.
Es gibt noch eine Vielzahl von Nebenfiguren, die Mannheims frühere Intendantin Regula Gerber in ihrer Inszenierung mittels Drehbühne und variabler Räume (Stefan Mayer) exzellent integriert. Durch den sparsamen, wirkungsvollen Einsatz von Videos (Thilo David Heins) werden Zugreisen, Landpartien oder Kirchenbesuche imaginiert. Gerber gelingt eine ungemein intensive Arbeit, es werden Kraftlinien zwischen den Protagonisten sowie ihre nicht immer offenbarten Wünsche, Hoffnungen und Traumata freigelegt.
Dmitry Golovnin singt die Kräfte zehrende Partie des Myschkin mit unangestrengtem, warmem Timbre, Ludmila Slepneva verleiht Nastassja schöne Töne zwischen Selbstbewusstsein und Zerbrechlichkeit. Hervorragend auch Anne-Theresa M¸ller als Aglaja sowie Lars M¸ller als Lebedjew. Steven Schescharegs Rogoschin hat schlicht Weltklasse. Tilman Michael sorgte für sehr gut einstudierte Chöre. Doch ohne den tatkräftigen Einsatz von Souffleur Günther Michelsen wäre ein Gutteil des Ensembles vermutlich verloren gewesen.
Schleierhaft bleibt, wie ein mittelgroßes Opernhaus solch ein Werk in dieser Qualität stemmen kann. In die Probenpläne und ins Disponentenbüro möchte man da wohl lieber nicht blicken. Am Pult des Mannheimer Orchesters stand Thomas Sanderling, der wirklich jedes Detail der Partitur formschön und klar zum Klingen brachte. Sanderling agiert mit Erfolg schon länger als Sachwalter des viel zu wenig gespielten Weinberg. Diese Aufführung nun krönt all seine Bemühungen.
Obwohl Weinberg ein enger Freund und Weggefährte von Dmitri Schostakowitsch war (und diesem seine letzte Oper widmete), besitzt seine Musik einen hohen Grad an Eigenständigkeit und findet für jede einzelne Szene und jeden Charakter ein adäquates Kolorit. Den zentralen Personen sind Leitmotive zugeordnet, die jedoch zum Teil versteckt oder miteinander verschränkt auftauchen. Der Orchestersatz ist dicht gewoben, auch bei exaltierten Blechfiguren herrscht erstaunliche Transparenz. Weitere Elemente sind ein oft sanft pulsierendes Streicherbett sowie das zum Tanz (Walzer) aufspielende Solo-Klavier.
Nach Tilman Knabes gewagter, aber gelungener "Fanciulla del West" und Achim Freyers formidablem Nibelungen-Ring hat Mannheim nun ein weiteres Ass im Ärmel und manch größeres Haus – zum Beispiel an Isar oder Alster – müsste eigentlich vor Neid erblassen.