Friedbert Meurer: US-Präsident Barack Obama will heute nach New York fliegen. Er kann jetzt triumphieren, wir haben es in der Presseschau gehört, und in New York will er sich treffen mit den Hinterbliebenen von Opfern des 11. September 2001. Gleichzeitig haben die USA gewarnt, Warnungen herausgegeben an alle Botschaften und Einrichtungen, es werden Racheakte des Netzwerks Al-Kaida befürchtet. Der Tod Osama bin Ladens ist weltweit mit Erleichterung aufgenommen worden, auch hier in Deutschland.
O-Ton Angela Merkel: Nun ist klar, dass dieser Kopf des Terrors keine weiteren Anschläge mehr in Auftrag geben kann, und das ist einfach und schlicht eine gute Nachricht.
O-Ton Christian Wulff: Ich halte die Ausschaltung von Osama bin Laden für einen unschätzbaren Erfolg.
O-Ton Hans-Peter Friedrich: Der Tod von Osama bin Laden zeigt, dass am Ende Freiheit und Gerechtigkeit siegen.
Meurer: Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin, Bundespräsident Christian Wulff, der zurzeit in Mexiko ist, und Bundesinnenminister Friedrich, der gestern in die USA nach Washington geflogen ist. – Ich begrüße am Telefon Gernot Erler, er ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, war in der Großen Koalition Staatsminister im Auswärtigen Amt. Guten Morgen, Herr Erler!
Gernot Erler: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Haben Sie sich gestern gefreut zu hören, Osama bin Laden ist tot?
Erler: Ich habe eher nachvollziehen können, was da in Amerika passiert ist, in dem Land, was am meisten getroffen und schockiert worden ist durch die Anschläge von bin Laden. Aber irgendeinen Triumph über die Tötung von Menschen habe ich persönlich nicht empfunden.
Meurer: Ein bisschen beschleicht ja manchen ein mulmiges Gefühl, von der rechtlichen Bewertung noch mal ganz abgesehen, wenn jemand gezielt liquidiert wird. War das für Sie eine gezielte Liquidation eines Topterroristen?
Erler: Das werden wir schlecht beurteilen können, wie dieser letzte Akt eigentlich stattgefunden hat. Es kann durchaus auch Kalkül gewesen sein, eher nicht einen Gefangenen zu machen. Auf der anderen Seite gehe ich davon aus, dass auch bin Laden auf keinen Fall in amerikanische Gefangenschaft kommen wollte. Insofern werden wir das wohl nie so ganz genau erfahren, was da passiert ist.
Meurer: Aber es spielt doch eine erhebliche Rolle, ob die Verhaftung zumindest versucht worden ist, oder spielt das für Sie keine Rolle?
Erler: Doch, es spielt eine Rolle, aber der Ausgang ist auf jeden Fall, glaube ich, für Amerika günstig, weil auf diese Weise es verhindert wird, dass womöglich Freipressungsversuche oder Ähnliches versucht werden, was ja möglich gewesen wäre bei einer Gefangennahme oder bei einer Gerichtsverhandlung, und es kann auch keine Kultstätte entstehen jetzt dadurch, dass diese Meeresbestattung stattgefunden hat.
Meurer: Findet das alles Ihre Zustimmung?
Erler: Ich habe eben gesagt, ich kann das nachvollziehen, was hier passiert ist und auch die Reaktionen in den Vereinigten Staaten. Man darf nie vergessen, mit wie vielen Opfern dieser Name Osama bin Laden verbunden ist, natürlich nicht nur in Amerika, aber dort eben bei diesem dramatischen Ausgang am 11. September 2001, vor fast zehn Jahren. Dass da die Menschen jubeln, das muss man nicht teilen, aber man wird es verstehen können.
Meurer: Prinzipiell könnte so etwas ja auch in Afghanistan von der Bundeswehr durchgeführt werden. Würden Sie prinzipiell sagen, auch die Bundeswehr oder Spezialkräfte dürfen so etwas tun, was die Amerikaner jetzt gemacht haben?
Erler: Das ist, wenn das im völkerrechtlichen Rahmen passiert und wenn damit zum Beispiel eine Geisel befreit wird, oder wenn damit ein geplanter Anschlag verhindert werden kann, durchaus im Rahmen dessen, was international politisch auch zulässig ist.
Meurer: Geiselbefreiung, das beschreibt den Umstand sozusagen der unmittelbaren Gefahr, die von jemandem ausgeht. Ging von Osama bin Laden in dieser Situation eine unmittelbare Gefahr aus, die seine Liquidierung oder den Angriff auf die Villa rechtfertigte?
Erler: Na ja, bei der enormen Bedeutung dieses Kopfes von Al-Kaida, bei seiner Autorität, geradezu dem Mythos, den er verkörpert hat, auch mit diesem Mythos der Nichtergreifbarkeit, was er ja über zehn Jahre erreicht hat, und der Rolle, die er bei der Planung und bei der Anleitung von Terrorakten gespielt hat, ist eine Maßnahme, ihn zu ergreifen, selbstverständlich gerechtfertigt.
Meurer: Glauben Sie, Herr Erler, dass die Tötung bin Ladens ein erheblicher Schlag gegen den internationalen Terrorismus darstellt und ihn schwächen wird?
Erler: Ohne Zweifel ist das der Fall. Das ist ein erheblicher Schlag, eben gerade wegen der Rolle, die ich eben genannt habe, wegen gerade der mythischen Rolle und dieser Verkörperung der Organisation, dieses internationalen Netzwerkes Al-Kaida, ist das natürlich eine Schwächung. Aber ich glaube, man sollte es nicht überbewerten. Es gibt auch andere parallele politische Prozesse, die vielleicht eine größere Rolle spielen. Ich persönlich glaube zum Beispiel, dass die arabische Erhebung, die Tatsache, dass sich mehrere arabische Länder in Nordafrika von ihren autoritären Strukturen und Präsidenten befreit haben, und das ohne die Unterstützung von Al-Kaida, diese Netzorganisation, die ja diese Ziele in der Vergangenheit ebenfalls versucht hat zu unterstützen, könnte sich mittelfristig als die größere Schwächung von Al-Kaida darstellen als der Tod eines einzelnen Führers.
Meurer: Gernot Erler, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk. Schönen Dank, Herr Erler, und auf Wiederhören.
O-Ton Angela Merkel: Nun ist klar, dass dieser Kopf des Terrors keine weiteren Anschläge mehr in Auftrag geben kann, und das ist einfach und schlicht eine gute Nachricht.
O-Ton Christian Wulff: Ich halte die Ausschaltung von Osama bin Laden für einen unschätzbaren Erfolg.
O-Ton Hans-Peter Friedrich: Der Tod von Osama bin Laden zeigt, dass am Ende Freiheit und Gerechtigkeit siegen.
Meurer: Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin, Bundespräsident Christian Wulff, der zurzeit in Mexiko ist, und Bundesinnenminister Friedrich, der gestern in die USA nach Washington geflogen ist. – Ich begrüße am Telefon Gernot Erler, er ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, war in der Großen Koalition Staatsminister im Auswärtigen Amt. Guten Morgen, Herr Erler!
Gernot Erler: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Haben Sie sich gestern gefreut zu hören, Osama bin Laden ist tot?
Erler: Ich habe eher nachvollziehen können, was da in Amerika passiert ist, in dem Land, was am meisten getroffen und schockiert worden ist durch die Anschläge von bin Laden. Aber irgendeinen Triumph über die Tötung von Menschen habe ich persönlich nicht empfunden.
Meurer: Ein bisschen beschleicht ja manchen ein mulmiges Gefühl, von der rechtlichen Bewertung noch mal ganz abgesehen, wenn jemand gezielt liquidiert wird. War das für Sie eine gezielte Liquidation eines Topterroristen?
Erler: Das werden wir schlecht beurteilen können, wie dieser letzte Akt eigentlich stattgefunden hat. Es kann durchaus auch Kalkül gewesen sein, eher nicht einen Gefangenen zu machen. Auf der anderen Seite gehe ich davon aus, dass auch bin Laden auf keinen Fall in amerikanische Gefangenschaft kommen wollte. Insofern werden wir das wohl nie so ganz genau erfahren, was da passiert ist.
Meurer: Aber es spielt doch eine erhebliche Rolle, ob die Verhaftung zumindest versucht worden ist, oder spielt das für Sie keine Rolle?
Erler: Doch, es spielt eine Rolle, aber der Ausgang ist auf jeden Fall, glaube ich, für Amerika günstig, weil auf diese Weise es verhindert wird, dass womöglich Freipressungsversuche oder Ähnliches versucht werden, was ja möglich gewesen wäre bei einer Gefangennahme oder bei einer Gerichtsverhandlung, und es kann auch keine Kultstätte entstehen jetzt dadurch, dass diese Meeresbestattung stattgefunden hat.
Meurer: Findet das alles Ihre Zustimmung?
Erler: Ich habe eben gesagt, ich kann das nachvollziehen, was hier passiert ist und auch die Reaktionen in den Vereinigten Staaten. Man darf nie vergessen, mit wie vielen Opfern dieser Name Osama bin Laden verbunden ist, natürlich nicht nur in Amerika, aber dort eben bei diesem dramatischen Ausgang am 11. September 2001, vor fast zehn Jahren. Dass da die Menschen jubeln, das muss man nicht teilen, aber man wird es verstehen können.
Meurer: Prinzipiell könnte so etwas ja auch in Afghanistan von der Bundeswehr durchgeführt werden. Würden Sie prinzipiell sagen, auch die Bundeswehr oder Spezialkräfte dürfen so etwas tun, was die Amerikaner jetzt gemacht haben?
Erler: Das ist, wenn das im völkerrechtlichen Rahmen passiert und wenn damit zum Beispiel eine Geisel befreit wird, oder wenn damit ein geplanter Anschlag verhindert werden kann, durchaus im Rahmen dessen, was international politisch auch zulässig ist.
Meurer: Geiselbefreiung, das beschreibt den Umstand sozusagen der unmittelbaren Gefahr, die von jemandem ausgeht. Ging von Osama bin Laden in dieser Situation eine unmittelbare Gefahr aus, die seine Liquidierung oder den Angriff auf die Villa rechtfertigte?
Erler: Na ja, bei der enormen Bedeutung dieses Kopfes von Al-Kaida, bei seiner Autorität, geradezu dem Mythos, den er verkörpert hat, auch mit diesem Mythos der Nichtergreifbarkeit, was er ja über zehn Jahre erreicht hat, und der Rolle, die er bei der Planung und bei der Anleitung von Terrorakten gespielt hat, ist eine Maßnahme, ihn zu ergreifen, selbstverständlich gerechtfertigt.
Meurer: Glauben Sie, Herr Erler, dass die Tötung bin Ladens ein erheblicher Schlag gegen den internationalen Terrorismus darstellt und ihn schwächen wird?
Erler: Ohne Zweifel ist das der Fall. Das ist ein erheblicher Schlag, eben gerade wegen der Rolle, die ich eben genannt habe, wegen gerade der mythischen Rolle und dieser Verkörperung der Organisation, dieses internationalen Netzwerkes Al-Kaida, ist das natürlich eine Schwächung. Aber ich glaube, man sollte es nicht überbewerten. Es gibt auch andere parallele politische Prozesse, die vielleicht eine größere Rolle spielen. Ich persönlich glaube zum Beispiel, dass die arabische Erhebung, die Tatsache, dass sich mehrere arabische Länder in Nordafrika von ihren autoritären Strukturen und Präsidenten befreit haben, und das ohne die Unterstützung von Al-Kaida, diese Netzorganisation, die ja diese Ziele in der Vergangenheit ebenfalls versucht hat zu unterstützen, könnte sich mittelfristig als die größere Schwächung von Al-Kaida darstellen als der Tod eines einzelnen Führers.
Meurer: Gernot Erler, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk. Schönen Dank, Herr Erler, und auf Wiederhören.